Der Steirer Stefan Arvay ist als Athletiktrainer für die Fitness des U21-Fußball-Nationalteams und des GAK verantwortlich. Ein Job, der sich in den letzten 15 Jahren stark verändert hat.

Klaus Molidor
Klaus Molidor

Der Stempel mit dem Stefan Arvay kraft seiner Position früher versehen war, war wenig schmeichelhaft. Als „Schinder“ waren die Kondi-Trainer vor 15, 20 Jahren punziert. Mittlerweile heißt die Position Athletiktrainer und hat sich auch deutlich gewandelt. „Früher ist es wirklich vorrangig um die Ausdauer gegangen und man ist viel gelaufen“, erinnert sich der Steirer. Früher, das war Ende der 1990er- Jahre, als er als Sportwissenschafter und ehemaliger Triathlet in das Fußballgeschäft gekommen ist. Unter Klaus Augenthaler hat er beim GAK die Leistungstests gemacht.

„Später hat mich Werner Gregoritsch dann als Kondi-Trainer geholt, ich hab erst die Vorbereitungen gemacht und bin dann ins Trainerteam gekommen.“ Sein damaliger Chef ist auch sein aktueller beim U21-Nationalteam. „Werner Gregoritsch war schon damals innovativ, hat Videoanalysen gemacht und auch auf ein Athletiktraining Wert gelegt.“ Heute ist Arvays Arbeit aber ganz anders. „Es wird schon noch gelaufen, aber deutlich weniger“, sagt er. Wirkliche Defizite könne sich auf diesem Niveau kein Spieler mehr erlauben. Die Zusammensetzung der Truppe im Wandel der Zeit unterstreicht diese Aussage. Waren es um die Jahrtausendwende fast ausschließlich Spieler aus Österreichs zweithöchster Spielklasse, so stehen heute schon neun Legionäre im Kader der U21. 

Bei den Teamlehrgängen geht es die ersten Tage daher auch vorrangig um Regeneration. „Wir arbeiten viel mit der Blackroll und diversen Massagegeräten“. Dann steht auch die Verletzungsprophylaxe im Mittelpunkt. Also wie bei Hobbysportlern Rumpfstabilität, Bein­achsenstabilität und Koordination. „Damit sie ihre PS auch auf den Boden bringen.“ Der Schwerpunkt der Arbeit als Athletiktrainer liegt aber auf der Schnelligkeit. „Die entscheidet heute in sehr, sehr vielen Sportarten über Sieg oder Niederlage. Man braucht sich ja nur ein Fußballspiel von vor 15 Jahren ansehen um zu erkennen, wie sehr sich dieser Bereich entwickelt hat.“ Diesen Bereich kann man aber nur bis zu einem gewissen Grad trainieren. „Weil es auch Veranlagungssache ist, wie viel schnelle Muskelfasern man hat.“ 

Die Daten machen die Spieler "gläsern", verstecken kann sich da keiner mehr. 

Stefan Arvay

Gearbeitet wird dann auch mit Sprints, vor allem aber mit Maximalkraftübungen. „Also Kniebeugen mit Gewicht, viele Übungen mit Langhanteln“, berichtet Arvay. „Sehr viele dieser Übungen kommen aus dem Gewichtheben.“ Die Schnelligkeit und die koordinativen Fähigkeiten sind die Bereiche die man bei den Spielern maximal entwickeln kann. Bei Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit reicht es die Spieler auf ein gutes (sportartspezifisch optimales) Niveau zu bringen. „Es ist deutlich aufwendiger einen schon sehr guten Läufer oder Triathleten im Ausdauerbereich noch besser zu machen, weil eben diese eine Fähigkeit maximiert werden muss und irgendwann stößt man dann auch an die genetischen Grenzen“, erklärt Arvay.

Die Ausdauer ist ein Bereich, an dem es bei einem Fußballer nicht scheitern darf, wenn das der Fall ist, „liegt das auch an der Eigenverantwortung. Ausdauer ist einfach zu trainieren, die Methoden sind bekannt, man muss es nur regelmäßig machen, dann wird man auch besser.“ Immerhin ist der Mensch ein „Ausdauertier“ und genetisch darauf programmiert sich täglich (!) ausdauernd zu bewegen. „Aber das“, sagt Arvay, „haben wir leider verlernt bzw. vergessen.“  Auch die Ausdauereinheiten werden heute sehr viel öfter mit Ball gemacht, anstatt nur Kilometer zu fressen. „Wenn der Pulsbereich stimmt, ist es dem Herz-Kreislauf-System egal, ob du geradeaus läufst oder fußballspezifische Übungen machst.“

