Woher haben Kohlenhydrate ihren schlechten Ruf? Was ist dran an "Low Carb"? Und warum bitte gibt’s vor jedem Lauf eine "Nudelparty"? Sport und Ernährung – eine unendliche Geschichte mit vielen offenen Fragen und Unklarheiten. Darum kann’s nicht schaden, wieder einmal „back to the roots“ zu gehen und die wichtigsten Bausteine unserer Ernährung zu erklären. Diesmal im Fokus: Kohlenhydrate.


Bevor wir ins Detail gehen, nochmals die grundsätzliche Botschaft: Sportler sollten sich auch „sportangepasst“ ernähren – also anders als Nichtsportler. Nichtsportler vermeiden zum Beispiel eine Gewichtszunahme oft durch ein 3-Mahlzeiten-Prinzip. Bewegungshungrige dagegen sollten durch die sportliche Betätigung und den dadurch erhöhten Verbrauch nicht nur öfter essen – ihr Nährstoffbedarf ist auch anders zusammengesetzt.

Um die optimalen Nährstoffe zu erhalten und dadurch die sportliche Leistungsfähigkeit zu unterstützen, ist es wichtig, dass jeder Sportler, jede Sportlerin grundsätzlich weiß, wie man dem eigenen Körper die beste Versorgung zukommen lässt. Und wir starten unsere Aufklärungsserie mit dem am häufigsten benötigten Ernährungsbaustein – den Kohlenhydraten. Die derzeit ja nicht unbedingt den allerbesten Ruf haben: Viele Zeitschriften springen auf den Trend der sogenannten „Low carb“-Diäten auf. Generell mag diese „Schlank durch wenig Kohlenhydrate“-Diät zwar kurz erfolgreich sein, langfristig ist sie aber sicher nicht als Dauerernährung geeignet – und vor allem bewegungsbegeisterten Menschen ist von einer Low Carb-Diät völlig abzuraten!

Vielmehr sind gerade Kohlenhydrate mengenmäßig der wichtigste Nähstofflieferant, weil der Körper die aufgenommenen Kohlenhydrateam schnellsten zu Energie umwandeln kann. Ohne eine bedarfsgerechte Zufuhr von Kohlenhydraten ist also auch deine Leistungsfähigkeit eingeschränkt! Oder in Zahlen ausgedrückt: Grundsätzlich sollte eine gesunde Ernährung zu 50 Prozent aus Kohlenhydraten, zu 10 bis 12 Prozent aus Eiweiß und unter 30 Prozent aus Fett bestehen. Bei sportlich aktiven Menschen verschiebt sich diese Verteilung sogar auf 55 bis 60 Prozent Kohlenhydrate, 10 bis 15 Prozent Eiweiß und 25 Prozent Fett.

ARTEN DER KOHLENHYDRATE
Zur Gruppe der Kohlenhydrate zählen alle Sättigungsbeilagen wie Reis, Kartoffeln, Knödel, Nudeln, alle Getreidearten, aber auch Brot, Gebäck und alle Obst- und Gemüsesorten. Aber durch die Art ihrer Zusammensetzung unterscheidet man wiederum drei verschiedene Arten von Kohlenhydraten:

Einfache Kohlenhydrate

  • Monosacchararide, Traubenzucker (Glukose), Fruchtzucker (Fruktose), Schleimzucker (Galaktose) - sind unter anderem enthalten in Honig, Obst
  • Disaccharide, Rohrzucker (Saccharose), Malzzucker (Maltose), Milchzucker (Laktose) - sind unter anderem enthalten in Zuckerrübe, Milch


Komplexe Kohlenhydrate

  • Polysaccharide, pflanzliche Stärke, Dextrine, Amylose - sind unter anderem enthalten in Getreide, Brot, Reis, Nudeln, Jülsenfrüchte, Kartoffeln


Kohlenhydrate werden ausschließlich in ihrer „einfachen Form“, den Monosacchariden, in den Körper aufgenommen. Polysaccharide dagegen müssen erst im Darm aufgespalten werden, um ins Blut zu gelangen. Was bedeutet, dass der Körper dafür Energie verwenden muss. Damit sich dieser Aufwand nicht in einer Leistungsminderung äußert, sollte man ...

  • komplexe Kohlenhydrate bis zum Tag vor der Belastung essen;
  • einfache Kohlenhydrate maximal 90 Minuten vor der Belastung essen.


