Mit schmerzhaften Druckstellen oder Blasen wird eine Skitour zur „Tortour“ – So schön kann der Pulverschnee gar nicht sein. Wir ­haben Ratschläge eingeholt, damit unterwegs möglichst keine Reiberei entsteht.

Christof Domenig
Christof Domenig

Vielleicht ist es ja eine subjektive Wahrnehmung, dass man Skitourengeher öfter als andere Berg­sportler über Fußprobleme auf Touren klagen hört. Faktum ist jedenfalls: Druck- und Reibestellen, Blasen und Co. gehören zu den größten Spaßkillern, die einem auf einer Skitour passieren können.

Faktum ist aber auch, dass man sich mit den Problemen nicht abfinden muss. Und es zwar etliche mögliche Ursachen dafür – aber auch ebenso viele sinnvolle Lösungsansätze gibt. Anatomisch gesehen entstehen schmerzhafte Probleme einerseits dann, wenn einzelne Stellen des Schuhs stärker auf den Fuß drücken als andere. Und andererseits auch dann, wenn Reibung entsteht, der Fuß im Schuh also „Spiel“ hat. Eine Blase bildet sich wiederum, wenn „Scherkräfte“ über einen längeren Zeitraum hinweg auf die Haut einwirken – diese unangenehme kleine Verletzung bildet sich übrigens nicht unter der Haut, sondern zwischen einzelnen Hautschichten. Wie auch immer: Die Suche nach Lösungen beginnt jedenfalls bei der Auswahl des Toursenskischuhs.

Größe und Passform
„Es gibt hier ein paar wichtige Faktoren“, sagt Stefan Bieringer von Marker-Dalbello-Völkl Austria. Da ist zunächst einmal die richtige Größenwahl des Schuhs: „Das Hinein- und Hinausteigen aus einem Tourenskischuh funktioniert nicht so einfach, wie man es von anderen Schuhen gewohnt ist. Deshalb nehmen viele den Schuh eine Nummer zu groß.“

Dass das nicht passiert, darauf achten die Berater im guten Sporthandel. Vorfuß- und Fersenbreite, Risthöhen etc.: Füße sind bekanntlich unterschiedlich. Fußformen einzuschätzen ist einerseits Erfahrungssache: „Geschulte Berater haben ein Auge dafür“, sagt Patrick Paier von Gigasport. Weil aber viele Kunden zusätzlich auch ein objektives Urteil wünschen, kommt bei Giga­sport auch eine elektronische Fußvermessung zum Einsatz.
„Wir vermessen jeden Kunden, der einen Tourenskischuh sucht“, sagt indes auch Michael Schobersteiner von Hervis. Schuhe, die nicht mit den Füßen harmonieren, werden vom Computer gleich aussortiert und gar nicht vorgeschlagen.

Probiert man dann einige ausgewählte Modelle nacheinander an, kann man schon einmal vergleichen und erspüren, welcher Schuh sich am eigenen Fuß am passendsten anfühlt. Aber aufpassen – ein zu lockerer Sitz wäre wie schon erwähnt kontraproduktiv. Wie merkt man jedoch als Laie, dass Passform und Größe passen? „Es soll zwar nicht zu eng sein und nichts drücken, das Gefühl eines satten Sitzes sollte allerdings schon vorhanden sein“, sagt Dalbello-Experte Bieringer. „Wichtig ist, dass die Ferse schön hinten sitzt – bei den Zehen muss gar nicht so viel Platz sein.“ Um das Gefühl wirklich beurteilen zu können, soll man nicht nur kurz in jeden Schuh reinschlüpfen, sondern durchaus länger mit den einzelnen „Kandidaten“ im Geschäft herumgehen. Berater im Sporthandel sind aber auch darauf geschult, auf diese Details zu achten und sie den Kunden näherzubringen. 

Innenschuh, Sohlen, Socken
Eine nicht unwesentliche Frage ist, ob die serienmäßigen Einlegesohlen im Schuh mit dem Fuß harmonieren – oder durch andere, hochwertigere ersetzt werden sollen. „Ich verwende selber auch hochwertige, an den Fuß angepasste Sohlen, das gibt mehr Stabilität und ist eine wichtige Komponente“, sagt Stefan Bieringer. Bessere Stabilität heißt logischerweise auch: weniger Gefahr, beim Gehen im Schuh zu rutschen und Reibstellen zu erzeugen.