Die Arbeit eines Athletiktrainers findet aber längst nicht mehr nur auf dem Platz statt. Dank der Vielzahl an Daten, die heute beim Training aufgezeichnet werden, kann man die Trainings noch genauer steuern. „Wir haben beim U21-Team im Jahr 2017 das erste Mal mit einem Trackingsystem gearbeitet, in der Vorbereitung auf die EM 2019 haben wir es intensiv und erfolgreich eingesetzt“, sagt Arvay. „Beim GAK arbeiten wir seit einem Jahr mit den Shirts der steirischen Firma QUS, die enorm viele Daten aufzeichnen. So sehen wir zum Beispiel, wer wann wie viele Sprints mit welcher Geschwindigkeit und welcher Herzfrequenz gemacht hat.“

Er arbeitet auch eng mit Datenanalyst Philipp Klöckl zusammen, der die Daten auswertet. Dadurch kann das Trainerteam die Einheiten besser planen und steuern. „Es gibt zum Beispiel einen Belastungswert, der sich Player Load nennt. Man kann den beim Training live tracken und schauen, wie lange man eine spezielle Übung noch laufen lassen kann, bis der maximale Player Load dieser Einheit erreicht ist“, erklärt Arvay. Oder man kann auch die Abstoppbelastung messen. „Die ist für den Muskelkater verantwortlich. Wenn ich 50 Mal aus dem Lauf abrupt stehen bleiben muss, ist das besonders anstrengend.“ Auf diesem Sektor hat sich vor allem in den letzten drei, vier Jahren enorm viel getan. „Ich sitze schon ebenso lange am PC, wie ich am Platz stehe.“ Die Daten machen die Spieler „gläsern“, verstecken kann sich da keiner mehr im Mannschaftsgefüge. Andererseits motiviere es die Spieler auch, in jedem Training ihre Werte zu verbessern. 

Es wird schon noch gelaufen, aber deutlich weniger. 

Stefan Arvay

Auch die Ernährung spielt eine Rolle
„Da schaue ich schon auch mit drauf, bin aber kein Ernährungsberater“, sagt Arvay. Mittlerweile legen die Spieler auch selbst schon viel Wert darauf und schlagen da auch im privaten Bereich kaum über die Stränge. „In der deutschen Bundesliga gibt es sogar Spieler, die einen eigenen Koch haben. Und Liverpool hat ein Küchenteam von sogar 26 Leuten.“ Professionalität also in allen Bereichen, mit dem Ziel, die Spieler noch fitter, gesünder, leistungsfähiger, schneller zu machen. „Man kann das Athletiktraining heute viel genauer und effizienter planen und steuern“, sagt Arvay. „Und trotzdem kannst du im Spiel nicht alles planen. Das ist schön und da sind das Fingerspitzengefühl und die Erfahrung der Trainer gefragt.“

Was ihm an seiner Arbeit ebenfalls viel Spaß macht: „Die Physiologie funktioniert seit Tausenden von Jahren gleich. Klar gibt es immer neue Wege bestimmte Ziele zu erreichen und Dinge zu verbessern. Aber der Körper funktioniert immer gleich.“ Egal, ob Hobby­sportler oder Profifußballer.

KADER U21
TOR: Fabian EHMANN (Aris Thessaloniki/GRE), Ammar HELAC (Austria Wien), Tobias LAWAL (LASK)

ABWEHR: Emanuel AIWU (Admira), Kevin DANSO (Fortuna Düsseldorf/GER), Leo GREIML (Rapid), Christoph KLARER (Fortuna Düsseldorf/GER), Lukas MALICSEK (Admira), Dario MARESIC (Stade Reims/FRA), David SCHNEGG (WSG Swarovski Tirol), Manuel THURNWALD (Altach), Maximilian WÖBER (Salzburg)

MITTELFELD: Kelvin ARASE (Rapid), Yusuf DEMIR (Rapid), Robert LJUBICIC (St. Pölten), Matthäus TAFERNER (WAC), Patrick WIMMER (Austria Wien), Hannes WOLF (Borussia Mönchengladbach/GER)

STURM: Marco GRÜLL (SV Ried), Nicolas MEISTER (St. Pölten), Marko RAGUZ (LASK), Alexander SCHMIDT (St. Pölten), Patrick SCHMIDT (FC Barnsley/ENG)