Fit vom Carboloading bis zum Trinken im Rennen: Wie man Wettkampfleistung durch die Ernährung unterstützt. Und welche Rolle die Verträglichkeit dabei spielt.

Christof Domenig
Christof Domenig

Manche haben ihr heuriges Wettbewerbsziel schon hinter sich, andere stehen permanent im Wettkampfmodus. Und für einige bringt erst der Herbst die große Herausforderung. Aber jeder, der (Hob­by-)Wettkämpfe bestreitet, kennt wohl das Phänomen – zumindest von Geschichten aus dem Freundeskreis: Der Magen-Darm-Trakt kann ein ganz schöner Spielverderber sein. Zur Frage, wie man die Wettkampfleistung durch Essen und Trinken unterstützt, gehört daher ein wichtiger Aspekt unbedingt dazu: die Verträglichkeit.

„Ein Hauptfehler, der immer wieder passiert, ist, am Wettkampftag etwas auszuprobieren“, sagt Sporternährungsexpertin Doris Hiller-Baumgartner. Es gilt die Faustregel: „Der Körper sollte bei Wettkämpfen primär mit Lebensmitteln und Getränken konfrontiert werden, die er bereits kennt, die Menge und Verträglichkeit sollte vorher im Training geprüft werden.“ Und zwar gilt das für spezielle Sportnahrung wie beispielsweise Gels genauso wie für alles, was vor und während des Bewerbs gegessen und getrunken wird.

Was auch gleich vorausgeschickt werden muss: Gerade beim Thema Essen und Trinken und Verträglichkeit gibt es einen großen individuellen Spielraum. Empfehlungen, die für jeden gelten und funktionieren, kann es daher nicht geben. Stattdessen heißt die Devise: Lerne deinen Körper kennen und auf dein „Bauchgefühl“ zu hören. Auch klar: Echte Wettkampfsituationen kann man nur bis zu einem gewissen Grad simulieren – man denke an die Nervosität, die bekanntlich ebenfalls auf den Magen schlagen kann. Doch auch dabei gilt: aus Erfahrung lernen. Und es gibt eine Menge allgemeine, wichtige Anhaltspunkte, die berücksichtigt werden sollten, und die wir euch hier näherbringen.

Energielieferanten während des Wettkampfs

Die Tage vor dem Wettkampf
Wettkampfernährung beginnt schon einige Tage vor dem Startschuss. Stichwort: Carboloading: „Bei Wettkämpfen über 90 Minuten lässt sich durch eine Steigerung der Kohlenhydratzufuhr in den Tagen vor dem Wettkampf oft eine Leistungsverlängerung erreichen. Sinn dieser Maßnahme ist eine weitere Erhöhung der Glykogenspeicher. Diese Methoden werden als ‚Carbohydrate loading‘ oder ‚Superkompensation‘ bezeichnet“, weiß Hiller-Baumgartner.

Eine Variante beinhaltet eine Steigerung der Kohlenhydratzufuhr in der Woche vor einem Wettkampf bei gleichzeitiger Reduktion der Trainingsumfänge und -intensität. Zur Berechnung: Bis zu 10 g Kohlenhydrate pro kg Körpergewicht pro Tag sollten es sein. „Der Muskelglykogengehalt lässt sich um ca. 10 bis 15 Prozent steigern und die Kohlenhydratoxidation während der Ausdauerbelastung länger aufrechterhalten.“ 
Eine andere Superkompensations-Methode beinhaltet zusätzlich eine intensive Ausdauerbelastung 72 Stunden vor dem Wettkampf – in den nachfolgenden Tagen soll dann durch eine kohlenhydratreiche Ernährung bis zum Wettkampf ein maximales Auffüllen der Glykogenspeicher gewährleistet werden. Doch für welche Variante man sich auch entscheidet: „Nicht jeder verträgt sehr hohe Kohlenhydratmengen. Daher sollte man die Methode seiner Wahl schon einmal rechtzeitig testen.“
 

Stunden vor dem Wettkampf
Zwei bis vier Stunden vor dem Wettkampf wird im Ausdauersport dann eine kohlenhydratreiche Mahlzeit empfohlen: Der Kohlenhydratanteil sollte dabei zwischen 1 und 4 g pro kg Körpergewicht liegen. Wichtiger Hinweis: „Auf die Bekömmlichkeit achten – es sollte kein großes Völlegefühl entstehen.“ Unmittelbar vor Belastungsbeginn, also 30 Minuten bis 5 Minuten davor, empfiehlt Hiller-Baumgartner noch einmal kleine kohlenhydratreiche Snacks. Wichtig ist die passende Kohlenhydrat-Zusammensetzung und ein hoher glykämischer Index: Bananen, ein Stück Weiß- oder Mischbrot, Zwieback oder Biskotten erfüllen die gewünschten Bedingungen. Ebenso wie diverse Sportriegel und hypo- bzw. isotone Sportgetränke. „Die geeigneten Mengen müssen individuell erprobt werden, 1g pro kg Körpermasse ist aber das Maximum. Der Füllungszustand des Magens soll nicht als unangenehm empfunden werden.“

Die Expertin betont: „Individuell abgestimmte Ernährungsstrategien können das Risiko von gastrointestinalen Beschwerden während des Wettkampfs verringern. Diese Strategien sollten im Trainingsalltag getestet und eingeübt werden, denn wer an eine Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme während der Belastung nicht gewöhnt ist, hat ein höheres Risiko, solche Beschwerden zu entwickeln.“

Trinken im Wettkampf
Nicht vergessen werden darf natürlich aufs Trinken. Um seine persönlichen Schweißverlust pro Stunde einschätzen zu können, ist es ratsam, sich regelmäßig ohne Bekleidung unmittelbar vor und nach dem Training abzuwiegen. Wettkampfbelastungen bis zu 60 Minuten benötigen üblicherweise keine Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme. Dauert der Wettkampf mehr als eine Stunde, ist Trinken aber sehr wichtig: „Alle 15 Minuten sollten etwa 150 bis 200 ml Flüssigkeit je nach Sportart getrunken werden. Ist die individuelle Schweißbildungsrate überproportional höher, dann sollte auch die Trinkmenge entsprechend erhöht werden“, sagt Doris Hiller-Baumgartner.

Für den Sport eignen sich qualitativ hochwertige hypo- wie auch isotone Sportgetränke, bestehend aus mehreren Zuckerarten wie Glukose und Maltodextrin. Tipp: „Hypotone Getränke sollten dann gewählt werden, wenn mit hohen Schweißverlusten zu rechnen ist und wenn die Flüssigkeitszufuhr relevanter als die Energielieferung durch Kohlenhydrate erscheint – wieder abhängig von der Dauer der Belastung“. Auch bei Sportgetränken gilt: Vorher unter wettkampfähnlicher Belastung testen. Nicht jeder verträgt jedes Getränk. Wer sich unsicher ist, bringt zum Bewerb lieber sein erprobtes Getränk mit, als zum „Iso“ bei der Labestation zu greifen.

Doris Hiller-Baumgartner
Mag. (FH) Doris Hiller-Baumgartner

ist freiberufliche Diätologin mit Schwerpunkt Sporternährung in Ligist (St) und Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Sporternährung (ÖGSE).

Kontakt:
Tel. 0664/350 69 75
doris.hiller@chello.at
www.dorishiller.at