Was hat es mit dem Eiweiß auf sich hat, oder besser gesagt: Warum Eiweiß zwar nur maximal 15 Prozent der täglichen Gesamtenergie ausmacht – und trotzdem so wichtig gerade für den sportlichen Körper ist.


Beginnen wir unsere Ernährungsschulung wieder mit simplem Basiswissen: Bei körperlicher Anstrengung erfolgt die Energiebereitstellung vorwiegend aus Fetten und Kohlenhydraten. Fette haben dabei einen Gesamtenergieanteil von 30 Prozent, Kohlenhydrate von 50 bis 55 Prozent. Eiweiße decken also mit 10 bis 15 Prozent mengenmäßig den geringsten Anteil ab.
Warum wir uns dann trotzdem so ausführlich ums Eiweiß kümmern? Nun, obwohl dieser Anteil so klein ist, ist er von großer Wichtigkeit für den Schutz unserer Muskelzellen und sorgt zum Beispiel bei Verletzungen für eine rasche Heilung. Proteine, wie die Eiweiße auch genannt werden, sind außerdem wichtig fürs Bindegewebe und sorgen für Stabilität bei lang andauernder körperlicher Belastung. Sie spielen weiters eine wichtige Rolle im Flüssigkeitshaushalt, bei der Produktion von Enzymen und Hormonen. Bedeutend sind Eiweiße außerdem für ein gut funktionierendes Immunsystem.

ZUSAMMENSETZUNG DER PROTEINE
Bei derart beeindruckenden Leistungen ist es also wohl wert, dass wir uns diesen Baustoff genauer anschauen: Proteine setzen sich aus einer Kette von Aminosäuren zusammen. Die Aminosäuren sind also die Bausteine der Eiweiße. Insgesamt sind 25 verschiedene Aminosäuren bekannt. Ein Protein besteht aus mindestens 300 Aminosäuren die sich in der Anordnung und Anzahl unterscheiden.
Unser Körper kann Aminosäuren zum Teil selbst herstellen, damit der Organismus nicht auf die Zufuhr durch Essen angewiesen ist. Jene Aminosäuren, die der Körper nicht selbst produzieren kann und durch die Nahrung aufgenommen werden müssen, bezeichnet man als „essenzielle Aminosäuren“. Wer’s genau wissen wissen will: Diese neun „Essenziellen“ heißen Valin, Leucin, Isoleucin, Lysin, Phenylalanin, Tryptophan, Methionin, Threonin und Histidin.

DIE EIWEISS-QUELLEN
Der Körper ist beim Aufbau von Muskelmasse darauf angewiesen, dass alle Aminosäuren zur Verfügung stehen. Liegt ein Mangel an nur einer Aminosäure vor, so ist die Eiweißbildung blockiert. Daher ist es wichtig, dass durch die Nahrung immer alle essenziellen Aminosäuren aufgenommen werden.
Eiweiße kommen sowohl in tierischen als auch in pflanzlichen Lebensmitteln vor. Tierische Proteinquellen sind gleichzeitig oft sehr fettreich. Pflanzliche hingegen sind fettärmer und haben einen höheren Kohlenhydratanteil.

  • Tierisches Eiweiß steckt in: Fleisch, Fisch, Eier, Milch und Milchprodukten.
  • Pflanzliches Eiweiß steckt in: Getreide, Erdäpfel, Hülsenfrüchten.

Generell sind aber tierische Eiweißquellen hochwertiger als pflanzliche, weil sie mehr essenzielle Aminosäuren enthalten. Für alle Sportler zeigt sich damit erneut, wie wichtig eine abwechslungsreiche Ernährung ist. Soll heißen: Du solltest dich nicht nur von einer einzigen Eiweißquelle ernähren, sondern Fleisch, Fisch, Milchprodukte und Getreide abwechseln.

BEDARF AN PROTEINEN
Der genaue Eiweißbedarf ist vom Trainingszustand und -ausmaß abhängig. Die Empfehlungen liegen bei 0,8 g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht (kg KG) pro Tag. Dieser Bedarf erhöht sich bei Kraftsportlern auf 1,2 bis 1,7 g/ kg KG und bei hartem Ausdauertraining auf 1,2 bis 1,6 g/kg KG.
Extremsportler können sogar einen Bedarf von 2,0 g/kg KG haben. Bevor jetzt aber so mancher ehrgeizige Sportler gleich zum Riesen-Eiweiß- Shake greift: Laut Studien haben wir Österreicher durch unsere eher fleischhaltigen Ernährungsgewohnheiten im Schnitt eine Eiweißaufnahme von 1,6g/ kg KG. Durch eine ausgewogene Ernährung kann also der Proteinanteil im Normalfall gedeckt werden!

