Die Auswahl an Mountainbikes ist groß wie nie und alle haben sie ihre individuellen Stärken und Schwächen. In den kommenden Zeilen versuchen wir Licht in die Suche nach dem „Perfect Match“ zu bringen.

Lukas Schnitzer
Lukas Schnitzer


Motorunterstützte E-MTBs bringen dich (noch) nicht auf Touren? Auch wer 2023 noch ohne Elektronik am Bike (High-End-Schaltgruppen, Fahrwerke und Navigation außen vor) auskommen kann und möchte, wird bestens bedient. Dies zeigen auch diverse interessante Neuvorstellungen für das aktuelle Modelljahr – Rose nimmt beispielsweise mit dem Bonero ein günstiges Trail-Hardtail ins Programm, in der Race-Ecke trumpft Simplons Razorblade in der vierten Generation mit einem Rahmengewicht von nur 870 Gramm (Large, inkl. Steckachse, Schaltauge und Sattelklemme) auf und auch Scotts Hardtail-Klassiker Scale RC sorgt in jüngster Generation wieder für feuchte Racer-Träume. BMCs Fourstroke 01 rollt mit automatischer Variostütze und radikalerer Geometrie an die Startlinien und sorgt als LT-Version für Downcountry-Spaß. Versender Radon bedient mit dem Trailbike Skeen Trail AL die preissensible Käuferschicht – hier geht es mit vernünftigen Komponenten bereits bei 2200 Euro los. Interessant für Technikfreaks: Treks Fuel EX in jüngster Generation und eine weitere Neuheit aus dem Hause Scott, das Genius mit innovativer Rahmenform und analog zur neuen Schweizer Designsprache integriertem Dämpfer. 

Breite Auswahl trifft Qual der Wahl
Hardtail oder Fully, langer oder kurzer Federweg, moderne lange Geometrien oder kompakte, wendige Klassiker – wichtig beim Kauf bleibt auch in der neuen Saison eines: das „richtige“ Bike als Basis zu finden. Steht eine Kaufentscheidung ins Haus, helfen vielleicht folgende Gedanken. Erstens: Schlagt es euch aus dem Kopf, die Eier legende Wollmilchsau zu finden. Natürlich gibt es einige Räder, die „ziemlich gut klettern“ und „ziemlich gut bergab liegen“. Und das mag auch für einige Anwendungen sehr gut funktionieren. Allerdings gilt es immer irgendwo einen Kompromiss einzugehen. Damit besagter Kompromiss nicht zum Spielverderber wird, sollte man sich vorab genau überlegen, wofür genau man das neue Bike benutzen möchte. Maximaler Spaß am Trail? Lange Touren und gewaltige Höhenmeter? Einfach wieder zurück in Form kommen? Pendelstrecken zurücklegen und nach Feierabend den einen oder anderen gemächlichen Trail mitnehmen? Umso eindimensionaler der Fokus, desto leichter fällt die Bike-Wahl. 

Klar: Auf der Suche nach einem einzelnen Bike für XC-Rennen am einen, Runden im Bikepark am anderen und große Touren am dritten Wochenende wird man wohl große Kompromisse eingehen müssen. Ob (und in welchem Bereich) man diese eingehen möchte, sollte man am besten gut beraten im Fachhandel und bei einer Probefahrt abwägen. Umso spezifischer eure Vorstellung vom Einsatzzweck, desto klarer wird das Bild von Crosscountry, Downcountry, Trailbike (vom vielseitigen Tourer bis zum aggressiven Trail-­Shredder) oder ausgewachsenem Enduro.

Auch 2023 gilt: Kompetente Beratung im Fachhandel bringt euch auch hier zum optimalen Bike-Buddy!

