Jeder braucht ihn am Berg, keiner will ihn spüren – den Rucksack. Höchste Zeit, einmal umfassend zu erklären, was die Hightech-Rucksäcke von heute ausmacht und wie du den richtigen Partner für deine Bergtour findest.

Von Klaus Molidor


Jausenweckerl, Trinkflasche, Haube, Regenschutz: Unverzichtbare Dinge für jede Bergtour. Genauso wie Wechselkleidung, Pflaster, Handy, Fotoapparat. Für all das braucht es einen Partner. Einen der zuverlässig ist und nichts durcheinanderbringt – kurz: einen Rucksack. Auch wenn Retro im Trend liegt und die Nostalgiemodelle wieder kommen: Der moderne Wander- und Bergtourenrucksack ist ein Hightech-Produkt. Er besteht aus – je nach Einsatzbereich – 200 bis 300 Einzelteilen. und es gibt ihn für nahezu alle Bedürfnisse, von der Wanderrunde bis zur Hochtour fein auf die jeweiligen Einsatzbereiche abgestimmt.

MIT ODER OHNE NETZ
Vorbei ist die Zeit, in der eingepackte harte Gegenstände den Rücken malträtiert haben, vorbei ist auch das Chaos im Stauraum. Die aktuellen Rucksäcke sind stabil, bieten jede Menge Platz und können ganz individuell an den Rücken ihres Trägers angepasst werden.

Aber vor der Wahl des richtigen Modells gilt es trotzdem eine Glaubensfrage zu beantworten: Rückenteil mit Netz oder ohne Netz. Daran scheiden sich die Geister. Bei den Netzmodellen liegt nur ein luftiges Netz am Rücken auf, während der Packsack gewölbt dahinter in ein paar Zentimetern Abstand folgt. Der Vorteil: Zwischen Rücken und Rucksack kann die Luft zirkulieren, der Träger schwitzt deutlich weniger, verliert also weniger Flüssigkeit und büßt damit auch nicht so schnell an Leistung ein. Der Nachteil: Der Rucksack lässt sich durch die Wölbung nicht so exakt packen und liegt deutlich weniger stabil am Rücken an. Um einen Rucksack so wenig wie möglich zu spüren, sollte das Gewicht möglichst nah beim Körperschwerpunkt liegen. Ein Rückennetz steht aber genau diesem Effekt entgegen.

Eine kleine Entscheidungshilfe gibt es allerdings schon: Wer hauptsächlich wandert und nicht im alpinen oder hochalpinen Bereich unterwegs ist, der ist mit einem Netzrücken gut bedient. Wer längere Touren geht und auf Trittsicherheit und Bewegungsfreiheit achten muss, der sollte dagegen ein Modell wählen, das mit einem Polster eng am Rücken anliegt. Outdoor-Spezialist Ortovox verzichtet in seiner Modellpalette überhaupt gänzlich auf Rucksäcke mit Netzrücken. „Weil wir das Gewicht möglichst nah am Körper tragen wollen. Das trägt wesentlich zum Tragekomfort bei", erklärt Markus Kacner, Rucksack-Produktmanager von Ortovox.

Markus Kacner / Bild: Ortovox

Der Experte
MARKUS KACNER ist Junior-Produktmanager Backpacks beim Bergsport-Spezialisten Ortovox.

Kontakt: www.ortovox.com


INTENSIVE TESTPHASE
Bevor ein Rucksack aber überhaupt auf den Markt kommt, testen Athleten, Profibergführer und Mitarbeiter einen Prototyp auf Herz und Nieren. „Da werden dann Details optimiert, bis der Rucksack in Serienreife gehen kann", sagt Kacner. Ein großes Thema in der Entwicklung ist zurzeit das Gewicht. „Die Herausforderung dabei ist es, die Balance zwischen Leichtigkeit und Robustheit zu finden." Stabilität hat bei Ortovox im Zweifelsfall Vorrang.

Auch wenn es keine Netzrücken gibt, ist das Klima am Rücken natürlich ein Thema. „So kombinieren wir beispielsweise Wolle mit einem technischen Schaum im Tragesystem unseres Hochtourenrucksacks Peak, was eine deutliche Verbesserung des Klimakomforts bringt", erklärt Kacner. Und nachhaltig ist es obendrein. Bei den Schultergurten wird ebenfalls auf die „Klimatisierung" geachtet. „Die werden mit einem 3D-Gewebe ausgestattet, das für Belüftung sorgt", weiß Kacner. Bei einzelnen Modellen werden zusätzlich auch gelochte Schäume eingesetzt, um die Belüftung noch zu verstärken.

Die Klimafrage wäre also geklärt. Bei der Ausstattung ist eine Regenhülle schon Standard, auch eine Vielzahl von Fächern und Reißverschlüssen, die einen Zugriff auf den Inhalt nicht bloß klassisch von oben, sondern auch von unten oder den Seiten ermöglichen. Zu viele Fächer und Verschlüsse treiben aber andererseits das Gewicht wieder in die Höhe. Bei einem großen Rucksack kann der Unterschied da bis zu einem halben Kilogramm betragen. Die Mehrheit der Bergsportler wird mit einem Hauptfach sowie Seitentaschen und einem Deckelfach für Kleinkram wie Geldbörserl, Schlüssel und Handy das Auslangen finden.

VERSCHIEDENE RÜCKENLÄNGEN
Sinnvoller ist es da, auf eine möglichst individuelle Anpassbarkeit des Tragesystems zu achten. Ortovox hat bei allen Modellen einen höhenverstellbaren Brustgurt, um einen optimalen Sitz zu gewährleisten. Der Hüftgurt ist bei Modellen für den Klettereinsatz abnehmbar, damit der Rucksack auch mit Klettergurt noch gut sitzt. Den Hüftgurt sollte man generell keinesfalls unterschätzen. Schließlich soll die Hauptlast auf den Hüfte liegen und nicht auf den Schultern. Nur dann macht Wandern und Bergsteigen auch richtig Spaß – weil eben die Last am Rücken weniger zu spüren ist.

Ebenfalls entscheidend für den Komfort ist die Rückenlänge und der Schnitt der Träger. Ortovox bietet von fast allen Rucksäcken S-Modelle an, die einen kürzeren Rücken haben und damit für Damen und kleinere Herren besser geeignet sind. „Außerdem haben die Schulterträger der S-Modelle eine stärker ausgeprägte S-Form, um sich optimal an die weibliche Anatomie anzupassen", sagt Kacner. „Auch der Hüftgurt ist kürzer und im Winkel etwas weiter aufgestellt, um auf der Damenhüfte den optimalen Sitz zu finden."

SO PACKST DU DEN RUCKSACK RICHTIG
  • Der Schwerpunkt des Rucksacks sollte dicht am Körper liegen. Im leichten Gelände packt man den Lastenschwerpunkt höher, im schwierigen Gelände etwas tiefer.
  • Leichte Gepäckteile wie Daunenjacken oder ein Schlafsack kommen ins Bodenfach.
  • Mittelschweres wie Ersatzkleidung kommt nach oben außen.
  • Alle schweren Sachen kommen nach oben in Schulterhöhe, möglichst nahe an den Rücken.
  • Kleinzeug wie Schlüssel, Handy, Geld oder Wanderkarten werden im Deckelfach verstaut. Dort sind sie schnell greifbar.
  • Die Trinkflasche kommt wie Energieriegel oder Handschuhe in die seitlichen Fächer.



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