So unterschiedlich die Trails, so breit ist mittlerweile auch das Angebot an Traillaufschuhen. Doch was macht einen Trailschuh überhaupt aus? Und wie ­findet man den seinen?

Lukas Schnitzer
Lukas Schnitzer


Ich kann mich noch gut an meine ersten „Gehversuche“ als das, was man heute gemeinhin als Trailrunner bezeichnet, erinnern. Vom keimenden Mega-Trend roch man damals noch wenig, meine Runs waren damals für mich noch Läufe, die Trails Steige und mein Schuhwerk für flotte Runden in den Bergen war insofern spezifisch auf mein Tun abgestimmt, als sie von den Kilometern auf der Bahn und am Asphalt bereits so in Mitleidenschaft gezogen waren, dass sie mir fürs Gelände nicht mehr „zu schade waren“. Kann man so machen, würde ich aber heute gerade was Grip und Stabilität betrifft nicht unbedingt wiederholen.

Warum ein Trailschuh?
Straßenlaufschuhe sind dafür gemacht, den Körper auf harten Untergründen bestmöglich zu schützen und zu unterstützen. In der Konstruktion möglichst leicht und atmungsaktiv, werden zunehmend auch federnde, reaktive und vortriebsunterstützende Materialien und Konstruktionen verwendet. Leichte Forststraßen und flache Waldwege sind für viele Modelle natürlich kein Hindernis, aber auf unwegsamen Trails kommen sie in Sachen Grip, Stabilität und Schutz schnell an ihre Grenzen. „Straßenlaufschuhe verwenden in der Regel weichere Gummimischungen und geringere Profiltiefen, um auf ­asphaltierten Untergründen den ­optimalen Grip herzustellen“, weiß Tobias Bogner, bei Salomon für den Bereich Sports Marketing & Events Running zuständig. Man verliert leichter den Halt, die Gefahr zu stürzen oder zu überknöcheln steigt und die Obermaterialien und Sohlen gelangen bei Kontakt mit rauem Fels oder Wurzelwerk schnell an die Grenzen ihrer Robustheit.

„Der generelle Hauptanspruch an Trailrunning-Schuhe sind die Themen Grip und Schutz, wodurch sich Trail- und Straßenlaufschuhe auch hauptsächlich unterscheiden“, erklärt Tobias Bogner die Unterschiede. Sie sind darauf ausgelegt, unterschiedliche Untergründe zu bewältigen, sorgen auf unebenen Böden und Wurzelteppichen bzw. Geröllfeldern für stabilen Sitz am Fuß und bieten je nach Auslegung, Profil und Gummimischung selbst auf losen Untergründen, Schnee, Matsch oder nassen Felsen perfekte Traktion.

Fürs Gelände gemacht
Äußerlich am besten erkennbar sind Trailschuhe an ihrer Außensohle, welche sich mittlerweile in ihrer Konstruktion je nach bevorzugtem Lauf-Terrain doch auch recht deutlich unterscheiden kann. Hier finden sich neben Allroundern auch echte Spezialisten für weiche Böden oder sehr harte, trockene Bedingungen. „Trailschuhe“, so fasst es Tobias Bogner zusammen, „zeichnen sich durch unterschiedliche Profiltiefen und zusätzliches Material im Zehen- oder Leistenbereich aus, welches Schutz vor losem Gestein oder Wurzeln bietet“. Auch in der Dämpfung gibt es Unterschiede. Für kurze (schnelle) Distanzen und sehr technisches Terrain empfehlen sich weniger gedämpfte Modelle mit reduzierter Standhöhe, die mehr Gefühl für den Untergrund vermitteln und sich stabiler laufen. Auf langen Strecken – die gerade im Trailrunning auch wahrlich „Ultra-lang“ werden können – sollte man hingegen ein Maximum an Dämpfung suchen. Allerdings können zu weiche Materialien mitunter zu Einbußen in der Stabilität in unwegsamen Streckenabschnitten sorgen – hier gilt es also einen Kompromiss zu finden.