Macht euch daher Gedanken, wo ihr euch (realistisch) die meiste Zeit über bewegt und lasst euch nicht von Wunschträumen und Marketing-Bildern blenden. Wer in eher flachen Gegenden mit sanften Trails lebt, für den ist ein Rad mit sehr viel Federweg und entsprechend langer Geometrie vermutlich Overkill. Umgekehrt macht es sich vermutlich an Orten mit vielen steilen, ruppigen Trails bezahlt, etwas mehr Gewicht durch satte Fahrwerke oder zumindest etwas schwerere, griffigere Reifen in Kauf zu nehmen und dafür in den Abfahrten Reserven zu haben. Diese Überlegungen gehen aber dank des Trends zu langen, flachen und tiefen Geometrien über den Federweg hinaus. Manch progressiv ausgelegtes 130-mm-Bike steckt hier konservativ gezeichnete 150-mm-Bikes im rauen Gelände in die Tasche. Wer sich also vorrangig in sanftem Gelände  bewegt und dabei ordentlich Kilometer sammelt, der ist vielleicht mit einem XC-orientierten Bike gut beraten. Sammeln sich auf der Haus­runde binnen kurzer Distanzen­ viele Höhenmeter, werden vermutlich auch die Abfahrten steiler, schneller und fordernder sein – entsprechend kann es Sinn machen, sich nach Geometrien mit flache­(re)n Lenkwinkeln umzusehen.

 

Nur bitte verzettelt euch auf eurer Suche nicht, wie bereits angedeutet, in Kategoriendenken. Der Mensch (und auch wir, wie der Ratgeber rund um die Themen Crosscountry/Downcountry, Trailbikes und Enduro auf den folgenden Seiten zeigt) neigt dazu Dinge in Kategorien zu pressen. Tatsächlich finden sich unter den Trailbikes eben auch Modelle, die sich unter Umständen auch im Crosscountry-Einsatz behaupten können. Gleichzeitig stellen manche Trailbikes Enduros in den Schatten. Was wir damit sagen wollen: Blickt etwas über den Tellerrand und versteift euch nicht auf die eine Kategorie, die eine Laufradgröße oder den einen gesetzten Federweg. Gute Beratung ist hier das A und O.

Carbon und Aluminium
Wer das nötige Kleingeld mitbringt, um sich ein High-End-Carbonbike und damit das Optimum an Steifigkeit, Gewicht, Dämpfung und „Ride Quality“ zu holen – go for it! Ist das Budget aber von Vernunft oder Kontostand eingeschränkt und man endet vor der Entscheidung zwischen einem gut ausgestatteten Aluminiumrahmen und einem drittklassig bestückten Carbonrahmen, macht es vor allem am Fully oft Sinn, zu Aluminium zu greifen. Dank hochwertigerem Fahrwerk und oft leichteren Laufrädern hat man damit ab Werk vermutlich mehr Fahrspaß. Plant man nach und nach Komponenten aufzurüsten, sollte die Wahl hingegen zum höherwertigen Rahmen tendieren. Stets gilt es dabei aber die Worte von Keith Bontrager im Hinterkopf zu behalten: „Strong, light, cheap – pick two“, sprach einst der Bikepionier. Ein Bike kann robust, leicht oder günstig sein. Wie man es auch dreht, man muss sich für zwei der drei Attribute entscheiden. 
 

Beim Kauf bloß nicht in Kategorien verzetteln: Blickt auch mal über den Tellerrand von Feder­weg & Co. hinaus!

Die Sache mit der Größe
Das in grauer Theorie „optimale“ Bike wird auch wenig(er) Spaß bringen, wenn ihr zur falschen Größe greift. Hier sollte man sich nicht von Medium, Large und Co. verleiten lassen, sondern (gemeinsam mit einem Experten) einen Blick in die Geometrietabellen werfen. Grundsätzlich gilt es natürlich möglichst ergonomisch am Bike zu sitzen, ein professionelles Bikefitting ist hier hilfreich.
Zunehmend bauen Hersteller aber ihre Rahmen so, dass auch, ähnlich zum Skisport, Größen in einem gewissen Spielraum nach Vorlieben gewählt werden können. Ob nun zwei oder teils sogar drei Größen für die eigenen Körpermaße infrage kommen, hängt an der Herangehensweise des Herstellers. Grundsätzlich gilt die kleinere Größe als agiler und wendiger, die größere Variante als laufruhiger und tempofester. Einmal mehr: Kompetente Beratung im Fachhandel bringt euch auch hier zum optimalen Bike-Buddy!