ORF-Wettermann Marcus Wadsak ist schon berufsbedingt Spezialist für Hitze und Blitze. Im Interview erzählt er, wann man im ­Sommer ­trainieren sollte und wie die ­Terminplanung für Laufevents in Zukunft aussehen könnte.

Wolfgang Kühnelt

Der Klimawandel ist nicht mehr wegzudiskutieren. Temperaturen von 35 Grad Celsius und mehr sind auch in unseren Breiten keine Seltenheit mehr. Beim Vienna City Marathon herrschten schon im Frühjahr sommerliche Verhältnisse. Aber wann ist es am heißesten? Das erklärt uns ORF-Wettermann Marcus Wadsak im Interview. Auch warum Prognosen im Winter schwieriger sind als im Sommer und welche Auswirkungen die Hitze auf den Veranstaltungskalender von Laufevents haben könnte. Und danach? Gehen wir natürlich noch rasch eine Runde laufen, auf Wadsaks Lieblingsstrecke am Neusiedler See.

Die größten Marathons bei uns sind im April, Mai und im September, Oktober. Nun wissen wir, dass die Temperaturen deutlich steigen. Sollten die Laufveranstalter darauf reagieren? 
Wir sehen definitiv eine Erwärmung, die in Österreich über dem globalen Schnitt liegt. Vor allem: Es wird früher wärmer. Man wird sich anpassen müssen, auch vonseiten der Veranstalter. Das Problem ist, dass die Veränderungen nicht linear vor sich gehen und es immer wieder Ausreißer gibt. Mittlerweile erleben wir oft Temperaturen im April und Mai, die zumindest für Durchschnittsläufer zu hoch sind. Wenn man jetzt nach vorne verschiebt, was man meiner Meinung nach wird machen müssen, dann geht man halt das Risiko ein, dass es manchmal sogar Frost oder Schnee gibt.

Wie sieht es im Herbst aus, wo in der Wachau und in Graz auch große Veranstaltungen stattfinden?
Das ist aus einem ganz banalen Grund die bessere Jahreszeit: Weil die Tage kürzer sind und man auf jeden Fall mit niedrigeren Temperaturen startet. Es kann immer Ausnahmen geben, aber so heiß wie im Frühling wird es vor allem im Oktober in Österreich sicher nicht mehr.

 

Zu Mittag scheint zwar die Sonne am stärksten, da muss ich meinen Kopf schützen. Aber die höchsten Temperaturen haben wir rund um 17 Uhr.

Eine weitere Herausforderung ist das Training. Laufen in der Hitze ist wohl kaum sinnvoll. Aber wie soll man das im Sommer vermeiden, wenn man im Marathon-Training ist? 
Ich laufe regelmäßig um die 10 Kilometer, das ganze Jahr über bei Kälte und bei Hitze. Aber ich kann mir die besten Tageszeiten aussuchen. Wer mehr trainiert, weil er Marathons absolviert, hat oft keine Wahl. Dann sollte man aber die Lüge von der Mittagshitze kennen. Viele denken ja, wenn die Mittagszeit vorbei ist, kann ich wieder laufen gehen. Das ist falsch! Zu Mittag scheint zwar die Sonne am stärksten, da muss ich meinen Kopf schützen. Aber: Die höchsten Temperaturen im Sommer in Österreich haben wir rund um 17 Uhr. Wir haben 250 Wetterstationen in Österreich und sehen das ganz genau. Im Juli und August gibt es für mich sowieso nur eine Möglichkeit: in der Früh laufen. Denn bis sich die Hitze am Abend wieder abbaut, dauert das wirklich lange.

