Er ist reizvoll, farbenprächtig und verspricht klare Sicht. Wer auch seine Tücken – wie niedrige Temperaturen, Nässe am Morgen und kurze Tage – beachtet, kann den Herbst als beste Jahreszeit für Wanderungen und Bergtouren so richtig genießen.

Oliver Pichler


Die Wälder prächtig bunt, die Almwiesen golden, watte­bauschartiger Nebel unten im Tal. Die Luft ist kühl und klar und die Fernsicht gewaltig. Das alles macht den Herbst zur Wanderzeit. Je später Schnee fällt, desto länger dauert der Wanderherbst – oft bis weit in den November hinein.

Der Herbst hat aber auch Tücken. Sie zu beachten ist umso wichtiger, je ambitionierter man seine Herbsttouren anlegen will. „Die Tage werden stetig kürzer, daher ist es wichtig, früh zu starten, keine zu langen Touren zu machen und eine Stirnlampe mit dabei zu haben“, rät Florian Wieser von der Tourismusregion Sterzing in Südtirol. Miriam Wagner aus dem Tiroler Kaiserwinkl mahnt: „Es ist mit deutlich mehr Tau und damit Feuchtigkeit zu rechnen. Dadurch wird es rutschiger.“ Sich im Rahmen der Tourenplanung vorab nach Hütten- und Bergbahnen-Öffnungszeiten zu erkundigen, lautet ein weiterer Tipp. 

„Am Morgen können die Temperaturen auch bald Richtung null Grad gehen. Eine dicke Jacke, Handschuhe und eine Mütze sollte man daher standardmäßig dabeihaben“, betont der Sterzinger Bergfex Wieser. Warme Wechselkleidung und warme Getränke mitzunehmen, ist ebenfalls zu empfehlen.

Damit die angedachte Herbstwanderung – ob gemütlich oder anspruchsvoll-sportlich – ein lässiges Erlebnis wird, gilt es bei Auswahl und Planung der Tour gewissenhaft zu sein. So empfiehlt es sich, im Herbst speziell auf die sonnen- bzw. schattenseitige Ausrichtung zu achten. Südexponierte Strecken sind zu bevorzugen. Bei nordseitigen Passagen sollte man auf Feuchtigkeit sowie vereiste oder schneebedeckte Stellen vorbereitet sein (mit Schuhspikes bzw. Grödel im Rucksack). Ist es im Tal neblig, so kann man nicht automatisch davon ausgehen, dass „oben“ die Sonne scheint. Hier sind Webcams im Nahbereich der geplanten Tour hilfreich, um die Wetterlage in Echtzeit zu checken. 

Da viele Hütten im Herbst bereits geschlossen haben, ist es unumgänglich, ausreichend Essen und Getränke mit dabeizuhaben. Insgesamt ist es nicht die Zeit für überambitionierte Touren, die man zum ersten Mal bewältigen will. Bewegt man sich auf unbekanntem Terrain, sollte man mehr zeitlichen Spielraum einplanen und eher kürzer unterwegs sein. Bei instabilen Wetterlagen sollte man robuste, wasserfeste Kleidung (Jacke und Hose) mithaben und darauf achten, dass die Schuhe wirklich wasserdicht sind. Denn nass werden ist an kalten Tagen im Herbst deutlich unangenehmer als im Sommer. 

Packliste

  • Handschuhe und Haube
  • Stirnlampe
  • warme Isolationsjacke
  • Isolations-Überzieh-Short bzw. -Rock
  • bei unsicherem Wetter: robuste, wasserdichte Kleidung
  • robustere Schuhe
  • Spikes, Grödel
  • mehr Wechselkleidung, um sich öfter umziehen zu können
  • warme Getränke in Isolierflaschen
  • Biwaksack
  • Smartphone & Powerbank

Wer all dies beherzigt, kann jetzt mit die schönsten Tourentage im Jahr erleben. Wobei sich einige Regionen besonders gut fürs Herbstwandern eignen: Charakteristischerweise bieten diese speziellen Regionen vielfältige Möglichkeiten in niederen und mittleren Höhenlagen, können mit attraktiven sonnen­exponierten Routen aufwarten und verfügen über Hütten sowie Bergbahnen, die möglichst lange in den Herbst hinein noch geöffnet haben. Die drei von uns  hier beispielhalft ausgewählten sind durchaus unterschiedlich, begeistern aber alle auf ihre Art im Wanderherbst: Der Kaiserwinkl im nordöstlichsten Teil von Tirol, die Wiener Alpen mit Rax, Schneeberg & Co sowie der Großraum Sterzing in Südtirol, wo man zusätzlich zu talnahen Touren und solchen in mittleren Höhen auch „schnelle“ 3000er-Gipfel zur Wahl hat.

Streifzug durch drei Regionen
Rettenschöss, Walchsee, Kössen und Schwendt: Alle Hauptorte in der Region Kaiserwinkl eignen sich als Ausgangspunkte für gemütliche, talnahe Wanderungen ebenso wie für Gipfeltouren. Typisch Herbsttour? Eine der bekanntesten ist jene auf den Heuberg (1603 m) hoch über dem Walchsee. „Der Heuberg ist auf einer weitestgehend einfachen Rundtour erlebbar“, schwärmt Miriam Wagner. Bequeme Bergerlebnisse sind dank der Bergbahnen Hochkössen und Zahmer Kaiser bis weit in den Oktober möglich. Ein Tipp für Familien und Wanderer, die es gemütlich-informativ lieben, ist der Schmugglerweg Klobenstein entlang der Tiroler Ache ab Kössen.

Prädestiniert fürs Herbstwandern sind die Wiener Alpen mit Rax, Schneeberg, Wechsel, Semmering und Hohe Wand. Das liegt an ihrer Vielfalt und daran, dass sie kaum über 2000 Meter hinausragen. „Am Übergang zwischen hochalpin und flachem Land gibt es enorm viele Landschaftsformen“, erläutert Gerda Walli von den Wiener Alpen. Die als „Paradies der Blicke“ bekannte Region liefert jetzt besonders farbenfrohe Perspektiven. Vielfältig sind demnach auch die im Herbst empfehlenswerten Touren – eine davon: Das „Hüttenhüpfen“ auf der Rax ist als Ein- oder Mehrtageswanderung möglich. Der Schneeberg ist ab der Bergstation der Bergbahn auf einem leichten Rundweg erwanderbar. 

Es gibt auch gute Gründe, um Sterzing, Südtirols nördlichste Stadt, samt umliegender Täler anzusteuern. Etwa Törggelen – wobei der kulinarische Genuss (süßer Most, Eisacktaler Wein, Hausmannskost, Kastanien ...) im Mittelpunkt steht. „Von unseren über 2000 Meter hohen Bergen aus erscheinen die umliegenden 3000er in der klaren Herbstluft zum Greifen nah“, macht Florian Wieser Lust auf „seine“ Region. Auch höher hinaus kann es bei guter Planung noch gehen: „Man kann bei uns bis weit in den Herbst hinein 3000er-Gipfel erreichen, dank der zahlreichen hoch gelegenen Schutzhütten.“ 

Ein leicht machbarer Gipfel ist der Zinseler (2422 m), belohnt wird man „oben“ mit einem großartigen Rundumblick inklusive Aussicht auf den Sterzinger Talkessel. Lust bekommen? Solange die Wetterlage passt, laden auch die folgenden 20 von uns ausgesuchten Tourentipps zum Herbstwander-Erlebnis ein.