Für Trailrunning braucht es keine hohen Berge – eigentlich. Richtig lässig schaut es aber schon im alpinen Gelände aus. In immer mehr Urlaubsregionen finden sich zudem ausgewiesene Trailrunning-Strecken – also: Urlaubszeit nutzen und den Einstieg wagen. 

Christof Domenig
Christof Domenig


Wo sich ein Naturweg durch Wald und Wiesen schlängelt, dort kann man Traillaufen. Aber Hand aufs Herz – die Bilder vom „echten“ alpinen Trailrunning schauen einfach gewaltig aus. Nach dem Motto „ein bisschen UTMB schadet nie“ wird im Sommerurlaub in den Alpenregionen sicher manch eine(r) Trailrunning zum ersten Mal ausprobieren – zumal auch in immer mehr Regionen markierte Strecken und andere Angebote rund um die trendige Sportart entstehen.

Um aber niemanden völlig blauäugig ins Abenteuer „erstes Mal“ zu schicken, haben wir ebenso kompetente wie namhafte Ratgeber:innen für diese Geschichte engagiert: Die gebürtige Schladmingerin Johanna Hiemer ist zwar in erster Linie Skibergsteigerin, hat sich mit ihren sommerlichen Ausflügen ins Trailrunning – unter anderem zum „OCC“ im Rahmen des UTMB – durchaus auch in der Trailszene einen Namen gemacht (und sich einen Startplatz bei der Trailrunning-­Heim-WM Anfang Juni in Innsbruck-Stubai gesichert). Sibylle Schild ist mehrfache EM- und WM-Teilnehmerin, langjähriges Mitglied in Österreichs Trailrunning-Nationalteam und für die Strecken im Rahmen der adidas Infinite-­Trails in ihrer Heimat Gasteinertal verantwortlich. Markus Kröll aus dem Zillertal wiederum war schon Trailrunner, als noch altvaterisch von Berg­lauf gesprochen wurde – ein Pionier der Szene, der seit 35 Jahren die Geländelaufschuhe schnürt und seine Ratschläge auch in vielen Camps an Trailrunner in spe weitergegeben hat (und das nach wie vor tut). Zu seinem „50er“ im Vorjahr bekam er in seiner Heimat sogar einen ­„Krölli-Trail“ geschenkt ...

Was brauche ich für den Start?
Johanna Hiemer findet die Idee, weg vom flachen Asphalt und rein in die Trails zu wechseln, eine sehr gute. Zumal es dafür nicht allzu viel Equipment braucht. Zu dem wenigen, auf das man von Anbeginn weg jedoch nicht verzichten sollte, gehören Trailrunningschuhe mit gutem Grip, da ist sich unser Expertentrio einig. Sibylle Schild: „Einige probieren es mit normalen Laufschuhen. Aber das ist wirklich suboptimal. Ohne die richtigen Schuhe hast du den Spaß einfach nicht und es birgt immer die Gefahr des Wegrutschens.“ Sobald es vom Tal weg wirklich laufend in die Berge geht, sollten ferner noch mit, so Johanna Hiemer: „Ein kleiner Rucksack – es muss nicht gleich ein Mega-Equipment sein, es kann auch ein kleiner Wanderrucksack sein, der fürs  erste Mal gar nicht so perfekt sitzen muss. Handy und ein kleines Erste-Hilfe-Paket, was zu trinken, eine Kleinigkeit zu essen, frisches T-Shirt, dünne Jacke“, so ihre Packliste. Markus Kröll ist ohne seine „Grundausstattung“, zu der er zum eben Genannten auch Mütze und Handschuhe zählt, nie unterwegs – „das Wetter kann schnell umschlagen, das würde ich daher jedem Einsteiger schon empfehlen.“
 

Wie soll die Strecke beschaffen sein?
Beim Trailrunning denken viele an weite Distanzen, obwohl es darum eigentlich nicht geht. Nicht zu viel für die ersten Male vornehmen, raten unsere Trailprofis. Natürlich kommt es auf den individuellen Trainingszustand an – Sibylle Schild gibt jedoch zu bedenken, dass neben dem Herz-Kreislauf-System auch die Muskulatur auf unebenem Geläuf ganz anders gefordert ist. Ein Richtwert als Tipp: 8 bis 10 Kilometer und 400, 500 Höhenmeter.

