Wenn es mit den Leistungen nicht ganz so hinhaut, wie unser Gehirn es eigentlich will, taucht bei vielen von uns der Mogel-Marder auf. Der nagt und nörgelt in unserem Kopf, um die Ziele auf anderen Wegen zu erreichen. Wir zeigen dir, welche Tricks er dabei anwendet und wie du sie bekämpfst.

Dieser Mogel-Marder ist eigentlich ein enger Verwandter des inneren Schweinehundes. Bloß wo der eine aus lauter Bequemlichkeit gänzlich davon abhalten will, eine sportliche Leistung zu erbringen, ist sein Kollege einer, der Leistungen erreichen will, ohne Rücksicht auf Verluste. Er ist derjenige, der uns zuflüstert „die anderen nehmen es doch auch“, ist derjenige, der fordert „nimm doch etwas Geld in die Hand“. Und das ist das Gefährliche: Damit treibt er uns an wie ein guter Motivator – aber leider in die falsche Richtung. Man muss ihn also bekämpfen.

1. Mit besserer Ausrüstung wirst du automatisch besser

Wir alle wissen, welche Summen man für Sport in Sachen Zubehör ausgeben kann. Besonders groß sind die natürlich bei Ausrüstungs-lastigen Sportarten wie etwa Mountainbiking. Es fängt da schon beim Bike selbst an. Werfen wir mal einen Blick auf das, was auf der diesjährigen Eurobike präsentiert wurde. Spürt man dabei nicht eine leichte Lust, sich eines der da gezeigten Geräte zuzulegen, obwohl man sich vielleicht erst kürzlich ein brandneues Bike gegönnt hat? Das ist bereits der leise Ruf des Mogel-Marders. Und er lockt auch, wenn man vor den Zubehör-Regalen steht. Immer geht seine Botschaft in die Richtung „damit wirst du noch besser“, ganz gleich, ob es sich dabei um Lenker, Pedale, Federgabeln oder andere Schaltungen handelt.

Du bist kein Biker, sondern gehst gerne Trails oder übst auch nur eine der wohl am wenigsten Equipment-lastigen Sportarten, Laufen, aus? Auch dann existiert der nörgelnde Marder. Glauben wir nicht alle manchmal, dass man vielleicht noch effektiver trainieren könnte, wenn man andere Schuhe hätte? Machen an schlechten Tagen zu viel oder zu wenig Sprengung für die Misere verantwortlich? Wäre ein Super-Leichtgewicht von Rucksack nicht genau das Stückchen Ausrüstung, das die Wandertouren noch besser machen würde? Das alles sind exquisite Beispiele für den Mogel-Marder. Denn er neigt dazu, den Weg des geringsten Widerstandes gehen zu wollen: Mehr Leistung ja, aber bitteschön durch Geldausgeben.

Und, das ist das Fatale, dabei kann er auch ziemlich gut argumentieren. Denn natürlich ist es eben im Bereich des Möglichen, dass jedes Stück Equipment, das man sich zusätzlich zulegt, die eigene Leistung verbessert. Doch hier kommt das große Aber: Die wenigsten von uns befinden sich auf einem solchen sportlichen Level, dass die Leistungssteigerungen im Komma-Prozent-Bereich tatsächlich notwendig wären – oder auch nur spürbar.

Nun ist das allein aber kein gutes Argument, mit dem man dem Mogel-Marder das Maul stopft. Vielmehr geht es so: Wenn man sich Ausrüstung kauft, sollte sie nach bestem Wissen und Gewissen ausgesucht sein. Nach Vergleichen, dem Konsultieren von Tests und – ganz wichtig – ohne übertriebene Spargedanken. Denn nur dann besitzt man bereits das für sich perfekte Bike, die perfekten Laufschuhe und der Mogel-Marder hat keine Argumente, denn schon mit den Sachen, die man besitzt, kann man sein Leistungspotenzial optimal ausschöpfen.

Fitnesswissen

2. Leistungssteigerung aus dem Medikamentenschrank

Sportlich zu sein, bedeutet, je nach Disziplin mehr oder weniger, immer auch mit einem Wettbewerbsgedanken an die Sache heranzugehen. Gegen irgendwen (oder irgendwas) wollen wir praktisch immer antreten und sei es nur gegen die eigenen Grenzen oder den inneren Schweinehund.

