Skitourengehen ist viel zu schön, um es bloß auf ­Tagesausflüge zu beschränken. Vorschläge für ­Touren, zu denen sich auch eine weitere Anreise und Über­nachtung lohnt. Und Tipps, was es rund um diese ­Highlight-Touren zu beachten gilt.

Christof Domenig
Christof Domenig

Es gibt die schönen Skitouren: Vielleicht hat man sie vor der Haustür oder man setzt sich frühmorgens ins Auto und steigt dann ein, zwei Stunden später, in Erwartung eines lässigen Tags, in die Bindung. Und dann gibt es Highlight-Skitouren. Solche, für die das Motto gilt: Höher, weiter, größer. Wo Berge und Schnee anders sind als gewohnt und die Hochstimmung noch einmal euphorischer ist als daheim bei der Haus-und-Hof-Skitour. Für die man auch eine weite Anfahrt in Kauf nimmt, Urlaubstage nimmt, ein Quartier bucht und die man lange im Voraus fett im Kalender anstreicht.

Touren, Regionen und Gipfel mit klingenden Namen, Ski-Hochtouren auf Gletschern – wie man sie etwa im Nationalpark Hohe Tauern rund um die höchsten Gipfel Österreichs, Großglockner und Co., findet. Oder auch lässige Mehrtagestouren – wie es etwa die „Juliana Skitour“ in den slowenischen Julischen Alpen bietet. Von solchen Highlights ist hier die Rede. Damit aber alles glattgeht und das Erlebnis so grandios wird, wie man es sich verspricht: Dafür haben wir bei Skitouren-Experten Tipps eingeholt.

Frühe Planung – „Plan B“ gefragt
Eine längere Anreise und Übernachtung vorsausgesetzt, wird die Highlight-Skitour einen über einen längeren Zeitraum feststehenden fixen Termin haben. Das heißt aber auch: Wetterbedingt einfach kurzfristig verschieben geht nicht, wenn etwa das Quartier schon gebucht ist. „Skitourengehen ist ein Outdoorsport“, sagt der Bergführer und Skitouren-Experte Martin Edlinger von den Naturfreunden Österreich dazu, „die Verhältnisse kann ich nicht ändern, das ist einfach Glück oder Pech.“ 

Wobei – ganz stimmt das nicht: Denn die Wahrscheinlichkeit für gute Bedingungen kann man mit der Terminsetzung bis zu einem gewissen Grad beeinflussen. Es kommt darauf an, was es sein soll, sagt Edlinger: Schwerpunkt Tiefschneeabfahrten mit Pulverschnee? Dann wird man im Hochwinter, irgendwann von Jänner bis März, am besten dran sein. Rok Zalokar, Bergführer aus der Region Julische Alpen in Slowenien, ist dagegen selbst ein Fan des späten Winters: „Ich mag perfekten Frühlingsschnee am liebsten. Da ist die Lawinengefahr tendenziell geringer und die Tage sind auch schon länger.“ Edlinger bestätigt: „Bei hochtourenlastigen Highlights mit Gletscher macht es Sinn, sie spät in der Saison anzusetzen, im späten März oder April. Die Tage sind schon länger, die Spaltensituation ist besser, die Wärme hat mehr Einfluss auf die Schneedecke – was bessere und sicherere Verhältnisse bringt.“

Eine Garantie für gute Verhältnisse vor Ort ist das freilich trotzdem nicht. Was man aber tun kann und soll: Sich mit der Zielregion vorab ausführlich beschäftigen, Alternativen, etwa tiefer gelegene Ziele kennen, „wenn mein Highlight-Ziel dann vor Ort nicht möglich sein sollte“, so Martin Edlinger: „Mein Tipp wäre hier, möglichst früh mit der Planung zu beginnen. Unter anderem deshalb, um Zeit für eine gute Recherche zu haben. Wo sind die Tourenmöglichkeiten, die ich machen will, wenn alles passt? Und wo die Plan-B-Varianten, die Ausweichmöglichkeiten.“ 

Fit genug fürs Highlight?
Wer früh plant, hat auch mehr Zeit, an der Kondition zu arbeiten. Denn es ist logischerweise ein Unterschied, wenn ich zu Hause Skitouren mit 700 Höhenmetern gehe und dann ein 3000er mit 1400 Höhenmetern am Plan steht. „Das beste Training für Skitouren sind Skitouren“, weiß Edlinger – der dennoch empfiehlt, bei Bedarf mit Ausdauer- und Krafttraining nachzuhelfen. „Ich würde raten, sich an die anvisierte Höhenmeterzahl beim Highlight nicht nur heranzutasten, sondern diese auch einmal zu übertreffen, um Reserven zu haben.“ Und nicht vergessen: Touren im lockeren Pulver gehen ungleich leichter von den Beinen als solche bei schwerem Schnee. Der Skitechnik wiederum hilft regelmäßiges Variantenskifahren im Skigebiet auf die Sprünge. 
„Geht es auf den Gletscher, stellen sich zudem Fragen wie: Kann ich das Erforderliche? Zum Beispiel eine Spaltenbergung? Besteht Bedarf, sollte ich einen Hochtourenkurs besuchen“, so Martin Edlinger.