Passt ein Schuh dann grundsätzlich schon gut, gibt es bei vielen Tourenskischuhen noch die Möglichkeit, die Innenschuhe feinzutunen. Sogenannte Thermofit-Innenschuhe werden erwärmt, die Schuhe dann angezogen – so passen sie sich den Füßen noch besser an. Die Thermofit-Innenschuhe schmiegen sich jedoch auch im realen Einsatz durch die entstehende Körperwärme noch besser an den Fuß.
„Ein wichtiger Faktor beim Tourenskischuh liegt generell beim Innenschuh“, betont auch Stefan Bieringer. „Um die Schuhe so leicht wie möglich zu machen, wird beim Innenschuh leider öfters Material eingespart – das aber dadurch mit der Zeit weich wird und dann reibt. Bei Dalbello gehen wir bewusst einen anderen Weg, mit Augenmerk auf die höchste Qualität der Innenschuhe.“ Der italienische Hersteller setzt bei seinen Innenschuhen für die „Quantum“-Schuhe auch auf eine Schnürung, „die verhindert das Rutschen im Schuh und somit Blasenbildung“, sagt Bieringer.

Wichtig ist, dass die Ferse schön hinten sitzt – bei den Zehen muss gar nicht so viel Platz sein. 

Ein häufiger Fehler von Skitourensportlern (auch routinierten) ist es, mit zu dicken Socken unterwegs zu sein. „Viele verwenden normale Skisocken oder gar welche aus Baumwolle“, weiß Hervis-Experte Michael Schobersteiner. Die heute gängige Empfehlung für Skitouren lautet stattdessen, zu Kompressionssocken zu greifen. Diese liegen eng an, verrutschen nicht und können keine Falten bilden. 

Und auf der Tour ...
Das Passgefühl im Shop ist das eine. Die Realität bei Minusgraden in der Natur kann unter Umständen jedoch eine andere sein, gibt Patrick Paier von Gigasport zu bedenken. Dass Kunststoffe je nach Temperatur etwas härter oder weicher sind, sich ausdehnen oder zusammenziehen, ist schlicht Physik. Weil sich Schuhe gerade zu Beginn noch anpassen, empfiehlt auch Stefan Bieringer, beim ersten Versuch mit neuem Tourenskischuh keine zu lange Touren in Angriff zu nehmen: „Vielleicht nur 600 Höhenmeter statt 1000 Höhenmeter planen.“

Falls es beim ersten Einsatz aber Probleme gibt, wird ein guter Sporthändler seinem Kunden die Möglichkeit einräumen, einen Tourenskischuh noch einmal nachzubearbeiten – oder den Schuh zu tauschen. Bei Gigasport gibt es das „Test & Buy“-System für Skitourenmaterial. Erst nach drei Tagen Testen entscheidet man, ob eine Rückgabe (gegen Leihgebühr) oder ein Kauf ansteht. „Weiß man konkret nach ein paar Touren, wo Problemstellen sind, kann man die Stellen im Schuh noch einmal gezielt mit einem Klebepad abkleben und den Innenschuh an der Stelle nochmals nachbearbeiten“, erklärt Hervis-Experte Schobersteiner. 

Eine hochwertige, zum Fuß passende Innensohle gibt mehr Stabilität im Schuh.
 

Bekannte Problemstellen kann man auch auf der Haut prophylaktisch mit einem Tape abkleben. Ist es unterwegs dennoch passiert, helfen spezielle Blasenpflaster mit einem Gelpad. Experimentieren kann man auch mit der Schnallen­einstellung. Geöffnet oder geschlossen beim Gehen? „Bei unseren Dalbello Quantum kann man mit geschlossenen Schnallen bergauf gehen, weil der Mechanismus dafür sorgt, dass die Bewegung im Gehen nicht eingeschränkt wird“, sagt Stefan Bieringer. Hier allgemeine Tipps abzugeben, die für jeden funktionieren, sei jedoch nicht möglich, betont der Experte. Da hilft nur, experimentierfreudig zu sein und etwa unterschiedliche Schließhärten durchzuprobieren, um sein individuelles Optimum zu finden. „Die richtige Größenwahl, ein guter Socken, die passende Einlage und ein Innenschuh zum Schnüren“, fasst Bieringer die aus einer Sicht wichtigsten Faktoren zum Verhindern von Blasen auf Tour noch einmal zusammen.

Einen Tipp hat Michael Schobersteiner zum Schluss noch: „Ich schmiere mir die Füße mit einer Fußpflegesalbe ein, damit die Haut geschmeidig bleibt. Wenn ich ein gutes Gefühl im Schuh habe, die richtigen Socken verwende und meine Füße pflege, dann sollte in den allermeisten Fällen nichts mehr passieren.“