Wer im Familienverband auf Bike-Tour geht, muss vor allem eines: denken wie der Nachwuchs. Über passende Touren und den richtigen Blickwinkel, damit Große und Kleine auf ihre Kosten kommen.

Lukas Schnitzer
Lukas Schnitzer


Blockierendes Hinterrad am Schotterweg, spritzende Pfütze in der Hauseinfahrt, der erste kleine Rausch der Geschwindigkeit im Lauftempo von Mama und Papa: Kinder lieben es, mit dem Lauf- oder Fahrrad die Welt zu entdecken. Mit Betonung auf allen drei Elementen: Fahrrad – Entdecken – Welt. Von Lacke über Bach zu See, von Schnecke über Eichkätzchen zu Kuh und von Almwiese über Spielplatz zu Kletterfelsen: So erschließt sich dem Nachwuchs die Umgebung von klein nach groß. Und egal ob beim Weg zum Eissalon, oder auf ersten echten MTB-Ausflügen: Wer mit der Familie auf Biketour geht, muss denken wie der Nachwuchs. Schweißtreibende Anstiege durch dunkle Wälder, Sätze wie „nur noch drei Kehren“ oder Höhenmeter als Preis fürs Panorama haben schon so manch begeistertem Jungbiker die Freude am Sport verhagelt. Soll die ganze Familie nachhaltig Spaß am stollenbereiften Biken finden, muss man sich schon etwas mehr aus dem Hemdsärmel schütteln als „nur“ eine abgespeckte Tour mit den Kumpels. Kleine Abenteurer wollen Abenteuer erleben.

Highlights, ja – aber bitte nicht im sportlichen Sinn
Mit etwas Planung und Feingefühl kann Biken mit der ganzen Familie bereits recht früh klappen. Anfangs mag dabei ein Anhänger gute Dienste leisten. Dort finden nicht nur die Kids, sondern auch ein Laufrad Platz. Irgendwann zwischen dem sechsten und siebenten Lebensjahr bringt das Gros der Kinder schließlich ausreichend Ausdauer – und auch Konzentration auf Verkehr und Straße – mit, um einfache Touren zu fahren. Mit etwas Übung klappen ab da dann meist auch schon Ausfahrten auf Schotterwegen und Forststraßen. 

Allerdings sollte man die eigene Freude am sportiven Biken einbremsen. Mehr als 300 Höhenmeter werden für Kinder bald anstrengen und vor allem langweilig. Klar sind auch Runden mit 20 bis 30 Kilometern möglich, diese sollten dann aber zu großen Teilen gleichmäßig entlang einer Höhenschichtlinie verlaufen. Allerdings gehören dann viele Pausen unbedingt dazu. Essen und Trinken, aber eben auch Spiel und Spaß sind ein Muss. 
Für Peter Donabauer vom TVB Filzmoos stehen hier viele der einfacheren Almenrouten mit ihren sanften Strecken fernab vom Verkehr, der ständig wechselnden Landschaft und der vielfältigen Tier- und Planzenwelt rund um die Almhütten hoch im Kurs. Eine Möglichkeit den Radius zu erweitern sieht Alexandra Sasse von Innsbruck Tourismus in der Einbindung von Bergbahnen. Damit lässt sich tief in die alpine Welt vordringen, ohne in einer langen Auf- oder Anfahrt den Unmut der Familie auf sich zu ziehen.

Wie auch immer die Tour aussehen soll und darf, im Urlaub sollte man sich unbedingt Tipps von ortskundigen Profis holen, rät Do­nabauer. Gerade das Thema Höhenmeter ist für viele Freizeitsportler schwer einzuschätzen, aber Profis vor Ort wissen auch um die Besonderheiten ihrer Tourentipps bestens Bescheid. Wartet unterwegs ein kleiner Badesee, gibt es einen Abenteuerspielplatz, tolle Kletterbäume oder -felsen, vielleicht einen interessanten Übungsparcours respektive Pumptrack oder gar alte Burgmauern? Was uns Landschaft und Kulinarik, das ist dem Nachwuchs Abenteuer und Natur – auch abseits vom Sattel.

Erste Schritte im Gelände
Oft schätzen Eltern die Fähigkeiten ihrer Kids falsch ein – und zwar in beiden Extremen des Spektrums. Trailparks wie etwa jene rund um die Wexl Trails mit Pumptrack und sehr einfachen Einsteigertrails sieht Maria Maier vom TVB Wiener Alpen für Familien als idealen Start ins „echte“ Mountainbiken. Und auch Sasse sieht einen „Bike & Fun“-Tag, beispielsweise im Bikepark Innsbruck, aktuell bei Urlaubern hoch im Kurs. 
Ein erfahrener Guide kann den Kids aber mit wenig Equipment auch schon auf der Wiese hinterm Hotel die Bike-Basics näherbringen. Wer die richtige Brems- und Kurventechnik sowie die Balance und Gewichtsverteilung am Bike von Kindesschuhen an „richtig“ lernt, der spart sich nicht nur unnötige Stürze, sondern wird auch mit schnellem Lernfortschritt belohnt.

Gerade der Trend zum einfachen Flow-Trail macht Familien den Einstieg in die Welt der Trails einfach. Dass der Nachwuchs lieber 100 Höhenmeter hochkurbelt, wenn er sich danach in einer endlos langen Wellenbahn wieder gen Tal schrauben darf, liegt auf der Hand. In vielen Regionen lassen sich solche Trails mit gemütlicher Hüttenrast und kleinen Wald- und Wasserabenteuern zu Touren verknüpfen.

Ich packe meinen Rucksack …
Ob nun mit oder ohne Trails: Mit auf Tour muss immer ein gut gefüllter Rucksack. Die kleine Jause, ein paar Müsliriegel und ausreichend Flüssigkeit verstehen sich von selbst. Wer ohnehin auch alleine mit Rucksack auf Tour geht, sollte sein Ersatzmaterial rund um Pumpe, Werkzeug und Co eventuell noch um Schläuche in passendem Format für die Kinderräder ergänzen. Zusätzlich empfiehlt es sich auch immer, ausreichend Wetterschutz für die ganze Familie einzupacken. Und auch ein Erste-Hilfe-Set gehört mit zur Grundausstattung.

Gerade im Urlaub erkennen die Touristiker einen klaren Trend zum Leihbike. Nicht nur, dass man sich bei der Anreise viel Ärger mit dem Material erspart – vielmehr lässt sich im Verleih auch stets das perfekte Bike für die Tour finden. Möchte der Nachwuchs ins Gelände schnuppern, gelingt dies wahrscheinlich mit einem geeigneten leichten Mountainbike besser als mit dem eigenen Stadt-Flitzer für den Schulweg. Und auch wenn es ein heiß diskutiertes Thema ist: Auf mancher Tour lassen sich Radius und Fahrspaß für die Familie auch mit E-Bikes erheblich steigern, stellt Marlene Krug vom TVB Saalbach Hinterglemm abschließend in den Raum – das „E“ nicht nur für Mama und Papa, versteht sich.