Wer sich mit dem E-Mountainbike in die Berge und auf die Trails begibt, wird schnell vom Vorwärtsdrang begeistert sein. Wir haben einige Tipps, wie die Ausflüge ins Gelände noch mehr Spaß bringen.

Lukas Schnitzer
Lukas Schnitzer


Moderne E-Mountainbikes bringen Biker schneller, weiter und höher als ihre unmotorisierten Geschwister. Das E-Mountainbike hat sich zum eigenen Sportgerät entwickelt, gibt Einsteigern die Möglichkeit tiefer in die Bergwelt vorzudringen, bietet gleichzeitig aber erfahrenen, technisch und fahrtechnisch versierten Bikern ebenso ungeahnte Möglichkeiten. Denn mit ein paar zusätzlichen Watt in den Beinen lassen sich nicht nur mehr Höhenmeter in kürzerer Zeit schaffen. Auch die Grenzen dessen, was bergauf noch fahrbar ist, verschieben sich damit gewaltig – Uphill-Flow ist hier das Stichwort. Um das volle Potenzial deines E-Mountainbikes zu nutzen, gilt es aber einige technische und fahrtechnische Dinge zu beachten.

Die Basics
Beginnen wir mit den Basics des E-Mountainbikens. Gerade kräftige Motoren verleiten oft dazu, „schaltfaul“ und mit sehr niedrigen Kadenzen ans Werk zu gehen. Tatsächlich sollte man aber gerade auch am E-Bike auf die richtige Gangwahl und Trittfrequenz achten. Um maximal effizient zu arbeiten – und somit eine höchstmögliche Reichweite zu gewährleisten – verlangen die meisten Motorkonzepte im Uphill nach Trittfrequenzen von 80 bis 90 Pedalumdrehungen pro Minute. Ein Wert, der sich auch positiv auf die eigene „Reichweite“ auswirkt, da auch unser Körper über längere Strecken im Bereich von 85 bis 100 Umdrehungen optimal arbeitet. Allerdings empfiehlt es sich durch das hohe Drehmoment am Hinterrad auf losem Untergrund durchaus mal zwei Gänge „zu schwer“ zu fahren, um mehr Traktion am Hinterrad zu erhalten.

Stichwort Traktion: Auch bei den Reifen und vor allem beim Reifendruck sollte man genauer hinsehen. Gerade breite, robuste Reifen, wie sie an E-Fullys die Norm sind, erlauben erstaunlich niedrigen Druck, was viel Komfort und Grip verspricht. Ein tolles Tool zum Finden des richtigen Drucks bietet Schwalbe (www.schwalbe.com/pressureprof/), hier lässt sich mit wenigen Klicks ein nützlicher Ausgangswert finden.

Technik-Tipps fürs Bergauf
Jeder, der schon mal mit seinem E-Bike an steilen Rampen zum Absteigen gezwungen war, wird das Problem kennen. Will man wieder anfahren, verliert entweder das Hinterrad an Traktion oder das Vorderrad beginnt zu steigen. Unser Tipp: Versuche so schräg zum Hang zu starten, wie es der Trail erlaubt, und mit dem bergseitigen Bein am Boden den Antrieb bei gezogener Bremse unter Spannung zu bringen. Dann den zweiten Fuß aufs Pedal und unter gefühlvollem Lösen der Bremsen anfahren. Diese Technik erfordert etwas Balance und ein ­gutes Gefühl für die richtige Belastung des Hinterrads, daher sollte man sie öfter mal in gemäßigtem Gelände üben.

Doch auch wenn ihr es nicht mehr in den Sattel schaffen solltet, lassen euch die Hersteller nicht mit den schweren Bikes allein im Wald stehen. Nahezu jeder Motor bietet eine manuell aktivierbare Schiebehilfe, welche euch bis etwa 6 km/h aktiv unterstützt. Ein durchrutschendes Hinterrad lässt sich mit druckvoller Hand am Sattel beheben.

An steilsten Rampen kommt der sogenannte Ritt auf der Sattelspitze ins Spiel. Dazu rutscht man am Sattel ans vorderste Ende, beugt den Oberkörper tief über den Lenker und versucht einerseits das Hinterrad optimal zu belasten und andererseits das Vorderrad am Boden zu halten. Eine Technik, die auf allen Bikes funktioniert.

