Graveln boomt – quer über das Land. Hört man sich in den schönsten Gravel-Regionen um, wird der Grund dafür schnell klar: Es ist die faszinierende Herausforderung, auf ständig wechselnden Untergründen und Strecken unterwegs zu sein.
Wenn man in einer Expertenrunde gleich zu Beginn der Frage nachgeht, was eigentlich den Spaß mit dem Gravelbike ausmacht, dann fällt sofort dieser Satz: „Es ist vor allem die erlebte Vielfalt, die das Graveln so einzigartig macht.“ Wobei sich diese Vielfalt in erster Linie auf die unterschiedlichsten Untergründe bezieht, auf die unerschöpfliche Abwechslung an Strecken und die damit logischerweise einhergehenden verschiedensten Herausforderungen durch ständig wechselnde Schwierigkeitsgrade. „Genau diese Kombination“, bringt es etwa Johannes Hessenberger, Veranstalter der „Pannonia Gravel“ und des „Neusiedlersee Radmarathons“, auf den Punkt, „macht grundsätzlich den einzigartigen Erlebnisfaktor aus, den man eben nur auf einer Graveltour genießt.“
Matthias Köb, Co-Gründer und Geschäftsführer von „buero balanka“ und Veranstalter des Gravel-Events „Into the wold“ im Bregenzerwald, setzt dieser Vielfalt noch das Wort Freiheit hinzu: „Ich kann mit dem Gravelbike dank der Rahmengeometrie und dem Rennlenker auf Asphalt ähnlich wie mit einem Renner ordentlich Gas geben, aber ich bin trotzdem nicht an asphaltierte Straßen gebunden. Das heißt, ich komme beim Graveln eben in Gebiete, in die ich mit einem Rennrad nicht hinkomme. Und das erschließt mir ganz andere Naturerlebnisse.“
Die Bandbreite der Streckenbeschaffenheit ist für Gravelbiker tatsächlich riesig. So sind die Gravel-Strecken etwa in der Gravel.Tirol Region (Lechtal, Reutte, Tannheimer Tal, Zugspitz Arena) typischerweise Schotter-, Wald- und Wiesenwege, sagt Michael Keller, Geschäftsführer des Tourismusverbands Tannheimer Tal. „Da ist der Untergrund oft feiner Kies, vielleicht auch richtig sandig. Aber zwischendurch können dann je nach Strecke auch Abschnitte ganz entspannt auf Asphalt absolviert werden.“
Bei aller Freiheit und Vielfalt dieser Mischung aus verschiedenen Untergründen und Schwierigkeitsgraden verlangt eine abwechslungsreiche Gravelroute trotzdem nach einer guten Planung, rät Michael Keller, „denn nur so ist gewährleistet, dass die gewählte Strecke sowohl technische Passagen als auch entspannende Abschnitte bietet. Und zugleich wird damit sichergestellt, dass die eigene Fahrtechnik, das Können und die Erfahrung berücksichtigt werden, wenn es um die gewählte Distanz und auch die Steigungen geht, die auf der Graveltour zu bewältigen sind.“
Auch für Matthias Köb ist gerade die Vielfalt des Untergrunds ein ganz entscheidendes Kriterium, das beim Graveln zu beachten ist. „Klar kann man mit einem Gravelbike auf Schotter, Kies, Sand, Asphalt usw. fahren. Aber wenn beispielsweise der Kies oder Sand etwas tiefer oder der Waldboden von Wurzeln durchzogen ist, dann braucht es dafür eben nicht nur das richtige Gravelbike, sondern vor allem auch eine gute Technik. Meiner Erfahrung nach hat der durchschnittliche Gravelbiker jedenfalls auf kompaktem und griffigem Untergrund am meisten Spaß.“
Es liegt wohl in seiner Natur, dass der ehemaligen Radprofi Johnny Hoogerland, beheimatet in der Bikeregion Wörthersee, die Herausforderung mit dem „Alleskönner“ Gravelbike etwas nach oben schraubt: „Theoretisch kann man mit diesem Bike alles fahren, vor allem bergauf. Bergab kann man zwischendurch sogar einen leichten Flowtrail einbauen. Lediglich sehr anspruchsvolle Abfahrten mit starken Wurzeln und Steinen sind für Durchschnittsfahrer nicht zu empfehlen. Selbst für Topfahrer sind sie mit einem Gravelbike zwar machbar, aber auch nicht so richtig geil.“ Schließlich legt Johnny noch einen Tipp in Sachen richtige Reifenwahl nach: „Ich persönlich fahre oft mit Semi-Slicks bis 45 mm, womit ich ganz gut über die unterschiedlichen Untergründe komme.“
