„Trailrunning“ heißt ganz klar der Trend dieser Laufsaison. SPORTaktiv-Redakteur Christoph Lamprecht prüfte im Selbstversuch, was passiert, wenn ein leidenschaftlicher City-Jogger ins bergige Gelände wechselt.

Von Christoph Lamprecht


Einfach loslaufen. Kopfhörer rauf, Musik an, Alltag aus. Als klassischer „Flachlandläufer“ ohne Wettkampfambition war das gleichmäßige „immer der Nase nach“ lange Zeit mein Trainingsmantra, mein Bauchgefühl gleichzeitig Antrieb und Coach. Befreundete Marathonis konnten darüber nur milde lächeln, blieben bei dieser „Trainingsplanung“ nennenswerte Leistungssteigerungen doch klarerweise aus.

Mich störte das nicht. Laufen bedeutete für mich, abzuschalten, den eigenen Körper kennenzulernen und auf ihn zu hören. So viel wusste ich sicher: Gleichmäßigkeit hat auch etwas Meditatives und beim Traben über längere Distanzen relativieren sich die kleinen Sorgen des Alltags innerhalb kürzester Zeit.

Deshalb sah ich auch wenig bis keinen Anlass, etwas an meiner Vorgehensweise zu ändern. „Never change a running system“ sozusagen. All das änderte sich schlagartig, als mir ein Kollege vorschlug, beim „Trailrunning-Camp“ im Salzburger Leogang unter der Leitung von Berglauf-Profi und Extremsportler Markus Kröll erstmals „laufend“ Höhenluft zu schnuppern. Etwas eingeschüchtert vom zu erwartenden Pensum sagte ich zu, und begann als Vorbereitung, abwechslungsreiche Laufstrecken mit entsprechenden Steigungen zu absolvieren.

Endlich war ich „offroad“ – und es fühlte sich gut an. Mit der neuen Herausforderung stiegen schließlich auch Motivation und Trainingserfolg, auch wenn ich mich in Sphären weitab von richtigem Höhentraining bewegte. Noch waren ein paar Wochen Zeit, bis im Rahmen des Trainingscamps Asitzberg und Co. bewältigt werden sollten, und ich war guter Dinge, dass meine Luft reichen würde. Zweifel kamen nur bei der Frage auf, ob ich meine Beinmuskulatur in dieser kurzen Zeit auch ausreichend auf „richtige Berge“, wie sie mich in Salzburg erwarteten, vorbereitet hatte.

IN DER GRUPPE AUF DEN BERG
Endlich ist es dann so weit. 38 Bergläuferinnen und Bergläufer beziehen im SPORTaktiv-Hotel Krallerhof im Salzburger Pinzgau ihr Trainingscamp-Quartier und Markus Kröll eröffnet das Trailrunning-Wochenende mit einer Vorschau aufs Programm. Als er verkündet, dass der Asitzberggipfel, wo sich auch heuer Anfang September wieder die Elite zum Berglauf-Weltcup trifft, wegen zu viel Schnees leider vom Plan gestrichen werden musste, atme ich auf und bin gleichzeitig etwas enttäuscht. Der allgemeinen Stimmung tut dies jedoch keinen Abbruch.

Als Goodie hatten die Kröll-Sponsoren Salomon und Suunto ihre aktuellen Schuh- und Uhrenmodelle für die Camp-Teilnehmer zum Testen nach Leogang geschickt. Mit der Multisportuhr Ambit3 am Handgelenk und dem Salomon-Schuh Fellcross an den Füßen absolviere ich den ersten eher gemütlichen Lauf durch die Pinzgauer Bergwelt ohne Probleme und habe dabei noch Zeit, die sich uns bietenden Bergpanoramen zu genießen. Schön ist’s hier, aber werde ich diesen Lauf auch morgen noch spüren?

TECHNIK UND KOORDINATION
Beim Lauftechnik-Training am nächsten Tag stoße ich bald an meine Grenzen. Einerseits sind für mich die meisten Übungen aus dem „Läufer-ABC“ komplett neu, andererseits hat doch die „lockere Runde“ vom Vortag Spuren hinterlassen. Allen Verweigerern sei es an dieser Stelle noch einmal ans Herz gelegt: Auch Technik und Koordination gehören – gerade im Gelände – zum richtigen Laufen dazu, und können nicht durch übermäßiges Kilometer-Sammeln ersetzt werden.

„Ich weiß eh, dass man das eigentlich regelmäßig machen sollte“, flüstert mir ein Kärntner Camp-Kollege während der einbeinigen Kniebeuge zu, „aber ganz ehrlich, in der Zeit renn ich lieber ein zweites Mal zum Gipfel.“ Alte Gewohnheiten legt man eben nur schwerlich ab ...

Beim Abendessen füllen wir unsere Kraftreserven mit lokalen Schmankerln auf und tauschen Erfahrungen innerhalb der bunt gemischten Läufergruppe aus. Besonders begehrt sind wieder die Plätze rund um Trailrunning-Hero Markus. Mit mehr als einem Vierteljahrhundert Lauferfahrung hat der Extremläufer einiges zu erzählen und wir lauschen gespannt.

Immer wieder betont Markus, wie wichtig eine gute Technik und die damit einhergehende Trittsicherheit in den Bergen ist – sowohl für Hobbysportler als auch für Profis. Nicht ohne Stolz verrät der sympathische Tiroler: „Bei meinem Rekordlauf am Berliner Höhenweg mit über 95,4 Kilometern und 13.320 Höhenmetern bin ich kein einziges Mal gestolpert oder hingefallen, obwohl ich gegen Ende schon ziemlich fertig war. Erst die Trittsicherheit ermöglicht es, solche Unternehmungen ohne unangenehme Zwischenfälle oder gar schwere Verletzungen durchzuziehen.“

Nach dem gemeinsamen Filmabend mit der Doku „Nur der Weg ist das Ziel“ stellt sich Hauptdarsteller Markus erneut unseren Fragen. Beeindruckt und mit etwas Wehmut ob des baldigen Endes der Trailrunning-Tage fallen mir im Hotelzimmer bald die Augen zu. Noch diese Nacht träume ich von Höhenmetern, für deren Umsetzung ich wohl noch etwas Training benötigen werde.

LAUFEN OHNE UNTERHITZE
Am Heimweg lasse ich das viel zu kurze Wochenende Revue passieren. Was bleibt, ist die unbändige Motivation, auch in Zukunft meine Laufeinheiten in höheren Gefilden zu bestreiten, meine Beinstabilität weiter zu verbessern und ab und zu auch technische
Hilfsmittel wie meine vernachlässigte Pulsuhr einzusetzen.

„Asphalt ist nur zur An- und Abreise da“, hat mir ein Trailrunning-Kollege in diesen Tagen sein Motto verraten. Auch wenn ich die Thematik entspannter sehe als so mancher Berglauf-Fex, reizen mich klassische Flachpassagen nicht mehr. Natürlich sind es neben der Umgebung und der Abgeschiedenheit auch die angenehmen Temperaturen, die den Berg gerade in diesem Sommer zum optimalen Abenteuer- und Trainingsspielplatz machen.

Wer sich also beim Laufen im Sommer die zusätzliche Unterhitze vom heißen Asphalt sparen möchte, sollte sich zukünftig in neue Höhen begeben. Dass es sich lohnt, über den eigenen Schatten zu springen, kann ich aus eigener Erfahrung versprechen.


Zum Weiterlesen: