Wer regelmäßig läuft, tut viel für seine Fitness! Wirklich? Wolfgang Kühnelt, passionierter Wettkampfläufer, unterwarf sich im Rahmen einer umfassenden Fitness-Studie einem wochenlangen Selbstversuch – und lernte die Grenzen seines Körpers kennen.

Von Wolfgang Kühnelt


Vor ein paar Wochen landete da diese E-Mail in der Inbox. Absender: Ein freundlicher Kollege. Inhalt: Ob ich vielleicht Lust hätte, an einer Studie teilzunehmen. Nein, keine Sorge: Die Rede war nicht von neuen Medikamenten oder geheimnisvollen Nahrungsergänzungsmitteln. Geboten wurden vielmehr fünf Wochen betreutes Training, dazu ein kostenloser Fitness-Check. Ort des Geschehens: Das Studio Vibes am Grazer Hauptplatz, praktischerweise ganz in der Nähe meines Büros. Die Anfrage passte auch vom Timing her wie bestellt, denn kurz zuvor hatte ich gelesen, dass Läufer, die ihre Zeiten verbessern wollten (Hallo, hier bitte!), vor allem mehr Kraft und Beweglichkeit bräuchten, zum Beispiel im Hüftbereich.

Das Problem: Bei einem wie mir, der es sogar schafft, beim Laufen durch die starre Haltung des Oberkörpers Schulterschmerzen zu bekommen und der (abgesehen vom Wochenendeinkauf) seit Jahren nichts mehr Schweres gehoben hat, löst allein das Wort „Fitness-Studio“ schon Nervosität und Schweißausbrüche aus.

Nach kurzer Recherche gefiel mir das Angebot dennoch, denn ich sollte im Studio Vibes nicht, wie befürchtet, Hanteln stemmen, sondern in schlanken 30 Minuten „funktionelle Übungen“ für den gesamten Körper absolvieren. Nach etwas Zögern beantwortete ich die E-Mail also positiv und wenige Tage danach saß ich beim Start-Workshop zur Fitness-Studie. Personal Coach Mario Nerad erklärte dem interessierten Publikum, was da in den kommenden Wochen auf uns zukommen würde: Mindestens zweimal die Woche Training und das über 5 Wochen. Fitness-Check vorher und nachher. Zur Steigerung des erhofften Erfolges gab man uns noch Ernährungstipps mit auf den Weg.

Anfang Feber folgte die Diagnostik: In möglichst enger Kleidung wurde ich fotografiert, gemessen und gewogen, mein Fitnesszustand mit verschiedenen kleinen Tests erhoben. Das Ergebnis war aus meiner Sicht rundum erfreulich: Fitness-Status gut bis sehr gut, Körpergewicht ideal – auch wenn ich mich bei manchen Kraft- und Balanceübungen nicht wirklich geschickt anstellte. Aber das sollte erst der Vorgeschmack sein ...

STEINALT UND DOCH ERFRISCHT
Drei Tage später die erste Probe aufs Exempel. 9 Uhr morgens, wir versammeln uns zu zehnt zur „Fitness“-Einheit. Ich stehe erstmals in meinem Leben auf einer vibrierenden Power Plate und muss möglichst tief in die Hocke gehen. „Die Knie sollen hinter den Fersen bleiben“, korrigiert Trainer Heinz Dolenc freundlich, aber bestimmt, meine bemitleidenswerte Haltung. 30 Sekunden rüttelt mich die Platte durch, dass mir Hören und Sehen vergeht. Ich dachte eigentlich, zumindest meine Oberschenkel wären gut trainiert, aber das war wohl ein Irrtum. Während neben mir teilweise deutlich ältere Damen und Herren die Übungen korrekt und scheinbar spielerisch absolvieren, bin ich bereits nach ein paar Minuten erschöpft und freue mich jedes Mal, wenn nach den 30 Sekunden eine kurze Pause wartet.

Nach dieser Premiere fühle ich mich gleichzeitig steinalt und doch spürbar erfrischt. Das Ziel der stets durch Trainer angeleiteten Übungen schildert mir Mario Nerad später so: „Funktionell heißt, dass wir Trainings machen, die Alltagsbewegungen nachempfunden sind, zum Beispiel aus einem Sessel aufzustehen, sich strecken. Vor allem aber forcieren wir auch Gegenbewegungen zum Alltag, um wirksam gegen die Folgen des stundenlangen gebeugten Sitzens anzugehen.“ Das alles mit je einem Trainer oder einer Trainerin für maximal fünf Personen. Da bleibt keine falsche Haltung verborgen, und dass ich gerade wieder meine Knie nach innen statt nach außen drehe, wird sofort erkannt und behoben.

Das nächste Meeting zwischen meinem Körper und dem Vibes-Programm ist dann eine halbe Stunde „Back“. Wie der Name schon verrät, geht es hier vor allem um die Kräftung des Rückens, aber auch meine Oberschenkel bekommen wieder einiges zu tun. Ob in den Schlaufen hängend, auf dem Ball hin und her rollend oder auf der Power Plate im Seitstütz keuchend – ich bin richtig gefordert. Trotzdem merke ich erste positive Effekte. Und immerhin kann ich die 50 Meter zurück ins Büro ohne sichtbare Probleme hinter mich bringen.

Auch Mario freut sich über meine positive Grundstimmung und lädt mich für Training Nr. 3 zur „Men“-Einheit. Es ist Freitagnachmittag, neben mir ein halbes Dutzend gut durchtrainierter Herren, die wahlweise orange oder grüne Kettlebells mit 8 bzw. 12 Kilo in die Höhe wuchten, mit ausgestreckten Armen halten oder sonst wie mit ihnen hantieren. Nur ein Teilnehmer schafft nichts davon, ohne zu schwindeln und leidet mit den gelben „Babyhanteln“ (4 Kilo) vor sich hin. Dreimal dürft ihr raten, wer ...

Nach dieser schmerzhaften Erfahrung erzählt mir Mario ein wenig über des Läufers Defizite im Bereich der Oberarme und Schultern und gibt mir Übungen mit auf den Weg. Als ich am nächsten Tag erwache, habe ich deutliche Anzeichen einer Grippe, völlig unabhängig vom Fitness-Programm. Außerdem kann ich mich weder schnäuzen noch ein Glas Wasser zum Mund führen. Kurz gesagt: Ich kann meine Arme kaum mehr bewegen. Letzteres dürfte dann doch mit den „Men“-Übungen und den gelben Kettlebells zusammenhängen und lässt erst nach drei Tagen wirklich nach.

MOTIVIERT ZUM WEITERMACHEN
Nach einer Woche mit Fieber im Bett und drei Kilo Gewichtsverlust (so geht’s auch) ist klar: Die Teilnahme an der Studie kann ich abschreiben. Die gute Nachricht aber ist: Ich habe mich von der Grippe bestens erholt und auch vom Muskelkater in den Armen. Und ich gehe weiterhin zweimal wöchentlich ins Vibes: Meine Rücken- und Bauchmuskulatur hat spürbare Fortschritte gemacht. Ich habe keine Schulterschmerzen mehr, weder beim Laufen noch beim Sitzen im Büro. Und ich gönne mir immer wieder gerne an längeren Arbeitstagen eine dieser erfrischenden
30-Minuten-Einheiten im Studio. Auch wenn ich nach wie vor regelmäßig der Teilnehmer bin, der am meisten mit sich und den Geräten zu kämpfen hat. Aber auch das wird sich noch ändern ...


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