Die Alternative ist, einen Bergführer fürs Highlight zu engagieren. Der Vorteil gerade eines ortsansässigen geprüften Bergführers ist auch, so der Hinweis von Rok Zalokar, dass der Bergprofi das Gelände und auch die besten Alternativen kennt, falls die Verhältnisse nicht ideal sind. Sich erst vor Ort kurzfristig einen Bergführer zu suchen, falls die Verhältnisse nicht passen, kann dagegen durchaus schwierig bis unmöglich sein. Wie beim Quartier gilt es auch beim Bergführer, möglichst früh zu reservieren. 

Gruppengröße und Zusammensetzung
Wer noch über wenig Skitouren-Erfahrung verfügt, sollte schauen, ob im Zielgebiet nicht sowieso geführte Touren in kleinen Gruppen von Alpinschulen oder alpinen Vereinen angeboten werden: Auf solchen ist nicht nur der Erlebniswert, sondern auch der Lerneffekt groß. „Man kann viel lernen, besser entspannen und genießen“, bringt es Rok Zalokar auf den Punkt.

Welche Gruppengrößen sind auf Skitouren im Sinn von Erlebnis wie von Sicherheit eigentlich ideal? „Zu dritt oder viert ist man einerseits beweglich, andererseits ist es für die Sicherheit eine gute Größe“, rät Zalokar. „Kommt darauf an“, lautet die differenzierte Antwort von Martin Edlinger: „Bei steilem, technisch schwierigem Gelände wie am Glockner sind zwei Personen ideal. Auf flachen Gletschern, wo ich mich anseilen muss wie am Großvenediger, hat man bei einem Spaltensturz zu zweit dagegen schlechte Voraussetzungen, da ist eher eine Sechser-Gruppe ideal.“ Ohne Pauschalaussagen zu treffen, „sind vier bis sechs Personen auf Skitouren eine gute Größe – abhängig vom Gelände.“

Noch ein Hinweis: Privat zusammengestellte Gruppen sollten konditionell nicht zu stark differieren und es gilt sicherzustellen, dass das Know-how in der Gruppe für die Unternehmung vorhanden ist.

Checkliste für die Ausrüstung
Wäre ärgerlich, wenn ausgerechnet beim Highlight ein Teil der Ausrüstung nicht mitmacht. Martin Edlingers Checkliste dazu: „neue Batterien ins LVS-Gerät, wenn man eine Woche wo hinfährt – unabhängig davon, was das Gerät anzeigt. Die Felle rechtzeitig checken lassen – es gibt nichts Blöderes, als wenn die Felle nicht halten. Generell ein Skiservice machen, die Bindung prüfen lassen, die Ski wachseln.“ 

Wer einen elektronischen Airbag besitzt, soll nicht vergessen, ihn vorab aufzuladen. Wird auf Hütten übernachtet, ist auch die Mitnahme eines Akkupacks anzuraten, da Lademöglichkeiten fürs Handy meist zwar vorhanden sind, aber nicht in Übermaß. Und werden mehrere Tage hintereinander gegangen, genügend Reservebekleidung einplanen, falls einmal über Nacht nicht alles trocken wird.

Bleibt noch ein wichtiger Hinweis: Auch eine Highlight-Skitour mit weiter Anreise ist es nicht wert, mehr zu riskieren, als man es daheim tun würde. Passen die Verhältnisse nicht, kommt Plan B zu tragen. Da ist dann wieder klar im Vorteil, wer, wie eingangs beschrieben, fleißig vorgeplant hat. 

Martin Edlinger
Martin Edlinger

ist staatl. gepr. Berg- und Skiführer und leitet die Abteilung Bergsport bei den Naturfreunden Österreich

E-Mail: martin.edlinger@naturfreunde.at
WEB: www.naturfreunde.at

Rok Zalokar

ist Bergführer in der Region Julische Alpen in Slowenien.

WEB: www.julian-alps.com