Auf sehr losen Untergründen kann es am E-Bike aber helfen, das Hinterrad durch einen leicht abgesenkten Sattel zusätzlich zu belasten. Dies geht sogar so weit, dass das Vorderrad fast vom Boden abhebt. Für diese Technik ist viel Gefühl beim Treten und einiges an Übung gefragt.

Gerade auf Trails kann es auch nützlich sein, den Tritt etwas an Hindernisse wie Wurzeln oder Felsstufen anzupassen, um ein Aufsetzen von Pedal und Kurbel zu verhindern. Das zusätzliche Drehmoment der E-Antriebe ermöglicht es in horizontaler Pedalstellung auch ein paar Mal eine Viertel Pedalumdrehung rückwärts und anschließend wieder vorwärts zu treten, um die Pedale von Hindernissen fernzuhalten.

Größere Hindernisse wie kleine Baumstämme oder Äste lassen sich mit E-Mountainbikes bergauf ebenfalls relativ einfach überwinden. Dazu kurz vor dem Hindernis etwas beschleunigen, kurz aus dem Sattel gehen um das Vorder- und anschließend das Hinterrad anzuheben und danach entspannt weitertreten. Tipp: Manche Konzepte, etwa Boschs Performance CX im E-MTB-Modus, „schieben“ auch bei einer kurzen Tretpause für die entscheidende Sekunde weiter.
 

Tipp für Einsteiger: Bucht euch einen Fahrtechnikcoach – damit lernt sich vieles einfach schneller!

Technik-Tipps fürs Bergab
Bergab unterscheidet sich die E-Bike-Technik nicht grundlegend von jener am MTB. Die Basics dazu findet ihr in Wort und Bild erklärt online in unserem kostenlosen E-Paper zum Bikeguide 2022 ab Seite 160. Worauf gerade versierte Umsteiger von klassischen Trailbikes und Enduros hin zu schwereren E-MTBs jedoch achten sollten, ist das gewichtsbedingt etwas veränderte Handling am Trail. Gerade was Bremspunkt und „Flugverhalten“ betrifft, sollte man sich hier etwas Umgewöhnungszeit gönnen.

Was das Bremsen anbelangt, sollte man wie auf allen Bikes zwar mit beiden Bremsen gleichzeitig, tendenziell aber etwas mehr über das Vorder- denn über das Hinterrad verzögern. Speziell auf Naturtrails gilt allerdings auch für E-Biker: Wir wollen keine Spuren hinterlassen! Blockierende Hinterräder sind nicht „cool“, sondern ein Zeichen schlechter Fahrtechnik. Außerdem zerstören die gezogenen Furchen beim nächsten Regen die Wege und sorgen für unnötige Konflikte. Außerdem: Ein rollendes Rad lässt die Federung freier Arbeiten und bietet mehr Traktion als ein überbremstes. Lerne deine Geschwindigkeit zu kontrollieren und passe dein Tempo dem Trail und dem eigenen Fahrkönnen an. Ähnliches gilt für Abschneider – sind Kurven zu eng oder zu technisch, versuche dich ruhig öfter daran und versuche die richtige Linie zu finden. Wer keinen Spaß an der kurvigen Herausforderung findet, ist vielleicht auf einfacheren Trails oder Forststraßen besser aufgehoben.

Eine finale Exit-Strategie für steile Passagen: Musst du kontrolliert vom Rad, versuche erst abzubremsen, bring das Gesäß hinter den Sattel und löse den hinteren Fuß vom Pedal. Im Stillstand den zweiten Fuß vom Pedal nehmen. So stehst du sicher hinter dem Rad und kannst es im Fall der Fälle seines Weges rollen lassen.

Übung macht den Meister
Überall im Land bieten Bikeschulen mittlerweile Fahrtechniktrainings an, auch für E-Mountainbiker. Und, nein, nicht nur Einsteiger können dort gewaltig profitieren. Doch egal ob mit oder ohne professionelle Anleitung: Ein besserer Biker wird man im Sattel – also rauf aufs Bike, raus auf die Trails!