Schnee ist nicht gleich Schnee. Aber was genau unterscheidet die Spielarten der weißen Flocken, was macht Bruchharsch, Triebschnee und Firn aus und wie fühlt sich das an? 

Schnee
Stephan Skrobar

Ah, snow! To thee an ode we owe! Thy glisten makes sparkles where dirt used to show!
So spricht niemand Geringerer als Donald Duck, und recht hat sie, die berühmteste Ente der Welt. Schnee macht die Natur schöner, entschleunigt sie und legt eine Decke der Ruhe in die Landschaft. Diese ästhetische Komponente der häufigsten Form des festen Niederschlags ist eine Leistung, die man durchaus würdigen sollte. Doch Schnee ist nicht nur bei makro-, sondern auch bei mikroskopischer Betrachtung ein faszinierendes Element. Schneekristalle halten verbissen an einer starren hexagonalen Form fest, komme was wolle, zeigen aber innerhalb dieser Norm eine verspielte Vielfältigkeit und Individualität. Die Kristalle sind nicht hundertprozentig symmetrisch und der bekannte Spruch, dass keine Schneeflocke einer anderen gleicht, stimmt statistisch betrachtet auch: Es gibt mehr mögliche Schneekristallformen als Atome im Universum. Jetzt aber zum praktischen Teil. Welche Schneearten gibt es in unserem etwas kleineren Skiuniversum? 

Neuschnee
Neuschnee ist frisch gefallener Schnee und kann vielerlei Qualitäten aufweisen. Die Kristalle sind zunächst noch fein verzweigt, allerdings dann wichtigen Einflüssen ausgesetzt, die die Struktur verändern. Diese Einflüsse sind zum Beispiel Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Wind. Wie lässig Neuschnee generell zu fahren ist, hängt zu stark von diesen Einflüssen ab, um eine allgemeingültige Spaßbewertung abzugeben. Wenn Neuschnee allerdings von zu starkem Wind- und Feuchtigkeitseinfluss verschont bleibt, so bleibt der Schnee trocken, wenig dicht und bringt als Pulverschnee ein Fahrspaßmaximum von 10/10.
 

Triebschnee
Pfeift während des Schneefalls der Wind, so wird die sechseckige Form der Schneekristalle noch in der Luft zerstört und der Schnee verliert seine Fluffigkeit. Zu liegen kommen die geknickten Kristalle als Triebschnee – eine spröde und wenig flexible Schneeschicht. Triebschnee wird in der Neigungsgruppe der Lawinenexperten gerne als der Gottseibeiuns der Schneeformen bezeichnet – übrigens eine durchaus passende Einschätzung. Triebschnee ist meistens die wichtigste Zutat von Schneebrettlawinen, aber auch großartig zu fahren, da Triebschnee federnden Rebound bietet. Also Gefährlichkeit bis zu 9/10, Fahrspaß ebenfalls bis zu 9/10. Lawinenkundliches Einschätzungsvermögen ist hier Voraussetzung.

Bruchharsch
Pfeift der Wind über die bereits ruhende Schneedecke, formt die Natur den Angstgegner aller Wintersportenthusiasten: den Bruchharsch. Ein knackiger, fester Deckel, der auf einer lockeren Schneeschicht liegt. Die harte Oberfläche ist entweder von Wind gepresst oder eine wiedergefrorene Schmelzschicht. Der Fahrspaß hängt hier stark vom Können ab, pendelt sich aber bei durchschnittlich 3/10 ein.

Nasser Schnee
Bei plötzlichem Temperaturanstieg wird aus flockigem Neuschnee schnell präpotenter Pappschnee. Für eine gemeinsame Schneemannbauerei der ideale Schnee, für entspanntes Freeriden weniger: Die Adhäsionskräfte bewirken, dass Ski und Snowboard am Schnee ‚picken‘. Wird auch als Haxenbrecherschnee bezeichnet. Fahrspaß 2/10. Erwärmt sich die Schneedecke etwas langsamer, haben wir es irgendwann mit nassem Sulzschnee zu tun. Der Schnee ist zwar ebenfalls schwer, allerdings gleiten die Wintersportgeräte viel besser und bringen vor allem im Frühjahr viel Spaß im verspurten Gelände. Vor allem die beliebten ‚Spritzbuckel‘ zaubern guten Skifahrerinnen und Skifahrern ein Lächeln ins Gesicht. Fahrspaß 7/10.

Firn
Über Firn wird nicht geredet, sondern geschwärmt. Durchfeuchtet und friert eine Schneedecke mehrmals – per definitionem eigentlich über mehrere Jahre – so wird die großkristalline Schneedeckenoberfläche zum Spielplatz für genussvolles Fahren. Die Oberfläche wird von der Sonne geweckt und angetaut und in dieser relativ kurzen Zeitspanne bevor auch die darunterliegenden Schichten nass und schwer werden, erkennt man die Schönheit des Frühjahrsskilaufes in seiner ganzen Pracht. Fahrspaß, wenn man den idealen Zeitpunkt erwischt: 10/10.

Und sonst?
Abschließend haben auch ein paar Schneeformen Erwähnung verdient, die entweder selten vorkommen, unfahrbar sind oder nicht natürlich entstehen. Letzteres ist natürlich der technische Schnee („Kunstschnee“). Die Natur liefert uns den poetisch benannten Faulschnee, ein Gemisch aus Wasser und Altschneebrocken, das innerhalb der Schneedecke keine Verbindung mehr aufweist und daher nicht nur unfahrbar, sondern auch richtig gefährlich ist. Am anderen Ende des Spektrums finden wir den Wildschnee, extrem trockenen, kalten Pulverschnee mit geringer Dichte und einem Gewicht von weniger als 30 Kilo pro Kubikmeter. Dieser Schnee hat Weihnachten erfunden, er zeichnet Sterne in die kalte Winterluft und bringt Augen zum Strahlen. Auch als ‚Champagne Powder‘ bekannt und ein Grund, warum viele Menschen so gerne nach Japan fahren. Fahrspaß 11/10.

Die letzte Schneeform dieser Übersicht zeigt, dass uns auch der Schnee mit einem ‚bis hier und nicht weiter‘ in die Schranken weisen kann. Der Punkrocker unter den Schneearten ist der Büßerschnee, bizarre Pyramiden, die durch ungleiche Abschmelzung entstehen. Wie hardcore diese Schneeform ist, zeigt der Umstand, dass Büßerschnee nicht nur in den höheren Gebirgen der Tropen und Subtropen zu finden ist, sondern vermutlich auch auf dem Jupitermond Europa. Interplanetary! Und noch etwas Spannendes zum Thema Schnee. Ein Delfin nämlich könnte die Flocken womöglich fallen hören. Beim Auftreffen auf eine Wasseroberfläche erzeugen Flocken kurze Ultraschallgeräusche, wie der deutsche „Tagesspiegel“ schon 2003 schrieb. Lawrence Crum von der University of Washington hat das Rieseln der Schneeflocken mithilfe von Hydrophonen aus dem Geblubber der Seen herausgehört. Etwa jede zehnte Schneeflocke verursachte ein Signal mit einer Frequenz von bis zu 100 Kilohertz. Das klingt wie ein kleines Glöckchen. „Hunderte Schneeflocken könnten in den Ohren der Delfine also wie ein fernes weihnachtliches Glockengeläut klingen“, sagt Crum. Das würde auch Donald Duck begeistern.