ZUVIEL DES GUTEN
Eine Zufuhr über 2,0 g/kg KG hätte keinen zusätzlichen muskelaufbauenden Effekt, sondern würde sich negativ auf die Gesundheit auswirken! Deshalb sollten zusätzliche Eiweißshakes nicht wahllos getrunken werden.
Auch ein zu hoher Fleischkonsum würde sich ebenso negativ auf die Gesundheit auswirken. Fleisch liefert gleichzeitig viel Fett, Cholesterin und Purine. Und diese Purine liefern als Stoffwechselendprodukt Harnsäure, die sich wiederum in Gelenken und Sehnen ablagern kann. So kann es zu Nierensteinen, Gicht und erhöhter Verletzungsgefahr kommen.
Bei einer zu hohen Proteinaufnahme fallen vermehrt weitere Stoffwechselendprodukte wie Ammoniak, Harnstoff und Kreatinin an, die der Körper ausscheiden muss. Dafür wird Energie verbraucht, was sich in der sportlichen Leistung als leistungsmindernd auswirkt. Und: Alle ausscheidungspflichtigen Substanzen werden über die Niere entsorgt – ein dauerhaft zu hoher Eiweißkonsum kann deshalb Nierenprobleme verursachen.
Damit es nicht zu Schäden kommen kann, ist es am besten, den eigenen Eiweißbedarf einmal zu berechnen. Eine 60 kg schwere Frau mit einem Bedarf von 0,8 g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht hat einen Eiweißbedarf von 48 g täglich. Nachstehende Tabelle zeigt, dass es durch eine ausgewogene Ernährung garantiert nicht zu einem Eiweißmangel kommt:

EIWEISS IM AUSDAUERSPORT
Im Ausdauersport liegt der Bedarf zwischen 1,2 und 1,6 g/kg KG am Tag. Bei längerer Belastung wird nach dem Kohlenhydratspeicher auch das Eiweiß energetisch verwertet. Es werden also Muskeln abgebaut. Außerdem kommt es zu Strukturschäden an Eiweißzellen die dann wieder durch eine gesteigerte Eiweißbildung repariert werden müssen.

EIWEISS IM KRAFTTRAINING
Generell gilt, dass ohne Training, also ohne Muskelreize trotz erhöhter Eiweißzufuhr kein Muskelzuwachs erfolgt. Die beste Wirkung wird bei Krafttraining dann erzielt, wenn vor und/ oder gleich nach dem Krafttraining Eiweiß gegessen wird. Wichtig ist, dass nicht mehr als 30 Gramm pro Portion gegessen werden – mehr kann der Körper auf einmal nicht aufspalten und es würde zu Durchfällen kommen!
Fürs Krafttraining mit dem Ziel von Muskelzuwachs braucht dein Körper 1,2 bis 1,7 g Proteine pro Kilogramm Körpergewicht. Ein 80 kg schwerer Mann mit einem Bedarf von 1,5 g braucht demnach 120 g Eiweiß täglich.
Für die Erhaltung der Muskelmasse sollte die Zufuhr auf 1,2 g pro Kilogramm Körpergewicht reduziert werden. Erhöhst du die Zufuhr auf 2,0 g, hast du keine weitere muskelaufbauende Wirkung!

EIWEISS BEI DER REGENERATION
Der muskuläre Aufbau erfolgt am besten nach dem Training. Damit aber auch die Regeneration nach dem Sport bestmöglich funktioniert, solltest du Eiweiß mit Kohlenhydraten in Kombination essen. Du kannst dies mittels einer Mischkostmahlzeit oder mit einem Kohlenhydrat-Eiweiß-Präparat tun. Leicht verträgliche, also rasch verdauliche Mahlzeiten unterstützen eine schnellere Regeneration. Shakes sind generell leicht verdaulich, hier musst du aber darauf achten, dass du nicht mehr als 2 Gramm Eiweiß pro Kilo am Tag zu dir nimmst. Shakes haben oft eine sehr hohe Konzentration an Eiweiß!

EMPFOHLENE PROTEINQUELLEN FÜR SPORTLER

  • Fettarme Milchprodukte: Magertopfen, Joghurt, Buttermilch, Hüttenkäse
  • Mageres Fleisch (also ohne sichtbares Fett): die Sorte ist egal
  • Hülsenfrüchte: Sojabohnen, Erbsen, Bohnen, Linsen
  • Eiklar – aber nicht in roher Form
  • Fisch: Kabeljau, Scholle, Seelachs, Seezunge, Forelle


UNSERE LEBENSMITTEL UND IHR EIWEISSGEHALT
250 ml Buttermilch: 9 g Eiweiß
250 g Joghurt: 8,5 g
250 ml Milch: 8,5 g
30 g Brie: 6,4 g
30 g Emmentaler: 8,9 g
1 Hühnerei: 7,7 g
150 g Rindfleisch: 30,9 g
150 g Schweinefleisch: 31,6 g
150 g Putenbrust: 35,2 g
150 g Dorsch: 26,3 g
150 g Kartoffeln: 3,1 g
150 g Kichererbsen: 12,1 g
100 g Roggenvollkornbrot: 6,8 g
100 g Banane: 1,2 g
50 g Mandeln: 9,2 g

 

Agnes Meyer

DIE EXPERTIN
AGNES MEYER arbeitet als ausgebildete Diätologin in einem Reha-Zentrum und ist spezialisiert auf Stoffwechsel- sowie Sporternährung.
Diätologen haben eine medizinisch fundierte Ausbildung, weshalb es ihnen auch erlaubt ist, in Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäusern zu arbeiten.
Kontakt: Praxis 2432, Schwadorf bei Wien
diaet.meyer@gmx.at

 

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