Tonnenschwer und endlos, Träger von Sesseln und kabinen, unverzichtbarer Bestandteil unseres Skivergnügens – all das sind die Stahlseile in Seilbahnen. Wie aber wird aus den Seilen mit zwei Enden ein Ring und wie kommen diese Schwergewichte in die Umlaufbahn?

Klaus Molidor
Klaus Molidor

Ohne Seilbahn kein wiederholtes Abfahrtsvergnügen beim Skifahren. Aber wie kommt denn eigentlich das schwere Seil hoch auf die Stützen und von Tal- zu Bergstation, dazu noch in einer Endlosversion? Bei Stützen, die bis zu 100 Meter hoch sind? Einfach einfädeln geht ja nicht, bei einem Gewicht von schon einmal 60 Tonnen. „Darum wird erst ein dünnes Seil aus Stahl oder Kunstfaser in die Stützen eingezogen“, erklärt Rudolf Beha, Projektleiter beim Seilbahnhersteller Leitner ropeways aus Südtirol. Am Ende dieses Seils hängt dann ein dickeres, das anschließend eingezogen wird. Vorseile nennt man diese, und bis zu vier immer dicker werdende Vorseile braucht es, bis dann das endgültige Seilbahnseil eingezogen wird. Das erste Vorseil wird noch mit dem Hubschrauber von Stütze zu Stütze weitergezogen. „Danach wird das Seil für einen Helikopter zu schwer und es kommen Winden zum Einsatz“, erklärt Beha.

Immer muss dabei darauf geachtet werden, dass die Seile nicht auf der Erde liegen. Darum werden auf dem Boden Rollen aufgelegt, auf denen das Seil gelagert wird. In größerer Höhe lässt man das Seil dann zwischen den Stützen frei durchhängen. „Der Kontakt mit der Erde sollte komplett vermieden werden“, sagt Beha. „Das Seil ist leicht eingefettet und würde so sofort Sand aufnehmen, was dann zu Reibung führen würde.“ Im unwegsamen Gelände ist auch das Aufstellen der Winden ein Problem. Dafür gibt es zwei Lösungen. Die eine ist der Hubschrauber. „Dafür müssten die Winden aber zerlegt und an Ort und Stelle wieder aufgebaut werden, weil der Hubschrauber nicht viel tragen kann“, erklärt Experte Beha. Eher greift man zu der zweiten Variante, die da lautet: Materialseilbahn. Auch sehr aufwendig, aber dafür kann die Bahn größere Lasten transportieren. 

WIE KOMMT DAS SEIL IN DIE BAHN?

Der Seilzug auf das Matterhorn hat 6 Monate gedauert.

Robert Rainer, zuständig für die Baustelle bei Leitner ropeways

Für die Bauteile der Stützen werden bei großen Bahnen wie der Eisgratbahn am Stubaier Gletscher eigene Transportwege angelegt, die danach teilweise wieder zurückgebaut werden. Oft wird auch der Weg des Seils zum Berg zum Problem. Wie bei der spektakulären 3S-Bahn auf das Klein Matterhorn, die 2018 eröffnet wurde. Weil in Zermatt keine Autos fahren dürfen, sind die Tieflader auf die Rückseite des Berges gefahren. Von dort wurde das Seil nach oben gezogen – immer mit Unterlagen, damit es keinen Bodenkontakt hat. „Erst am Gletscher ging das dann besser, da konnte es am Boden liegen“, erinnert sich Beha. Oben bei der Bergstation wurde es dann wieder auf die große Seiltrommel gewickelt, damit man Spannung aufbauen kann zum ­Einziehen, und erst dann konnte der eigentliche Prozess beginnen. „Bei dieser Bahn hat der Seilzug insgesamt sechs Monate gedauert“, sagt Robert Rainer, der bei Leitner ropeways für die Baustellen zuständig ist. Das ist die Ausnahme. Am Stubaier Gletscher hat es drei Monate gedauert. Bei einer kleineren Einseilumlaufbahn, wie zum Beispiel heuer der Planaibahn in Schladming, ist das in zwei Wochen erledigt.  

Aber wie werden die Enden jetzt verbunden, damit das neue Seil im Umlaufbetrieb verwendet werden kann und auch die Last und den Zug sicher aushält und nicht wieder auseinanderreißt? Bei Litzenseilen geschieht dies mittels Seilspleiß. Litzenseile sind jene Seile, bei denen aus vielen Drähten sechs „Adern“ gedreht werden, die dann über einer Kunststoffeinlage, der sogenannten „Seele“, verdrillt werden. Bei Schlepp- und Sesselliften sowie Einseilumlaufbahnen kommen solche Seile zum Einsatz. Beim Spleiß werden dann – sehr vereinfacht gesagt – die Seilenden nebeneinandergelegt. Anschließend werden auf jeder Seite die Adern abgeschnitten und gegengleich wieder eingeflochten. „Dadurch ist jede der sechs Litzen einmal für ein Stück die Seele des Seils. Durch die Reibung der Litzen aneinander hält das dann.“ Die Spleißknoten erkennt der Laie an Vertiefungen im Seil und ­daran, dass es an diesen Stellen bis zu 10 Prozent dicker ist als sonst. 10 bis 14 Mann arbeiten rund zwei Tage am Spleiß. „Denn bei einem Seil mit 55 Millimeter Durchmesser beträgt die Spleißlänge 65 Meter“, erklärt Robert Rainer den Aufwand.

Zur Sicherheit wird der Spleiß monatlich optisch überprüft. „Mindestens alle drei Jahre gibt es eine magnetische Kontrolle, bei der festgestellt werden kann, ob es Drahtbrüche gibt“, erklärt Beha. Generell gilt: je länger die Bahn und damit das Seil, desto länger hält es aus. „Weil es nicht so oft über die Seilscheibe in den Stationen läuft“, sagt Beha. „Dort wird es gebogen und stark belastet. Bei einer langen Bahn läuft dieselbe Stelle alle neun, zehn Minuten über die Scheibe. Bei einem kurzen Sessellift vielleicht schon alle zwei Minuten.“ In Wintersportgebieten, in denen die Bahn ja deutlich weniger läuft als in urbanen Gebieten, halten die Seile aber schon zwischen zehn und 15 Jahren. „Dann müssen sie getauscht werden.“ Da haben die Zugseile in Eisgrat- und Matterhornbahn noch Zeit, bis sie ersetzt werden. Rudolf Beha und Robert Rainer haben die Zeit nicht. Das nächste Großprojekt wartet. Auf das kleine Matterhorn wird jetzt auch von Italien aus eine Bahn gebaut. „Und wir haben ja nicht drei Jahre Zeit für so ein Projekt“, sagt Rainer.