Gütesiegel schaffen Transparenz in Hinblick auf die Produktion von Outdoor-Bekleidung. Doch was genau garantieren sie, welche Kriterien sind welchen Gütesiegeln zuzuordnen? Und wie gehen Outdoor-Hersteller damit um? Wir haben uns umgehört.

Nicole Hofstetter
Nicole Hofstetter

Immer wieder tauchen sie auf: diese kleinen Zettelchen neben dem Preisschild mit Beschriftungen wie Grüner Knopf, Fair Wear Foundation oder bluesign®. Ihr Zweck ist keineswegs, für Verwirrung zu sorgen, sondern vielmehr für Aufklärung. Sie wollen informieren, unter welchen Bedingungen das Produkt, das du in den Händen hältst, hergestellt wurde oder die Marke in ihrer Gesamtheit produziert. Es sind Gütesiegel oder sogenannte Labels, die auf bestimmte nachhaltige Kriterien hinweisen, die dein neues Outdoor-Kleidungsstück erfüllt. Sie decken die unterschiedlichsten Themen ab: Diese reichen von der sozialen Verantwortung über Klimaschutz, Chemikalien und Tierwohl bis hin zum Umweltschutz.

Ständiger Prozess
Ein externes Gütesiegel für eine Produktlinie oder die gesamte Marke zu erhalten ist gar nicht so einfach. Oft steht ein enormer Aufwand dahinter, um die diversen Anforderungskataloge zu erfüllen. Ludwig Moz, Marketing Manager von Sportbekleidungs-Hersteller Martini Sportswear kennt den Prozess: „Erst einmal muss man sich für gewisse Siegel entscheiden, da es mittlerweile eine sehr große Anzahl davon gibt. Je nachdem für welchen Bereich ein Siegel beantragt wird, gibt es ein Interview und die Daten des Unternehmens werden aktualisiert. Manche Anbieter nehmen es sehr genau und gewissenhaft, bei anderen reichen auch Schätzwerte. Auf jeden Fall werden alle Bestandteile eines Produkts auf Herkunft, Produzenten, Inhaltsstoffe, Schadstoffe etc. geprüft. Das findet je nach Dienstleister in eigenen Laboren statt. Zum Schluss wird das Siegel gewährt – oder auch nicht.“

Doch auch nach der Gewährung ist noch kein Ende in Sicht. „Als Marke muss man diese Anforderungen meist erarbeiten und Einsatz zeigen – da es in der Nachhaltigkeit kein einmaliges Umstellen ist, sondern ein andauernder Prozess“, weiß Lisa Pfeiffer, CSR-Manager Communications bei Ortovox. Bei vielen Siegeln wie der Fair Wear Foundation wird immer wieder überprüft, ob die Anforderungen noch erfüllt werden.

Eigeninitiative
Dass die Bestätigung der unternehmerischen ethischen Standards durch ein Gütesiegel dennoch jede Mühe wert ist, um Menschen bei einer gewissenhaften Kaufentscheidung zu unterstützen, bestätigt Outdoor-Bekleidungs-Produzent Vaude, der sich schon seit 2009, als das Bewusstsein für ökologische und soziale Aspekte von Bekleidung gerade erst im Entstehen war, intensiv damit auseinandersetzt. Da es zu dieser Zeit noch kein passendes Label gab, das auf Vaudes gesamte Produktpalette anwendbar war sowie international funktionierte, wurde ein eigenes kreiert: Vaude Green Shape. Dabei wird auf nachhaltiges Design, umweltfreundliche Materialien, verantwortungsvolle Produktion, langen Gebrauch, Recycling und Reparaturfähigkeit geachtet, so die Auskunft von Vaude. Dass dieses Brand-Owned-Label hohe Standards erfüllt, beweist die kürzlich erfolgreich bestandene Re-Zertifizierung durch das staatliche Siegel „Grüner Knopf“, das 2019 eingeführt wurde. „Wir freuen uns, dass wir von Anfang an dabei waren und bereits zum Start mit 90 Prozent der Vaude-Bekleidung die strengen Kriterien erfüllt haben“, teilt Vaude Geschäftsführerin Antje von Dewitz dazu mit. Uwe Gottschalk, Vaude-Geschäftsleiter Produkte, erklärt: „Jedes neue Vaude-Green-­Shape-Produkt besteht seit der Sommerkollektion 2022 zu über 50 % aus recycelten oder biobasierten Materialien. Damit sparen wir klimaschädliche Emissionen ein und unterstützen die Entwicklung einer echten Kreislaufwirtschaft.“
 

Auch bei Ortovox finden sich zusätzlich zum „Fair Wear Foundation“-Siegel und zum „Klimaneutral by Climate Partner“-Label interne Gütesiegel wie „OWP“ (Ortovox Wool Promise für faire Wolle), „PFC-frei“, „Made in Europe“ oder „Recyceltes Polyamid/Recyceltes Polyester“, um über Bemühungen zur nachhaltigen Produktion informiert zu werden. Um den Unterschied zu unabhängigen Labeln wettzumachen, ist laut Pfeiffer jedoch eines wichtig: „Hier muss der Konsument der Brand vertrauen, dass sie ihre selbst gesetzten Kriterien erfüllt und die Kriterien auch den Ansprüchen gerecht werden. Diese Transparenz wird bei uns über ein Reporting sichergestellt.“