Werden eigentlich die Prognosen durch den Klimawandel schwieriger? Es gibt ja immer mehr kleinräumige Gewitter bis hin zu Unwettern ...
Ich mache das jetzt seit über 20 Jahren, die Prognosen werden immer besser. Die einzige Ausnahme sind die Gewitter. Wir haben das in diesem Sommer schon oft erlebt: Ein Sturm mit Starkregen oder Hagel betrifft einzelne Bezirke einer Stadt oder noch kleinräumiger sogar nur einzelne Straßenzüge. Diese heftigen Gewitter werden häufiger und da werden wir uns mit einer punktgenauen Vorhersage noch länger schwertun. 

Man hat als Laie den Eindruck, die Gewitter rücken mehr in den Frühling hinein. Stimmt das?
Ja, die Wärmegewitter kommen früher, weil wir schon im April und Mai 30 Grad und mehr haben. Dafür könnte es sein, dass sie im Sommer wegen der Trockenheit etwas seltener werden. Beim Gesamtniederschlag muss man sich den Trend noch langfristig ansehen. 

Wie weit seid ihr Meteorologen in die Planung von Sportwettbewerben und besonders Marathons eingebunden? Fragt man euch vor einem Bewerb um eine Prognose?
Großveranstalter sind zum Schutz der Teilnehmer verpflichtet, sich Prognosen zu verschaffen. Dafür wendet man sich an spezielle Stellen, in Österreich am besten an die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik. Das bieten wir nicht nebenbei an. Für unsere Seher und Hörer im ORF machen wir aber Prognosen mit Start- und Ziel- Temperatur und mit Windstärke, Windrichtung und Niederschlag.

Nicht nur die Hitze wird für Outdoorsportler zunehmend zu einem Problem, sondern auch Blitz und Donner. Was ist aus deiner Sicht wichtig, um sich hier nicht in Gefahr zu begeben?
Wenn das Gewitter kommt, dann sofort raus aus dem Wald, weg von den Bäumen. Am besten schon vor dem Loslaufen den Wetterbericht checken. Und über die Tageszeit nachdenken: Wärmegewitter und Stürme kommen meistens am Nachmittag. Der Tag beginnt strahlend schön, aber ab 15 Uhr steigt dann die Wahrscheinlichkeit für Regen und Gewitter. Auch deshalb spricht alles für das Laufen in der Früh. Das könnte auch für Veranstalter von Marathons und Ultraläufen ein Thema werden: noch zeitiger am Tag mit dem Bewerb starten, um das Risiko für Hitze und Wärmegewitter zu senken. 

Einerseits steigen die Temperaturen weiter an, andererseits sagt man, dass es in Europa im Winter durch den nachlassenden Golfstrom sogar kälter werden könnte. Was ist da der Stand der Dinge?
Der Golfstrom wird schwächer, das ist ein Faktum. Was wir vor allem deutlich merken, ist, dass sich die Strömungsmuster ändern. Es ist generell viel einfacher für den Sommer eine Prognose abzugeben als für den Winter. Sagen wir, wir haben um die 0 Grad. Hat es ein bisschen mehr, dann regnet es. Hat es ein bisschen weniger, dann schneit es große Mengen. Gibt es ein Italien-Tief, dann bekommt der Süden viel Schnee und so weiter. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass der Schnee später im Jahr kommt. Für Läufer ist das eigentlich positiv. Es gibt weniger Tage mit Schneebedeckung und man kann leichter trainieren. Was man aber ernst nehmen sollte: Die subjektive Wahrnehmung. Wenn es sich zu kalt anfühlt, zum Beispiel wegen Wind, sollte man nicht trainieren, egal, wie hoch oder niedrig die Temperatur am Thermometer ist. 

Marcus Wadsak
Marcus Wadsak
startete seine Karriere unmittelbar vor dem Abschluss des Meteorologie Studiums beim Radio und leitet seit 2012 die ORF-TV-Wetter Redaktion. Mit seiner Frau, einer prominenten ATV-Moderatorin, lebt er am Neusiedler See. In seiner Freizeit fotografiert er leidenschaftlich gern und läuft am See oder im Wiener Prater.