Dass ich nach meiner Karriere einmal Vorträge halte, Kolumnen schreibe oder auf anderem Weg der Öffentlichkeit Ratschläge erteile, habe ich mir früher nicht vorstellen können. Mittlerweile tu ich es doch gelegentlich und die Resonanz darauf ist durchwegs gut.

Von Christoph Sumann


Ich glaube, ein wesentlicher Grund für die positiven Rückmeldungen ist, dass ich dabei auf eine „Anleitung zum Erfolg", wie es viele tun, verzichte. Sondern stattdessen lieber einfach das erzähle, was ich erlebt habe. Vom Auf und Ab und von den Siegen genauso wie von den (in Summe wesentlich mehr) Niederlagen.

Eine Geschichte, die ich gern erzähle, ist jene, als ich vom Langlauf zum Biathlon umgestiegen bin. Es war im Jahr 2000, ich hatte nach einem Übertrainingssyndrom Trainingsverbot und keinen „Kaderstatus" mehr. Eigentlich stand ich vor dem Aufhören. Von einem ÖSV-Trainer kam dann ein Anruf mit der Idee: „Probier's doch mit Biathlon."

Einen Versuch ist es wert, dachte ich mir. Das nötige Equipment habe ich mir in Eigenregie besorgt und im Alter von 24 Jahren ganz neu begonnen. Mit Schießen hatte ich bis dahin nichts am Hut. Bis zu diesem Zeitpunkt war ich außerdem voll in das „System Skiverband" integriert, wo man alles vorgegeben bekommt. Es war gar nie notwendig gewesen, etwas Neues zu probieren, sondern es waren immer Vorgaben da, an die ich mich zu halten hatte.

Der Wechsel zum Biathlon war ein Sprung ins kalte Wasser und es hätte völlig in die Hose gehen können. Ist es zum Glück nicht – was nicht heißt, dass ich in meiner weiteren Karriere keine Rückschläge mehr einzustecken hatte. Aber es war auch der erste echte Schritt in Richtung Selbstständigkeit. Mein körperliches Potenzial konnte ich nach dem Umstieg rasch wieder abrufen, fit war ich ja, und letztendlich war es genau jener Impuls, den ich gebraucht habe. Ein Glückstreffer – und für die Idee mit dem Biathlon bin ich dem damaligen Trainer heute noch dankbar.

Diese Episode passt auch deswegen hier her, weil das Frühjahr für viele der Anlass für einen (sportlichen) Neustart ist. Da denk ich mir: Querdenken, auch ein Anstoß von außen, zahlt sich oft aus. Garantie für einen Erfolg hat man natürlich keinen, aber wenn man nichts versucht und riskiert, wird man auch nichts gewinnen. Was ich auch gelernt habe: Wenn sich der Erfolg nicht gleich einstellt, soll man hartnäckig bleiben, sich selbst treu bleiben und das machen, was einem Spaß macht. Und andererseits trotzdem den Mut haben, etwas zu verändern, wenn man merkt, dass es absolut nicht passt. Auch radikal, wenn es sein muss.

Als Freizeitsportler hab ich mir eine Zeit lang den Ironman eingebildet und dieses „Projekt" auch durchgezogen. Mittlerweile weiß ich, dass der Triathlon für mich nicht das Wahre ist. Erstens bin ich kein großer Schwimmtrainierer, zweitens muskulär einfach nicht für die langen Laufdistanzen geschaffen. Trotz mehrerer Jahrzehnte Spitzensport hab ich diese Erkenntnisse erst als Freizeitathlet gemacht, und wenn ich es nicht versucht hätte, würde ich es nicht wissen. Oder: Als Schüler hatte ich bei jedem Referat schweißnasse Hände – und heute taugt es mir, wenn ich zu einem Vortrag eingeladen werde. Also: Neugierig bleiben, immer wieder Neues auszuprobieren, hat mich in Summe stets weiter gebracht – und so werde ich es für mich auch weiter halten.

Der Kolumnist

CHRISTOPH SUMANN war als Biathlet viele Jahre Weltklasse. Nun ist er selbst aktiv in der Hobbysportszene unterwegs und notiert hier für die SPORTaktiv-Leser seine Erlebnisse, seine Eindrücke – und seine Tipps.


Web: www.christoph-sumann.com


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