FUNKTIONEN DER KOHLENHYDRATE
Sind die Kohlenhydrate in Monosaccharide gespalten, werden sie ins Blut aufgenommen. Dort werden sie zur Leber (Leberglykogen) sowie zu den Muskeln (Muskelglykogen) transportiert. Leberglykogen wird vor allem für die Aufrechterhaltung des Blutzuckerspiegels benötigt. Muskelglykogen wird für die Muskelarbeit herangezogen. Bei diesem Vorgang bestätigt sich noch einmal die Wichtigkeit für Kohlenhydrate für den Sportler: Je mehr Kohlenydrate direkt im Muskel gespeichert sind, desto mehr Kraft kann schnell herangezogen werden.

Für den Ausdauersportler ist es besonders wichtig, dass die Kohlenhydrat- Speicher im Muskel möglichst groß sind. Sind die Glykogenspeicher nach oder noch während der sportlichen Aktivität geleert, muss der Körper gespeichertes Fett zur Energieverbrennung heranziehen. Zur Verbrennung von Fett wird allerdings mehr Sauerstoff benötigt was die Leistungsintensität senkt. Kohlenhydrate sind für jeden Sportler mengenmäßig die wichtigste Energiequelle! Nudeln, Kartoffeln, Brot und Co. sollten nicht vom Speiseplan gestrichen werden! Obst, Gemüse und Salate runden das Kohlenhydratangebot ab.

WIE VIELE KOHLENHYDRATE DU WANN BRAUCHST

  • Grundsätzlicher Bedarf: Die empfohlene Menge der Kohlenhydratzufuhr liegt bei 6 bis 10 g/kg Körpergewicht (KG). Beispiel: Eine 70 kg schwere Person mit einem Bedarf von 8 g pro Kilogramm Körpergewicht soll am Tag 560 g Kohlenhydrate essen. Zur Orientierung: Eine Banane enthält 25 g Kohlenhydrate, 1 Scheibe Brot enthält 45 g Kohlenhydrate, 2 Semmelknödel enthalten 60 g Kohlenydrate.
  • Außerhalb des Trainings und Wettkampfs sollten Polysaccharide bevorzugt werden – also komplexe Kohlenyhdrate, die reichlich Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe enthalten. Dazu zählen: Vollkornprodukte (z. B: Nudeln, Brot, ...) Hülsenfrüchte (Bohnen, Kichererbsen, …), Gemüse, Obst, Kartoffeln, ungezuckertes Müsli (am besten selbst gemischt).
  • Die letzten 3 bis 4 Tage vor dem Wettkampf sowie auch nach dem Wettkampf empfehlen sich kohlenhydratreiche Gerichte in Kombination mit kaliumreichen Lebensmitteln und Eiweiß. Kalium fördert die Einlagerung von Glykogen in den Muskel. Zu den wichtigsten Kaliumlieferanten zählen Obst und Gemüse. Ideal sind 4 bis 5 kleine, kohlenhydratreiche und fettarme Mahlzeiten am Tag.
  • Am Tag der körperlichen Anstrengung: Kurz vor längeren und intensiven Belastungen (Training, Wettkampf) ist es von Vorteil, leicht verdauliche Kohlenhydrate, wie zum Beispiel weißer Toast, weißes Brot, weiße Nudeln, Fruchtsäfte oder Reisgerichte zu essen. Die Muskelglykogenspeicher werden dabei geschont und gleichzeitig voll aufgefüllt. Weil ein voller Magen Training oder Wettkampf behindert, sollte 90 Minuten davor nichts mehr gegessen werden.
  • ... und gleich nach dem Wettkampf: Weil die Kohlenhydratspeicher nach dem Sport geleert sind, sollten sie bis zu einer Stunde nach der Belastung wieder aufgefüllt werden! So werden die Glykogenspeicher vergrößert und es kommt zu einer Leistungssteigerung. Die Speicherkapazität von Glykogen liegt im Durchschnitt bei 400 g. Mit entsprechendem Training und einer kohlenhydratbetonten Ernährung, besonders gleich nach dem Training, können diese Reserven auf 750 g gesteigert werden.
  • Nach dem Sport eignen sich einfache Kohlenhydrate wie zum Beispiel: Sportgetränke, Bananen, Kartoffeln, weißes Gebäck, Trockenfrüchte, Honig, Energieriegel, Fruchtsäfte.
Agnes Meyer
Agnes Meyer

arbeitet als ausgebildete Diätologin in einem Reha-Zentrum und ist spezialisiert auf Stoffwechsel- sowie Sporternährung. Diätologen haben eine medizinisch fundierte Ausbildung, weshalb es ihnen auch erlaubt ist, in Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäusern zu arbeiten.

Kontakt:
Praxis 2432, Schwadorf bei Wien
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