Skitour? Auf jeden Fall! Wo, wie, wann, wie lange und mit wem? Da ist es doch schön, flexibel zu sein, sich den Gegebenheiten der Natur hinzugeben.

Lukas Schnitzer
Lukas Schnitzer

Mal stapft man frühmorgens los. Die Felle greifen, der Atem dampft in der schneidend kalten Luft, die Spur schlängelt sich stetig durch den Wald nach oben. Später öffnet sich das Gelände, der Blick fällt auf weite Hänge – dort in glitzernden Neuschnee gehüllt, da hartgepresst vom Wind. Am Gipfel gibt es keine Bergstation, kein Gedränge, nur Stille – und die Vorfreude auf die Schwünge ins Tal. Ein paar Wochen später zeigt die gleiche Tour dann ein ganz anderes Gesicht. Ein hartes Firnband führt zum Gipfel, die schneidende Kälte der Nacht weicht bald den wärmenden Sonnenstrahlen und der Schnee wird griffig. Wer früh genug aufgebrochen ist, erwischt die perfekte Abfahrt: traumhaft schmieriger Frühjahrsfirn, der jeden Schwung trägt und das Gelände fast spielerisch wirken lässt. Zwei Szenen, die unterschiedlicher kaum sein könnten – und doch das Spektrum abbilden, dem sich Tourengeher immer wieder stellen.
 

Genau hier kommen Skitouren-Allrounder ins Spiel. Denn die Bedingungen wechseln, nicht selten sogar während einer einzigen Abfahrt. Pulver, Firn, zerfahrene Pistenreste – wer alles mitnehmen möchte, braucht Ausrüstung, die vieles kann, ohne sich auf eine einzige Disziplin zu spezialisieren. Keine ultraleichten Renngeräte, keine überbreiten Tiefschneefreaks. Im Charakter vielseitig, nicht extrem.

Die typische Zielgruppe? Sportler, die ihre Ausrüstung nicht nach dem Wetterbericht wechseln möchten. Wer Feierabende – oder den frühen Morgen, Gleitzeit sei Dank – auf kurzen Skirunden verbringt, am Wochenende mal zu klassischen Gipfeltouren, mal zu familiären Hüttentouren aufbricht und sich bei Pulverschnee gern in unverspurtes Gelände wagt, findet hier den passenden Begleiter. Für reine Spezialisten – sei es im Wettkampf oder im Powder – gibt es anderes Material. Aber wer mit einem Ausrüstungspaket möglichst viele Touren abdecken möchte, landet unweigerlich bei den Allroundern.

Die passende Ausrüstung
Den Gedanken der maximalen Vielseitigkeit greift Lucas Landauer von Scott auch in seiner Klassifizierung des idealen Skis für Allrounder auf: „Ein Allround-Tourenski muss leicht genug für lange Anstiege sein, aber gleichzeitig Stabilität und Fahrspaß in der Abfahrt bieten.“ Als „ideal“ erachtet er Skibreiten von 88 bis 95 mm, beim Gewicht empfiehlt Landauer, sich im Bereich von 1200 bis 1400 Gramm zu orientieren. Scott sticht hier mit seinen neuen Explorair-Modellen für Tourengeher, die eine vielseitige Lösung für Feierabendrunden und alpine Touren suchen, genau in jene Ecke. Leichtere, Fehler ­verzeihende Ski wie der Explorair 88 eignen sich eher (auch) für Einsteiger. Fortgeschrittene, so Landauer, finden in den Modellen mit 92 oder 95 mm Mittelbreite mehr Stabilität bei Tempo. Wichtig: Allround-Ski sollten geringes Gewicht mit zuverlässiger Abfahrtsperformance verbinden; moderne Rocker-Geometrien machen viele Modelle besonders einfach zu fahren.

Wie beim Ski gilt es auch beim Schuh, die Balance aus Komfort im Aufstieg und Präzision in der Abfahrt zu halten.

Wie beim Schi gilt auch beim Schuh, die Balance aus Komfort im Aufstieg und Präzision in der Abfahrt zu halten. Hier sollte man auf ausreichend Schaftrotation und somit Bewegungsfreiheit im Aufstieg achten. Eine, wie es Landauer ausdrückt, „progressive“ Schale überzeugt schließlich auch in der Abfahrt. Ein anpassbarer Innenschuh sorgt für Komfort, geringes Gewicht hält die Beine frisch für die Abfahrt und ein einfach zu bedienender Walk/Ski-Mechanismus erleichtert den Tourenalltag (etwa mit kalten Fingern). Wem das Thema Gewicht sehr am Herzen liegt, der kann sich beim Schuh auch als „Allrounder“ hin zur aufstiegsorientierten Kategorie orientieren, Freetouring-Schuhe bieten hingegen noch größere Abfahrtsreserven. Unsere Empfehlung für Ein- und Aufsteiger: lieber etwas mehr Gewicht zugunsten höherer Abfahrtsperformance in Kauf nehmen. Das rückt die Schuhe und somit das Fahrgefühl etwas näher ans (vielleicht) vertraute Alpinski-Material.

Ski, Schuh – fehlt noch die passende Bindung. „Hier zählen für Touren-Allrounder einfache Bedienung, hoher Komfort bei den Steighilfen, starke Performance und zuverlässige Sicherheit in der Abfahrt ohne ungewollte Auslösungen“, weiß Simon Weiler vom Schweizer Bindungs-Urgestein Fritschi. Weiler empfiehlt, auf Features wie einen Längenausgleich von mindestens 8 mm sowie einfach bedienbare Steighilfen und eine individuell einstellbare (wenn möglich wie bei Fritschi nach DIN-Wert überprüfbare) Seitwärts- und Frontalauslösung zu achten. Die Frage nach klassischer Tech-Bindung mit Zapfen oder Hybrid-Konstruktionen mit Alpin-Hinterbacken beantwortet der Schweizer mit einer Gegenfrage: „Liegt der Fokus auf Aufstieg oder Abfahrt?“ Klassische Tech-Bindungen, so seine Perspektive, punkten mit ihrem Gewicht im Aufstieg. Hybrid-Konzepte reichen vom Fahrgefühl in der Abfahrt oft näher an jenes von Alpinbindungen heran und geben mehr Halt und Dämpfung, was bei wechselhaften Bedingungen Sicherheit und Kontrolle bringt.