Vom Zweimal-pro-Woche-Jogger zum Halbmarathon-Finisher. Als Einstimmung für unsere „Top 20“ Straßen-Events, skizzieren wir für euch mit Lauf- und Triathlontrainer Mag. Herwig Reupichler den Weg zur ­genussvollen Wettkampf-Teilnahme.

Christof Domenig
Christof Domenig

Wer zweimal die Woche die Laufschuhe schnürt und pro Einheit fünf bis acht Kilometer zurücklegt, befindet sich in bester Gesellschaft. Und zwar mit vielen, die schon gern laufen – aber an eine Wettkampf-Teilnahme kaum noch gedacht haben. Dabei ist ein Halbmarathon, und zwar ein „in Würde“ (und keineswegs im hinteren Teil des Feldes) absolvierter, mit diesem Bewegungspensum schon absolut in Reichweite!
 

Das bestätigt auch der Lauftrainer und Sportwissenschafter Herwig Reupichler. Warum ein 21,1 km langer Halbmarathon sogar die beste Wettkampf-Einsteigerdistanz im Laufen ist, begründet sich so: „Der Halbmarathon hat etwas Heroisches im Namen, aber zugleich ist das Wettkampftempo nicht so intensiv wie über 10 oder gar 5 Kilometer. Es ist für diese Distanz auch keinerlei hochintensives Training notwendig. Ein Halbmarathon-Training für Hobby­läufer ist somit perfekt für den Stressabbau – genau das, was die meisten im Laufen suchen.“

Die einzige Umstellung, die für die vielen „zweimal pro Woche“ Laufenden notwendig ist: eine dritte Laufeinheit. „Mit dreimal Laufen kann man physiologisch gesehen richtig viel bewegen“, so Reupichler, „und es macht auch nichts, wenn es sich zwischendurch doch nur zweimal ausgehen sollte.“ Motivieren sollte vor allem der Benefit der dritten Einheit: Während man bei zweimal Laufen pro Woche bald auf der Stelle tritt und das Laufen selbst – Hand aufs Herz – oft eher als mühsam empfunden wird, fällt es bei drei Einheiten schnell spürbar leichter. Man kommt, bei gleicher Herzfrequenz, bald schneller und leichtfüßiger voran. Um all das zu spüren, braucht es auch keine vielstündigen Läufe, sondern einfach Konsequenz und Regelmäßigkeit.

Abgesehen vom „Erlebnis Lauf­event“, ist ein Halbmarathon als gesetztes Ziel daher ein perfekter Motivator, um dieses neue Level im Läuferleben zu erreichen. 

Training nach Herzfrequenz

Mit einer Leistungsdiagnostik lassen sich die persönlichen optimalen Herzfrequenzbereiche exakt ermitteln. Einsteiger verbinden eine Leistungsdiagnostik sinnvollerweise mit einer internistischen Untersuchung und einem Belastungs-EKG. Vor allem drei ermittelte Werte sind relevant: 

  • die maximale Herzfrequenz (HFmax);
  • die aerobe Schwelle, die meistens bei rund 70 % der HFmax liegt; 
  • und die anaerobe Schwelle, sie liegt meist bei rund 90 % der HFmax.

Auf Faustformeln (wie z. B. 220-Lebensalter) zur Ermittlung der HFmax zurückzugreifen, ist nicht zu empfehlen – die individuellen Werte können stark abweichen. Alternativ kann man die HFmax eher so selbst ermitteln: 1000 m zügig laufen und anschließend 200 Meter sprinten, jetzt ist die Herzfrequenz nah am Maximalwert.

Vier Monate Vorbereitungszeit
Rund vier Monate sollten sich wettkampfunerfahrene Hobbyläufer für die Vorbereitung auf den ersten Halbmarathon Zeit nehmen. Zeitpuffer für mögliche kleine Rückschläge (z. B. Krankheiten) sind dabei schon „eingepreist“. Und mit diesem gesteckten Zeitrahmen läuft man auch nicht Gefahr, Muskeln oder den Bewegungsapparat zu überlasten. Denn während sich das Herz-Kreislauf-System schneller adaptiert, brauchen Muskeln und vor allem die „passiven Strukturen“, also Sehnen, Bänder und Gelenke, etwas länger, um sich an eine gestiegene Belastung anzupassen.