Die einzigartige Kombination aus verschiedensten Untergründen und Streckenbeschaffenheiten ist also die Grundlage für ein Radsporterlebnis, wie es tatsächlich nur das Graveln bieten kann, und das sogar die Experten schwärmen lässt: „Du bist beim Graveln mittendrin in der Natur, kannst Strecken wählen, auf denen du kein einziges Auto siehst. Und es geht nie um Speed, sondern immer ums Genießen“, beschreibt es Johnny Hoogerland aus der Wörthersee-Region. Dieses Genießen ist mit dem Gravelbike eben anders als etwa auf einer Genusstour mit dem Rennrad: „Beim Graveln bleib ich oft stehen und genieße die Ruhe. Aber zugleich ist Graveln immer auch eine impulsive Angelegenheit. Oft weiß ich nicht, wenn ich wegfahre, ob ich nach links oder rechts abbiege. Da muss man je nach Lust und Laune flexibel bei der Entscheidung sein, welche Route man nimmt. Mit dem Gravelbike habe ich schon so viel Neues gesehen und das nur 5 bis 10 km von daheim entfernt.“
Michael Keller aus dem Tannheimer Tal nennt es sogar einen regelrechten „Flow“, in den er sich beim vielfältigen Graveln versetzen kann und der seiner Meinung nach auf einer Tour nie abreißt: „Keine Frage, der Spaß beim Graveln kommt durch die ständige Abwechslung aus Abenteuer, Natur, Umgebung sowie Flexibilität bei der Routenplanung auf unterschiedlichen Untergründen. Diese Mischung bietet eben das Gefühl von Freiheit, sorgt zugleich aber bei jedem Fahrniveau für das richtige Maß an Herausforderung.“
Die besten Gravel-Reviere
So sehr sich unsere Experten bei der Schwärmerei über die Vielfalt und Freiheit des Gravelbikens ähneln – wenn es ums Bewerben der schönsten Gravelregionen geht, streicht klarerweise jeder für sich individuell sein Heimatrevier heraus. „Wir in der Region Wörthersee haben ein großes Angebot an unterschiedlichen Gravel-Strecken. Beispielsweise den Drauradweg über viele Kilometer – wunderschön und für Einsteiger perfekt. Oder die anspruchsvollere Runde vom Ossiacher See zu den Ossiacher Tauern“, empfiehlt etwa Johnny Hoogerland. Für Matthias Köb wiederum ist der Bregenzerwald die perfekte Gravelregion. „Zum einen ist es landschaftlich extrem spannend: Im vorderen Bregenzerwald geprägt von eher sanften Hügeln, aber je weiter es rein in den Bregenzerwald geht, desto höher und schroffer werden die Berge. Da wie dort gibt es aber auch ein umfangreiches Netz an Schotterstraßen, daher ist für alle Leistungsniveaus etwas dabei.“
Schließlich ist es an Michael Keller, mit „Gravel.Tirol“ auf die offiziell erste und größte Gravelbikeregion Tirols hinzuweisen: „Das ist ein Zusammenschluss aus vier Regionen im Außerfern, mit Lechtal, Naturparkregion Reutte, Tannheimer Tal und der Tiroler Zugspitz-Arena. In Summe sind das 18 offiziell ausgewiesene Gravelbike-Routen mit über 1000 km Länge und 22.000 Höhenmetern.“
Gravel Events zum Mitmachen
Um die Lobeshymne aufs Gravelbiken abzurunden, liefern unsere Experten noch ein paar tolle sportliche Gemeinschafts-Events nach: Johnny Hoogerland nennt hier „den ‚UCI Gravel Wörthersee‘, der sich großer Beliebtheit erfreut und mit seiner traumhaften Landschaft viele Teilnehmer anspricht.“ Das „Panonnia Gravel“ in der Neusiedler- See-Region ist für Johannes Hessenberger besonders reizvoll, „weil die Tour durch das normalerweise gesperrte Truppenübungsgelände des Bundesheeres führt und man dadurch eine einzigartige Gelegenheit hat, abseits der normalen Radwege durch eine teils unberührte Landschaft zu fahren“. Einzigartig ist bis heute aber auch „Into the wold“, eine der ersten Gravelbike-Veranstaltungen in Österreich, beheimatet im Bregenzerwald. „Hier ist das Highlight die Ausfahrt am Samstag mit drei Routen zwischen 50 und 100 Kilometern“, sagt Matthias Köb, der abschließend nochmals richtig ins Schwärmen kommt: „Einzigartig ist bei diesem Event vor allem die Kombination aus Gravel und Genuss. Dafür sorgen die Spitzenköche aus der Region, die unsere Verpflegungsstationen betreuen.“ Passt als Schlusswort: Es ist angerichtet für die große Freiheit der Gravelabenteuer 2025!
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