Wo Gütesiegel fehlen
Dass die Einführung von Brand-Owned-Label durchaus Sinn macht, da viele Bereiche nicht durch unabhängige Gütesiegel gedeckt sind, bestätigt Ludwig Moz mit Bemühungen von Martini Sportwear: „Was in Sachen Nachhaltigkeit wichtig ist, wofür es aber keine Siegel gibt, ist etwa der Verzicht auf PFC. Weiters sind die Lieferwege entscheidend. Es macht einen Unterschied, ob die Produkte aus Asien oder Europa geliefert werden. Wenn das Produkt fertig produziert ist, ist auch die Verpackung ein Faktor. Hierzu verwenden wir mittlerweile recycelte und recycelbare Plastikverpackungen und Hangtags.“

Auch die Langlebigkeit des Produkts spielt eine zentrale Rolle, erinnert Ortovox-Expertin Lisa Pfeiffer. „Mit unserem „protACT ACADEMY LAB“ informieren wir zum Beispiel über reflektierten Konsum und geben Tipps und Tricks rund um Pflege und Reparatur. ­Zusätzlich möchten wir mit dem Ortovox-­2nd-Life-Shop reparierten Artikeln und B-Ware eine neue Chance geben. Unser Ziel ist es, eine Verhaltensänderung anzuregen: Nicht alles muss immer neu angeschafft werden.“ 

Gütesiegel-Guide

Fair Wear Foundation (FWF)

FairWear

Die Fair Wear Foundation konzentriert sich auf den europäischen Markt und zählt vor allem Bekleidungs-­Marken, die im Bereich Nachhaltigkeit führend sind, zu ihren Mitgliedern. Der Fokus der gemeinnützigen Organisation liegt auf der Einhaltung von fairen Arbeitsbedingungen.
www.fairwear.org

Grüner Knopf

Logo Grüner Knopf

Der Grüne Knopf ist ein staatliches Siegel der Bundesrepublik Deutschland für nachhaltige Textilien. Es legt besonderen Wert darauf, dass Unternehmen die Verantwortung für ihr Handeln hinsichtlich Mensch und Umwelt in der gesamten Lieferkette übernehmen – oft kein einfaches Unterfangen, da diese weit verzweigt sein kann.
gruener-knopf.de

OEKO-TEX® Made in Green

Oeko Tex

Das Label ist an Textilien und Lederartikeln zu finden, die in umweltfreundlichen und sozialverträglichen Betrieben hergestellt wurden. Zusätzlich wird garantiert, dass das Produkt gesundheitlich unbedenklich ist. Mittels QR-Code oder Produkt-ID ist volle Transparenz bezüglich Produktionsstätten gegeben.
oeko-tex.com

Klimaneutral by Climate Partner

Logo ClimatePartner

Die ClimatePartner-Zertifizierung bestätigt, dass Unternehmen fünf Schritte zur Reduzierung ihres CO2-Abdrucks unternommen haben: Carbon-Footprints berechnen, Reduktionsziele setzen, Reduktionen umsetzen, Klimaschutzprojekte finanzieren und transparent kommunizieren. Klimaneutral bedeutet nicht, ohne Emissionen zu produzieren, sondern diese zu kompensieren.
climatepartner.com

bluesign®

bluesign Logo

Das Schweizer bluesign®-Gütesiegel erhalten Textilien, die möglichst schadstoffarm produziert wurden. Dazu werden Richtlinien für den Gebrauch von Chemikalien festgelegt und deren Einhaltung überprüft. Fünf Prinzipien werden mit einbezogen: Immissionsschutz, Gewässerschutz, Umgang mit Energie und Rohstoffen, Verbraucherschutz und Arbeitssicherheit.
bluesign.com

Global Organic Textile Standard (GOTS)

GOTS Logo

Der Global Organic Textile Standard ist ein weltweiter Standard, der Textilien zertifiziert, die aus mindestens 70 % („made with organic materials“) oder 95 % („organic“) biologisch erzeugten Naturfasern bestehen. Außerdem müssen einige ökologische und soziale Kriterien erfüllt werden.
global-standard.org

Global Recycling Standard (GRS)

GRS Logo

Der GRS ist ein internationaler Produktstandard, der Anforderungen an die unabhängige Zertifizierung von Recyclingmaterialien sowie einen Mindestanteil von 50 % an recyceltem Material festlegt. Ebenfalls sind soziale und ökologische Bestimmungen in Bezug auf den Einsatz von Chemikalien zu beachten.
textileexchange.org

Responsible Down Standard (RDS)

RDS Logo

Der Responsible Down Standard setzt sich für das Tierwohl von Enten und Gänsen ein, deren Daunen für Textilien verwendet werden. Dazu müssen die fünf Freiheiten der Tiere – Freiheit von Hunger, Unbehagen, Schmerz, Angst und die Freiheit artgerecht zu leben – eingehalten werden. Zudem verbietet er, die Tiere lebend zu rupfen sowie Zwangsernährung.
textileexchange.org

Responsible Wool Standard (RWS)

RWS Logo

Der Responsible Wool Standard garantiert das Wohlergehen von Schafen. Auch hier müssen die fünf Freiheiten der Tiere gegeben sein. Zusätzlich muss der Betrieb, der die Schafe beherbergt, für ausreichend Bodengesundheit, Biodiversität und faire Arbeitsbedingungen sorgen. 
textileexchange.org