Ein Trend der letzten Jahre, so Tobias Bogner, ist es, den „klassischen“ Trailrunningschuhen wie dem Salomon Speedcross „laufbare“ Trailschuhe zur Seite zu stellen: „Diese teilen sich die Mittelsohle und Dämpfungselemente mit Straßenschuhen und erweitern diese um ein tieferes Profil. Damit sprechen sie Läufer an, die ein Paar Trailschuhe suchen, mit dem alles gelaufen werden kann“. Von der kleinen Trailrunde von der Haustür in den nächstgelegenen Park bis zum langen Traillauf am Sonntag ist damit für den Salomon-Experten alles möglich.

Die Sache mit den Platten
Viele moderne Straßenschuhe kommen heute mit effizienzsteigernden „Platten“ in der Mittelsohle. Ein Trend, der auch ins Gelände schwappt. „Allerdings ist bei Trailschuhen wichtig zwischen Schutz-Platten und der Platte, die die Laufeffizienz verbessert, zu unterscheiden“, klärt Tobias Bogner auf. „Die Platten, die den Fuß vor losem Gestein schützen, sorgen generell für Stabilität in der Mittel­sohle und zusätzlichen Schutz der Füße, tragen aber nicht zur Verbesserung der Laufeffizienz bei“, so Tobias Bogner weiter. Derlei Trailschuhe haben seiner Ansicht nach ihre Stärken klar im alpinen/hochalpinen Gelände, bei Skyrunning- oder Berglaufevents. Sucht man einen „laufbaren“ Schuh, mit dem man von zu Hause aus auf leichten Trails unterwegs ist, wäre man aus seiner Perspektive mit „plattenlosen“ Schuhen besser beraten, da diese im ebenen Gelände ein besseres Abrollverhalten bieten.

Dem gegenüber stehen Plattenschuhe, die analog zu ihren Straßenpendants Laufeffizienz und Abrollverhalten verbessern sollen. „Ultraathleten verwenden diese auf Distanzen jenseits der 50 km, um möglichst lange möglichst effizient am Trail unterwegs zu sein. Salomon bietet dies mit den Energy Blade TPU-Platten der Pulsar-Modellreihe an“, weiß Bogner. Generell kann aber gesagt werden, dass erfahrene Läufer mit sauberer Lauftechnik und höheren Laufgeschwindigkeiten eher von solchen Modellen profitieren.

Kategorisierung
Grob lassen sich Trailschuhe in drei Kategorien unterteilen. Schuhe für kürzere Distanzen (schnelle Trainingseinheiten, kurze Wettkämpfe bis 20 km oder Vertical Races/Sky-Races) sollten möglichst leicht sein, verzichten auf etwas Schutz und Dämpfung, bieten dafür oft viel Gefühl für den Untergrund. Da Geschwindigkeit tendenziell mit Vorfußlauf einhergeht, weisen diese auch oft eine reduzierte Sprengung auf. Trailschuhe für mittlere Distanzen sind wohl die Allrounder, vereinen Reaktionsfreudigkeit mit gutem Schutz und meist etwas mehr Dämpfung als Erstere, was sie eben auch für mehrere Stunden bequem macht. Gerne setzen Hersteller hier auf mittlere Sprengungen, die Außensohle bietet meist einen guten Kompromiss, um auf Strecken zwischen 20 und 50 Kilometern (und somit unterschiedlichsten Streckenbedingungen und Untergründen) vielseitig zu bleiben.

Schließlich bleiben noch Trailschuhe für Ultra-Distanzen, also alles über dem klassischen Marathon. Hier zählen Dämpfung und Komfort, schließlich ist man damit auch schnell mehr als einen halben Tag und mehr unterwegs. Passform und gute Dämpfung sind dabei besonders wichtig. Da auf Ultra-Distanzen selbst schnelle Vorfußläufer mitunter ermüdet auf der Ferse aufsetzen, setzen Hersteller (mit Ausnahme der Null-Sprengungs-Verfechter vom Schlage Altra) durch die Bank auf Modelle mit Sprengung von 6 bis 12 mm. Eine kleine Auswahl an Modellen zur jeweiligen Kategorie findet ihr untenstehend.