Laufen ist einfach. Doch wer ein paar ­Trainingsregeln beherzigt, läuft ­garantiert noch länger, schneller, ­besser. Und bleibt mit größerer Wahrscheinlichkeit langfristig verletzungsfrei. 12 häufig gehörte Fragen von ­Hobbyläufern haben wir den ­Experten Mag. Kurt Steinbauer und Dr. Robert Fritz gestellt.

Von Christof Domenig und Christoph Heigl

  
1. Wie finde ich als Lauf­anfänger die richtige Intensität und Dauer?
Zweimal in der Woche für 30 oder 40 Minuten ganz langsam zu laufen, kann am Anfang ­völlig reichen. „Männer laufen dabei meistens zu schnell, Frauen meistens zu langsam“, wie der Sportmediziner Dr. Robert Fritz in der Praxis beobachtet. Dann steigert man den Umfang, dann die Intensität und danach kann man Intervalle (Wechsel aus schnell und langsam) beginnen. Praxistipp: Zweimal pro Woche dem Gefühl nach „zu langsam“ laufen und einmal pro Woche subjektiv „zu schnell“. Immer dasselbe Wohlfühltempo einzuschlagen, bringt keine Leistungssteigerung.

2. Welcher Intensitätsbereich wirkt generell am besten?
Diese Frage schließt gleich an die erste an: „Intervall­training ist für jeden Läufer zu empfehlen“, hält Kurt Steinbauer dazu fest. Dank der hohen Belastungs­spitzen erzielt man die schnellsten Fortschritte. Um diese hohen Reize aber zu verkraften, gehören viele lange Grundlagen-Einheiten ebenfalls auf den Trainingsplan. Gerade der mittlere Intensitäts­bereich, der oft als „Wohlfühlbereich“ empfunden wird, bringt leider für die Leistungssteigerung am wenigsten. Dafür viel für die Gesundheit.

3. Wie kann ich sicher sein, dass mein Lauftraining nützt?
Eine simple und effektive Methode, den Trainingsfortschritt zu überprüfen, ist ein Testlauf alle vier Wochen, wie ihn Steinbauer empfiehlt. Dafür definiert man einen fixen Tag (etwa den letzten Samstag im Monat), läuft eine vordefinierte (z. B. 6 km lange) Strecke bei konstantem Puls (z. B. 145) und stoppt die Zeit. Wer das regelmäßig macht, ist bezüglich seines Trainingsfortschritts auf dem Laufenden.

4. Was sind die größten Gefahren beim Laufen?
Für Robert Fritz eindeutig Verletzungen nach Überforderung. „Die gefährlichsten Rennen sind Staffel­marathons und die Businessruns. Wenig Training, hohe Motivation – weil jeder den Chef schlagen will“, sagt Fritz. Wobei: „Nur zu Hause auf dem Sofa zu sitzen, ist gefährlicher als jede Laufveranstaltung.“

5. Was ist zusätzlich zum Lauftraining wichtig?
Kraftübungen – und da Klassiker wie Liegestütze, Sit-ups, Klimmzüge, Kniebeugen – sind ein guter Ansatz. Zusätzliche Reize für die Rumpfstabilität kann man mit MFT-Boards erzielen, Koordinationsübungen und Yoga sind auch beliebt. Fritz: „Stabilität ist wichtig, denn Laufen ist, wie Radfahren, ein einbeiniger Sport. Die Belastungen kommen immer abwechselnd von einem Bein.“

12 häufig gestellte Läuferfragen und ihre Antworten

6. Warum Rumpfstabilisation?
Vorrangiges Ziel der oft ungeliebten Rumpfübungen ist die Verletzungsvorbeugung, erklärt Kurt Steinbauer. Rumpftraining verbessert die Hüftstabilität und das wiederum wirkt sich positiv auf die Beinachsen aus. Zwar werden wichtige, kleine Muskelgruppen der Körpermitte beim Laufen auch mittrainiert, wie man heute weiß. Doch es braucht viel Zeit, bis sich das muskuläre System dadurch anpasst. Werden Trainingsumfänge zu schnell gesteigert, sind muskuläre Probleme und Schmerzen oft die Folge. Was der SPORTaktiv-Laufcoach seit Jahren predigt: „Das Herz-Kreislaufsystem spricht auf ein Lauftraining viel schneller an als die‚ passiven Strukturen‘, sprich: Muskeln, Sehnen, Bänder und Gelenke‘.“

7. Ist die Lauftechnik abseits des Leistungssports wichtig?
Auch dabei geht es vor allem darum, Zwangspausen zu verhindern. „Der große Benefit einer sauberen Lauftechnik ist eine Verletzungsvorbeugung und Überlastungsvermeidung.“ Deshalb macht es auch für Nicht-Leistungsläufer Sinn, einen optimalen Bewegungsablauf anzustreben. Im Blickpunkt der Lauftechnik stehen die Füße und daraus resultierend die Beinachse. Eine Video-Laufstilanalyse gibt Aufschluss. Zeigen sich Probleme, lässt sich ein Teil über den richtigen Laufschuh ausgleichen. Oft sind gezielte Kräftigungs- und Koordinationsübungen empfehlenswert.

8. Wie finde ich den optimalen Zeitpunkt fürs nächste Training?
Trainings- und Regenerationszeit zu timen, ist nicht einfach. Faustregeln wie „ein Tag Pause nach jedem Training“ sind eben bloß eine grobe Annäherungen ans Optimum. Manche Sportuhren zeigen über die sogenannte Herzratenvariabilität den optimalen Zeitpunkt für das nächste Training an – doch stimmen solche Berechnungen auch? „Durchaus“, sagt Kurt Steinbauer, „für Hobbysportler ist das ein sehr gutes Feature.“ Echte Leistungssportler kommen dagegen nicht umhin, auch in ermüdetem Zustand Trainingseinheiten draufzusetzen, weil sie in Blöcken trainieren. Für Erholung sorgen eigene Regenerationsblöcke.

9. Soll ich einen Trainingsplan eisern einhalten oder lieber auf mein Gefühl hören?
Auch eine Gratwanderung: Einerseits kennt jeder gezielt Trainierende den „inneren Schweinehund“, der manchmal überwunden werden will. Andererseits weiß niemand besser als man selbst, wie man sich vor einem Training fühlt. Kurt Steinbauer sieht einen „variablen Trainingsplan“ als ideal an, der möglichst oft analysiert und aktualisiert wird. Sein Tipp bei akuter Trainings-Unlust: „Sein Training nicht um jeden Preis durchziehen, aber auch nicht ganz ausfallen lassen, sondern eher eine leichtere Alternative suchen.“ Manchmal ist einfach auch der Einstieg etwas mühsam, und einmal unterwegs, stellt sich die Lust dann ein.

10. Wie viele Wettkämpfe kann ich jährlich laufen?
Von Vielläufern eine gern gestellte Frage. Kurt Steinbauer empfiehlt zwei Saisonhöhepunkte (z. B. zwei Marathons) zu planen, „an denen die höchste Leistung abgerufen werden kann“. An Halbmarathons sind zwei bis drei möglich, bei denen man am Anschlag laufen will. Oder man plant eine Wettkampfserie mit drei bis fünf kurzen Volksläufen ein. Wer mehr Bewerbe mitlaufen will, kann das natürlich auch, aber bitte nicht jedes Mal mit Bestzeit-Ambition.

11. Ist (Wettkampf-)laufen eine Gefahr fürs Herz?
Ein regelmäßiges Ausdauertraining ist neben gesunder Ernährung das beste Mittel für ein starkes Herz-Kreislauf-System und zur Vorbeugung typischer Zivilisationserkrankungen. Dennoch gilt: Auch Läufer können verengte Gefäße und Herzprobleme haben. Was im Alltag vielleicht nicht auffällt, kann bei hoher Belastung unter Umständen zum Problem werden. Kurt Steinbauer empfiehlt allen Laufeinsteigern eine internistische Untersuchung und ein Belastungs-EKG. Ab 35 soll man sich einmal jährlich mittels Belastungs-EKG checken lassen. So ist man auf der sicheren Seite.

12. Soll ich die Vorfuss-­Lauftechnik erlernen?
Eine von ambitionierten Läufern oft gestellte Frage. Einfache Antwort gibt es darauf keine, aber Kurt Steinbauer hat eine klare Meinung: „Sich darüber den Kopf zu zerbrechen, heißt viel Mühe mit wenig Erfolgsaussicht.“ Vorfußlaufen funktioniert nur in einem bestimmten Tempobereich wirklich als ökonomische Bewegungsform. Und die Kniebelastung ist zwar geringer, die Aufprallkräfte verteilen sich aber bloß anders. Besser, als dieser Glaubensfrage hinterherzulaufen: an der Gesamtkoordination arbeiten, die Basisstabilität erhöhen.
  

Mag. Kurt Steinbauer                      

Mag. Kurt Steinbauer
ist Sportwissenschafter, Leistungs­diagnostiker und Lauftrainer in Graz und Deutschlandsberg (St).

Web: www.spiritofsports.at
Dr. Robert Fritz
Dr. Robert Fritz

Der Sport- und Ernährungsmediziner ist einer der Gründer und medizinischer Leiter einer Unit der „Sportordination“ in Wien und einer der bekanntesten Sportärzte in Österreich. Als „SPORTaktiv-Doc“ beleuchtet er kompetent in jeder Ausgabe ein Sport- oder Ernährungsthema.


Web: www.sportordination.com