Wer nach einer Covid-19-­Erkrankung (aber auch nach anderen schwereren Krankheiten) wieder in den Sport einsteigt, sollte ein paar Grundregeln beachten. Das Österreichische ­Institut für Sportmedizin hat Richtlinien für Leistungssportler aufgestellt, die aber auch für Freizeit­sportler gelten.

Christof Domenig
Christof Domenig


Eine 220-Kilometer-Radrunde fuhr er in der Woche davor noch und er lieferte eben erst einen negativen Corona-Test ab – dann hustete er plötzlich Blut. Georg Michl – 39 Jahre jung, Redakteur der „Kleinen Zeitung“ und Hobby-Triathlet, der auch die SPORT­aktiv-Leser öfter mit seinen Storys versorgt (etwa im „Biketeil“ der Printausgabe April/Mai 2021), hat erfahren, was man sich nicht wünscht: Er ist an Covid-19 erkrankt. Nicht mit mildem Verlauf oder gar symptomfrei, wie man sich das als relativ junger, sportlicher Mensch mit starkem Immunsystem meist vorstellt. Mit beidseitiger Lungenentzündung (und zweimal 14-tägiger Quarantäne) hat es ihn ordentlich erwischt – wie er auch im hörenswerten Podcast der „Kleinen Zeitung“ erzählt (nachhören: www.kleinezeitung.at/podcast). 

Als er seine Wohnung erstmals wieder verlassen durfte und seine Wäsche aus dem Waschkeller selbst wieder hochtrug, musste der Ironman-erfahrene Sportler im ersten Stock eine Rastpause einlegen. „Als würde man durch vier, fünf FFP2-Masken durchatmen“, beschreibt er das Gefühl. Nach einer Covid-Erkrankung oder auch einer anderen schwereren Krankheit in den Sport zurückzukehren, wirft generell Fragen auf. Im Falle von Covid-19 auch, weil die  Symptome und Verläufe einer Erkrankung bekanntermaßen sehr unterschiedlich sein können. Das Österreichische Institut für Sportmedizin (ÖISM) hat gemeinsam mit den sportmedizinischen Universitäts- und Landesinstituten Wien, Salzburg und Innsbruck einen Leitfaden für die „Rückkehr in den Leistungssport“ herausgegeben – die Empfehlungen gelten aber genauso für Freizeitsportler, erklärt Jürgen Scharhag, Kardiologe und Vorstand des ÖISM: „Hobbysportler trainieren schließlich mit der gleichen Intensität am Rad oder spielen mit denselben hohen Belastungsspitzen Fußball – mit Herzfrequenz 170 bis 180 – wie auch Berufssportler.“ Letztere sind außerdem in der Regel medizinisch sehr gut betreut und verfügen über ein besser ausgebildetes Körpergefühl.

Daher gilt auch nach einer Covid-­19-Erkrankung zunächst das, was für jede Erkrankung gilt: sich gründlich auskurieren. Sonst könnten gefährliche Komplikationen wie Vernarbungen an der Lunge oder gar eine Herzmuskelentzündung die Folge sein. Scharhag und Kollegen raten zusätzlich zu einer internistisch-kardiologischen Untersuchung, um die Sporttauglichkeit nach einer Krankheit objektiv feststellen zu lassen.

Die Rückkehr in den Sport: Grundregeln für den Wiedereinstieg nach Covid und Co.

Die „Return-to-Sports“-Ampel
Konkret hat Sportmediziner Scharhag mit Kollegen folgende Empfehlungen ausgegeben und in einem „Ampelsystem“ abgebildet: Bleibt man nach einem positiven Covid-19-Test symptomfrei (Ampelfarbe „grün“) oder hat leiche Erkältungssymptome bis zum Hals („gelb“), sollte bis zum Ende der Quarantäne sowie bis zur Beschwerdefreiheit eine Sportpause eingelegt werden. Bei Symptomen unterhalb des Halses wie Husten, Bronchitis oder Fieber („orange“) sollte die Auszeit je nach Schwere der Erkrankung zwei bis vier Wochen betragen. Bei schwereren Krankheitsverläufen etwa mit einer Lungenentzündung („rot“) muss mehrere Wochen pausiert werden, tritt sogar eine Herzmuskelentzündung auf, mindestens drei Monate. Für Hobbysportler gilt spätestens ab Ampelfarbe „orange“:

Der Arzt gibt grünes Licht für den Wiedereinstieg. Den sollte man aber auch konsultieren, sobald man sich nach dem Wiedereinstieg in den Sport schlecht fühlt: „Wir sehen jetzt, dass es Long-Covid-Erkrankungen gibt – dass Menschen, die nicht so stark erkrankt waren, in der Folge so etwas wie eine Erschöpfungssymptomatik aufweisen“, erklärt Scharhag. Warnsignale, auf die beim Wiedereinstieg zu achten ist: „Man fühlt sich nicht leistungsfähig oder schafft es über einen längeren Zeitraum nicht, sein altes, gewohntes Niveau wieder zu erreichen. Oder: wenn die Herzfrequenz deutlich höher als früher ist und man sich vermehrt unter Luftnot fühlt“, zählt Scharhag auf. Um nach überstandener Krankheit auf Nummer sicher zu gehen, Gewissheit über die körperliche Belastbarkeit zu bekommen oder wenn im Nachhinein die genannten Symptome auftreten, empfiehlt der Mediziner einen umfassenden internistischen Gesundheitscheck, etwa mit Blutbild und Belastungs-EKG. Auch Lungenfunktionsprüfungen, Spiro-Ergometrie oder ein Herz-Ultraschall können je nach Symptomatik in Betracht kommen. Welche Untersuchungsmethoden genau anzuwenden sind, entscheidet der betreuende Arzt. „Gegebenenfalls kann ein Belastungs-EKG oder eine Leistungsuntersuchung nach drei Monaten wiederholt werden, wenn das alte Leistungsniveau nicht wieder erreicht wird oder keine Fortschritte durch das Training eintreten“, erklärt Jürgen Scharhag. 

Ganz allgemein rät der Institutsvorstand des ÖISM: „Auf den Körper hören und im Zweifel lieber einmal zu oft einen Arzt konsultieren.“ Nach wie vor sei in Sachen Covid-19 vieles unklar, auch die neuen Virusvarianten seien Unsicherheitsfaktoren. Andererseits zeigten bereits durchgeführte Studien, dass etwa begleitende Herzmuskelentzündungen doch nicht so häufig vorkommen wie ursprünglich angenommen.

Sport neu definiert
Die aktuelle Situation kann man generell zum Anlass nehmen, um sich als Freizeitsportler ein paar Gedanken über Prävention zu machen. Immer wieder hört man die Empfehlung, sich ab 35 Jahren regelmäßig (und vor allem als Sporteinsteiger) internistisch durchchecken zu lassen und vor allem ein Belastungs-EKG durchzuführen. Kardiologe Scharhag möchte diese Grenze gar nicht bei einem gewissen Alter ziehen: „Ein Belastungs-EKG ist zumindest zum Sporteinstieg in allen Altersgruppen sinnvoll, weil man damit die Leistungsfähigkeit objektiv beurteilen und eventelle Herz-Kreislauf-Erkrankungen entdecken kann. Erkrankungen der Herzkranzgefäße kann man mit einer Computertomografie noch besser entdecken, doch ist dies aufgrund der Kosten und Röntgenstrahlung nicht Standard und es muss eine ärztliche Indikation geben.“ Präventionsuntersuchungen solle man generell als Investment in die eigene ­Gesundheit sehen, so wie den Sport selbst: „Für ein gutes Fahrrad ist man ja auch bereit, etwas auszugeben“, sagt Scharhag.

Unser Kollege Georg Michl hat den Wiedereinstieg in den Sport nach seiner Coronavirus-Infektion übrigens mit zunächst ganz langsamen, kurzen Radrunden wieder gut geschafft. Und er hat sogar aus der Erfahrung heraus Sport für sich neu definiert: „Früher ist es mir um Zeit und Leistung gegangen – jetzt um die Möglichkeit, draußen zu sein und Freude am Sport zu haben.“

Univ.-Prof. Dr.  Jürgen Scharhag
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Scharhag

ist Vorstand und ärztlicher Leiter des „Österreichischen Instituts für Sportmedizin“ (ÖISM), Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie sowie Sportmediziner.

Das ÖISM in Wien bietet sowohl Profi-­ und Leistungssportlern als auch Freizeit- und Gesundheitssportlern umfassende sportmedizinische Betreuung an. Wer etwa wissen will, wie belastbar sein Körper ist (egal, ob generell oder nach einer Erkrankung), wie es um seine Herzgesundheit oder auch orthopädische Eignung für diverse Sportarten steht, kann sich an die Expertinnen und Experten des ÖISM wenden. 

WEB: sportmedizin.or.at