Von selbst versteht es sich, dass die drei Einheiten möglichst gleichmäßig über die Woche verteilt sein sollen – z. B.: Montag, Donnerstag, Samstag. So bleibt genügend Zeit für die Regeneration, während der Körper sich an die steigende Trainingsbelastung anpasst. Wer das „Unternehmen Halbmarathon“ jedoch wirklich seriös angehen will, startet mit einer Leistungsdiagnose, wo man auch die individuellen Herzfrequenzbereiche fürs Training erhält (siehe Kasten). Und man holt sich sportmedizinisch grünes Licht fürs regelmäßige Training. 

Die drei Einheiten
Ein Halbmarathontraining für freudvolles Durchlaufen beim Event (in einer Zielzeit von rund um zwei Stunden) ist dann grundsätzlich keine komplizierte Sache: Unser Lauftrainer empfiehlt, die drei Laufeinheiten folgendermaßen aufzuteilen: in ein Intervalltraining, einen Dauerlauf und einen langen Lauf. Das Intervalltraining, am besten zu Wochenbeginn angesetzt, wird mit Intervallen (je nach Lust, Laune und Trainingszustand mehrmals pro Einheit 200 m bis 1500 m zügig – mit Geh- oder Trabpausen dazwischen) an der anaeroben Schwelle, die in der Regel bei 90 % der maximalen Herzfrequenz liegt, gelaufen. Der Dauerlauf Mitte der Woche wird bei etwa 80 % der HFmax absolviert. Diese beiden Einheiten sind nach 40 bis 60 Minuten erledigt. Herzstück des Halbmarathontrainings ist der wöchentliche lange Lauf, ein „Long Jog“ bei etwa 70 % der HFmax. Vom Gefühl also wirklich locker: jedenfalls deutlich langsamer laufend, als man könnte und es das Gefühl diktiert. Dieser Lauf wird über die Trainingswochen sukzessive auf etwa 90 bis 120 Minuten ausgedehnt. 

Fleißige streuen einmal pro Woche nach einem Lauf, noch vorm Duschen, ein kleines Stabilisationstraining ein. Aber mehr braucht es schon nicht, um bei einem typischen Straßen-­Halbmarathon mittendrin statt nur dabei – und garantiert kein Hindernis für die anderen – zu sein.

Nicht zu schnell starten
Zwei Tipps vom Trainer noch: Bei einem Halbmarathon ist schon Kohlenhydratnachschub im Rennen gefragt, am besten in Form von Gels. Wobei Verträglichkeiten individuell sind, also im Training unbedingt ein paar Mal austesten, ob man das Produkt seiner Wahl veträgt. Die Banane bei der Labestation ist für den Kohlenhydratnachschub im Rennen eher ungeeignet, vor allem nicht, wenn sie nicht wirklich reif ist.

Und: Fast alle Hobbyläufer starten zu schnell. Auf den ersten 11 Kilometern soll man sich wirklich in Zurückhaltung üben. Wenn man sich dann gut fühlt, kann man danach langsam zulegen und ab Kilometer 18, 19, falls noch Kohlen vorhanden sind, Gas geben. Da wird man dann noch etliche Konkurrenten hintenraus „einsammeln“. Wer auf Pulskontrolle im Rennen Wert legt: Mit 85 bis 90 Prozent der HFmax kann man als gut vorbereiteter Hobbyläufer seinen Halbmarathon durchlaufen.  

Mag. Herwig Reupichler
Mag. Herwig Reupichler

ist Sportwissenschafter, Lauf- und Triathlontrainer in Graz, betreut ­Leistungs- und Freizeitathleten.

Web: www.sportpark-­athletik.at