Digitale Glücksspiele boomen, nur bleiben die Muster hinter dem Klicken oft im Halbdunkel. Studien zu Online-Casinos liefern inzwischen die ersten systematischen Blicke auf etwas, das lange vermutet wurde, nämlich Spiegelungen im Sport. Spieler bewegen sich nicht nur auf Plattformen, sie nehmen Risiko, Frequenz und Wechselgewohnheiten mit in ihre Sportaktivitäten.


Nach Angaben des Handelsblatt Research Institute waren 2023 rund acht Prozent der deutschen Internetnutzer regelmäßig auf Online-Casino-Seiten unterwegs (Juni 2024). Was auffällt: Dynamiken des Glücksspiels tauchen auch im Sport auf, nur unter anderer Flagge. Weniger Vereinsliebe, mehr Reiz, Unterhaltung und schnelle Chancen. So wirkt es zumindest.

Hohe Nutzungsfrequenz und Risikoaffinität im Sport
Online-Casino-Daten deuten an, dass aus hoher Nutzung häufig starkes Involvement entsteht. In einer Erhebung des Handelsblatt Research Institute gaben acht Prozent an, überhaupt Online Casino Spiele zu nutzen; etwa ein Viertel davon spielt mindestens wöchentlich, ein nicht kleiner Teil sogar täglich (Juni 2024). Übertragen auf Sport wirkt das vertraut. Wer in Sportwetten oder Fantasy-Ligen sehr aktiv ist, sucht weniger das Erlebnis an sich, eher Ergebnis, Quote und persönliches Risiko. Diese Intensivnutzer verfolgen Spiele eng, vergleichen Statistiken, spekulieren bis in die Nachspielzeit mit – das bekannte Muss, jedes Spiel zu sehen, weil Geld drauf ist. Mit steigender Nutzungsfrequenz nimmt laut Studie die Risikoneigung zu. Aus Fans werden temporär chancenorientierte Akteure, manchmal mit Hang zum exzessiven Engagement. Kaum überraschend: Der Anteil von Männern mittleren Alters ist in dieser Gruppe hoch, digitale Angebote werden klar bevorzugt.

Wechselverhalten und Angebots-Sensitivität
Beim Wechseln zwischen Angeboten zeigt sich ein anderes Muster, das ziemlich stark wirkt. Nutzer reagieren empfindlich auf kleine Reibungen, auf Friktion und Tempoverluste. Die Untersuchung von Online Casino Anbietern belegt, wie sensibel Nutzer auf kleine Veränderungen reagieren, sei es bei Quoten, Boni oder Spielabwicklung. Sobald Limits greifen, Boni verschwinden oder Abläufe sich ziehen, wechselt ein auffallend großer Teil direkt zur Konkurrenz, so die Handelsblatt-Studie 2024. Übertragen auf Sport ergibt sich ein ähnliches Bild. Ein Teil der besonders engagierten Nutzer fühlt sich weniger Vereinen oder Plattformen verpflichtet und folgt konsequent dem besten Angebot. Communities rund um Sportwetten wechseln Quoten, springen zwischen Bookmakern und suchen bei Aktionen das beste Angebot. Das klingt nach einer neuen Form von Sportengagement, stärker getrieben von Convenience und Chancenbewusstsein als von Loyalität oder Tradition. Preis und kurzfristige Chancen rücken in den Vordergrund, klassische Fanbindung verliert an Schwerkraft.

Personen mit digitaler Affinität und Unterhaltungsfokus
Auffällig ist die Dominanz einer bestimmten Gruppe: Männer zwischen 25 und 44 Jahren, häufig sehr digitalaffin (Handelsblatt Research Institute, 2024). Verschiedene Auswertungen berichten, dass über 70 Prozent dieser Personen schon einmal Kontakt mit Glücksspiel hatten
– oft erstmals über Twitch-Streams oder Social Media (2024). Im Sport scheint ein ähnlicher Sog zu wirken. Die Schnittmenge aus E-Sports, Live-Wetten und Social Engagement wächst rasant. Entscheidend ist weniger der Club, wichtiger sind Event, Erlebnis, der soziale Buzz. Nahezu 80 Prozent der Personen, die Twitch-Casino-Streams schauen, nennen Unterhaltung als Hauptmotiv. Sportmärkte, die auf Interaktivität, Second-Screen-Experience und Community setzen, profitieren von diesem Wandel, weg vom rein sportlichen Kern und hin zum digitalen Event.

Fehlwahrnehmungen, Suchtgefahr und Pandemieeffekt
Die Frage nach Legalität bleibt häufig neblig. Mehr als die Hälfte der Online-Casino-Nutzer hält alle Anbieter in Deutschland für legal, obwohl ein beachtlicher Teil wohl im Graubereich agiert, wie mehrere Auswertungen nahelegen (vsvbb.de). Im Sportumfeld setzt sich dieses Muster fort. Digitale Sportwetten werden rechtlich unterschätzt, und manche geraten fast nebenbei in riskante Kontexte. Deutsche Studien schätzen inzwischen mehrere Hunderttausend mit problematischem Glücksspielverhalten, Tendenz eher steigend (Spiegel, 2023). Fachstellen benennen exzessive Online-Sportwetten, Verschuldung und psychische Belastung als Gesundheitsrisiko, nicht nur am Rand (2023). Zentral ist das Verlustverfolgen, also Verluste hinterherrennen, in beiden Bereichen praktisch gleich. Die Pandemie hat das Ganze beschleunigt. Landbasierte Angebote verloren, online nutzten vor allem Männer mittleren Alters häufiger.

Verantwortung und Prävention

Unterm Strich liegen Glücksspieldynamiken und Sportengagement näher beieinander als es lange schien. Wer beobachtet, wie digital geprägte Zielgruppen über Online-Angebote neu zum Sport finden, erkennt Chancen für Unterhaltung und Community, aber auch Risiken. Betreiber und Sportorganisationen sollten Prävention, Aufklärung und Verantwortungsbewusstsein ausbauen. Dazu gehören gut sichtbare Ansprechstellen bei problematischem Spiel, klare Hinweise zu Regulierung und Verbraucherschutz sowie einfache Wege, auszusteigen. Sport darf begeistern. Abhängigkeit sollte er nicht fördern.

Ergebnisse bei Glücksspielen basieren vollständig auf Zufallsmechanismen; hohe Aktivität oder Strategien beeinflussen die Ausgänge nicht. Glücksspiel ist ausschließlich für volljährige Nutzer (18+) zugelassen und kann zu Suchtverhalten führen.