 „Bei uns gibt es den Easy Trail“, so Markus Kröll – „auf dem läuft man entlang der Talsohle talauswärts, bunt gemischt auf verschiedensten Untergründen: Man hat einen Forstweg mit feiner Körnung, dann wieder Steige mit Wurzeln, dann breitere Wege mit festen Untergrund. So ein bunter Mix ist für Einsteiger ideal, um ein Gefühl für unterschiedliche Untergründe zu bekommen.“ 

Zum Thema Untergründe empfiehlt Sibylle Schild: „Wenn die Bedingungen passen, es trocken ist und man gute Schuhe hat, macht es am Trail sicher viel mehr Spaß als auf einer Forststraße. Die Prämisse ist, dass kein Auto mehr fahren können sollte, damit es richtig schön ist.“ Und wie findet man seine passende Strecke? In immer mehr Regionen wird der Tourismusverband ein kompetenter Ansprechpartner sein. Im Gasteinertal etwa gibt es fünf permanente beschilderte Trailstrecken, dazu online Trailrunning-Vorschläge mit GPX-Track zum Runterladen. Von Johanna Hiemer der Hinweis: Man kann heute über diverse Plattformen wie komoot oder outdooractive „einfach und schnell richtig gute Touren finden.“

Brauch ich eine spezielle Lauftechnik?
Man muss keine Wissenschaft daraus machen, aber ein paar Gedanken lohnen sich schon. „Sicherer ist man in jedem Fall kleinschrittiger unterwegs“, rät Sibylle Schild, anonsten: „mit dem Gelände spielen, auch einmal auf einen Stein hüpfen, der einen besseren Auftritt verspricht. Ganz automatisch macht man viele Ausgleichsbewegungen mit den Armen.“

Bergauf läuft selbst die Weltelite nicht jeden Meter – ab einer gewissen Steilheit ist zügiges Gehen oft sogar effizienter als Laufen. Aber es soll für den Beginn ja gar nicht um Effizienz, sondern vor allem um ein gutes Gefühl gehen – unser Expertenteam rät daher unbedingt, je nach Gefühl auch Gehpassagen einzustreuen. Bergab ist ebenfalls Zurückhaltung gefragt, kleine Schritte sind hier noch wichtiger. Markus Kröll rät zudem zum Landen am Vorfuß: Passiert ein Rutscher, kann man so immer noch ausgleichen, auf der Ferse geht das nicht. Leichte Vorlage bergab, ohne zu schnell zu werden, dazu rät aus selbem Grund Sibylle Schild. 

Auf Trails zu laufen, ist auch für den Kopf anders – Kröll: „Mit monotonem Laufen auf der Straße hat es nichts zu tun. Man soll konzentriert und fokussiert sein. Auch deshalb am Anfang nicht zu lange Distanzen wählen.“ Trailrunning läuft nicht nebenbei, sagt der Zillertaler, es gilt „aktiv“ zu sein, „sobald du passiv wirst, wird es gefährlich, dass du hängenbleibst oder stolperst. Du musst vorausschauend laufen – dich dem Gelände anpassen. Aber das macht auch den Reiz und Spaßfaktor aus.“

Wie bleibe ich nach dem Urlaub dran?
Und wieder daheim, nach dem Urlaub, wenn man Gefallen daran gefunden hat? Kann man sich auch am Heimatort umschauen und umhören. Oft staunt man, wo feine Trails lauern, wenn man nur die Augen ein wenig offen hält (oder auf Tourenportalen stöbert), auch in Städten oder Stadtnähe. „Immer wieder Neues ausprobieren, Abwechslung suchen, vom Monotonen wegkommen“, so die Ermutigung von Markus Kröll. „Laufe ich eine neue Strecke, bin ich oft ganz gespannt, was um die nächste Ecke passieren wird.“ Auch darum geht’s schließlich beim Trailrunning. Und wen das Fieber einmal gepackt hat, den lässt es in der Regel auch nicht mehr los. 

Johanna Hiemer

ist Skibergsteigerin und Trailrunnerin aus der Region ­Schladming-Dachstein (St) stammend.

WEB: www.schladming-dachstein.at
 

Markus Kröll

ist Trailrunning-Pionier und -legende aus Mayrhofen im Zillertal (T).

WEB: www.zillertal.at
 

Sibylle Schild

ist Trailrunnerin und Physiotherapeutin, in ihrer Heimat ­Gasteinertal (S) für die adidas Infinite Trails verantwortlich.

WEB: www.gastein.com