Auf Eis kann auch Spiderman einpacken: Der Comicheld kommt zwar senkrechte Wände mühelos hoch – vorausgesetzt, die Wand hat einen gewissen Reibwert, also kleine Unebenheiten, wo der Klettermaxi seine winzigen Spinnenhaken anbringen kann. Beim Eisklettern braucht es andere Fähigkeiten - wir verraten dir, welche ...

Blankes Eis aber hat kaum einen Reibwert. Blankes Eis ist spiegelglatt. Dem Unbedarften scheint es daher völlig unwirklich, wenn er einem Eiskletterer zusieht, wie der sich Schritt für Schritt auf der spiegelglatten Fläche senkrecht nach oben hantelt. Schon die Spots, in denen geklettert wird, sind faszinierend: gefrorene Wasserfälle, bizarre Eiswelten, die sich scheinbar dem Willen der Zivilisation verweigern – oder, wie‘s immer öfter der Fall ist, als künstliche Eistürme geschaffen und mitten in ein Ortsbild gestellt. Und zwar nicht bloß als touristischer Blickfang, sondern durchaus als Spielplatz für alle, die eine neue Wintersportart entdecken wollen. In den letzten Jahren hat sich nicht zuletzt durch diese Eistürme und die Sicherheit, die sie bieten, ein echter Eiskletterboom entwickelt.

REINSCHNUPPERN KANN JEDER
„Es ist natürlich ein entscheidender Unterschied, wo ich das Eisklettern ausübe“, weiß der Eiskletterexperte Franz Hohensinn. „Viele Alpinschulen oder Fremdenverkehrsvereine bieten Schnupperkurse eben an diesen künstlichen Türmen an. Denn da ist es jedem möglich, die Sache einmal spielerisch und trotzdem ohne jedes Risiko auszuprobieren.“
Die Kletterausrüstung wird bei solchen Kursen zur Verfügung gestellt, für professionelle Seilsicherung wird gesorgt – da kann eigentlich nichts passieren, außer „dass man schnell merken wird, wo die persönlichen Grenzen liegen“.

STICHWORT AUSRÜSTUNG
Eine wasserdichte und atmungsaktive Kleidung wird (ebenso wie festes Schuhwerk) selbst mitgebracht. Warm halten soll sie auch, weil Eiskletterer praktisch immer im Schatten sind. Der Rest wird vorerst ausgeliehen: Einmal der unentbehrliche Helm, der vor Eisbrocken schützt. Dann Handschuhe mit viel Grip auf der Innenhand, um die beiden „Eisgeräte“ gut greifen zu können. So heißen die speziellen Eispickel, die der Kletterer in der linken und rechten Hand hält und die er (genauso wie die Steigeisen an den Füßen) stufenweise ins Eis schlägt und so die Wand hochsteigt.
Natürlich sind grundsätzliche Kletterkenntnisse (auch vom Indoorklettern) gefragt, allerdings warnt Franz Hohensinn genau diese Gruppe vor Experimenten auf eigene Faust. „Die Annahme, wer klettern kann, kann auch eisklettern, kann zum lebensgefährlichen Irrtum werden. Richtig ist: Wer klettern kann, kann eisklettern erlernen.“

Video: Eiskletterer Harald Berger im Einsatz


ALPINES EISKLETTERN BENÖTIGT KÖNNEN UND VIEL WISSEN
Im Prinzip sei das Eisklettern sogar etwas einfacher als Klettern, „weil ich die Griffe und Tritte theoretisch selbst bestimmen kann, während sie am Fels vorgegeben sind. Das Problem aber ist, dass ich genau wissen muss, wo ich ins Eis schlagen kann, ohne dass Gefahr besteht, dass es bricht.“ Das erklärt, warum das Eisklettern bei mangelndem Wissen eine schlechte Idee ist – eine große Gefahr liegt im Eis selbst. Um dessen Beschaffenheit fachlich beurteilen zu können, reicht es nicht aus, optische Unterschiede an der Oberfläche zu kennen, auch Wetterbeobachtung gehört dazu. Und nicht zu vergessen, dass Eishänge oft von Lawinen bedroht sind. Kurz gesagt: Es sind viel Fachwissen und Erfahrung nötig, um eine Eiswand in der Natur relativ gefahrlos zu bezwingen. Ein Eiskurs in einer Alpinschule bietet sich daher für routinierte Kletterer als perfekter Einstieg ins alpine Eisklettern an. Aber auch danach heißt es: Vernunft walten lassen, an sicheren Orten (Eistürmen) ausreichend trainieren, bevor‘s in die kalte Wand geht.


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