Tatsächlich handelt es sich dabei um ein ganz einfaches psychologisches Schema. Der Mensch sucht den Wettbewerb, schon seit Anbeginn der Zeit, als zwei Höhlenbewohner Steine schmissen, um herauszufinden, wer von den beiden weiter werfen konnte. Und dieser „Will to win“ ist je nach Charakter eine gigantische Kraft. Auf der einen Seite ist das gut, denn der Siegeswille ist es, der einen Patrick Lange auch noch auf den letzten zehn Kilometern der Laufdistanz Vollgas geben lässt, obwohl er da schon seit mehr als sechs Stunden Höchstleistungen abruft. Er ist es, der uns den Ruck gibt „komm, jetzt noch mal zehn Minuten und wir sind auf dem Gipfel“.

Doch das Problem daran ist: Immer ist der Mogel-Marder mit von der Partie. Auch er hat den Will to win, ist vielleicht sogar der, der am lautesten schreit. Aber ihm ist es egal, wie man gewinnt. Und das ist in einer Zeit, in der Doping enorm wissenschaftlich angegangen wird, brandgefährlich. Werfen wir mal einen Blick auf die lange Geschichte der „Power aus dem Pharmalabor“, denn sie ist der Beweis für die Kraft des Mogel-Marders. Stellt man mal die Fälle von staatlich verordnetem Doping beiseite, stellt man schnell fest, praktisch immer waren es Profis, die dafür votierten, ihre Leistungen durch „Mittelchen“ zu steigern. Sie alle taten es in der Gewissheit, dass es zumindest moralisch falsch war (bevor Doping offiziell geächtet wurde), viele auch in dem Wissen, dass es langfristig-körperliche Nachteile für sie hätte.

Und nun Schwenk zum Hobbysportler. Machen wir uns nichts vor, beinahe jeder dürfte einen kennen, „der einen kennt, der einen kennt“. Doch der Kampf gegen den Marder kann an diesem Punkt nur durch Disziplin gewonnen werden, denn seine Argumente für die reine Leistungssteigerung sind stärker. Hier kann man sich nur damit behelfen, sich immer wieder klarzumachen, dass:

  • es einfach keine sportliche Leistungssteigerung ist, sondern eine künstliche
  • es bei Wettbewerben auch im Amateurbereich auffallen wird
  • der dadurch vielleicht errungene Sieg kein echter Sieg ist

Das kann je nach Siegeswillen und Charakterstärke schwer sein. Erst recht, wenn man Doping nur als letzten Rettungsanker in Erwägung zieht, nachdem man schon alle Trainings-Register gezogen hat. Doch selbst dann sollte man zumindest in der Lage sein, seine körperliche Gesundheit über alles zu stellen.

3. Nur die Harten kommen in den Garten

Dieser finale Punkt ist komplex. Denn er läuft eigentlich konträr zu allem, was Leistungssteigerung ausmacht. Denn klar ist, dass der Mogel-Marder mit seiner Aussage „nur die Harten kommen in den Garten“ zunächst vollkommen recht hat. Wer sportlich sein will, muss sich dazu quälen können. Muss in der Lage sein, Schmerzen, Erschöpfung und auch den inneren Schweinehund auszublenden. Dazu ist absolut Härte vonnöten.

Doch genau damit beginnt auch ein weiteres Negativkapitel. Dort, wo der Marder so laut nörgelt und Härte abverlangt, dass er das genaue Gegenteil erreicht. Er schreit „Raus auf die Strecke“, obwohl man einen wirklich üblen Muskelkater hat. Er fordert „zwei Runden bringen dich schon nicht um“, obwohl man gerade mit Grippe im Bett liegt.

Kurz: Er ist unser innerer Einpeitscher, der dazu neigt, stur einen Kurs der Härte zu fahren, wo es für diese im Sport jedoch immer eine richtige und eine falsche Zeit gibt. Die richtige Zeit, um Härte zu zeigen, ist es, wenn einfach nur der innere Schweinehund nörgelt, wenn das Wetter mal wieder zu heiß oder zu kalt ist, wenn man einfach nur keine Lust hat. An dem Punkt darf man auf den Marder hören. 

Allerdings: die falsche Zeit, ihm zu folgen und ebenfalls Härte zu zeigen, ist es, wenn unser Körper uns laut und deutlich sagt „hey, das ist nicht gut für mich“. Dazu gehört es einerseits, auf seinen Body zu hören. Andererseits die Disziplin, ihm die Pausen zu gönnen, die er benötigt.

Nur die Harten kommen in den Garten

Dazu muss man nicht einmal in die Tiefen des Wissens um Superkompensation eintauchen, bei der Pausen gezielt Leistungssteigerung fördern. Es reicht schon, zu wissen, zu verstehen und zu akzeptieren, dass der Mensch seine Pausen zwischen der Leistung einfach zur Regeneration benötigt – um zu heilen, um seine Nährstoffspeicher zu füllen, um überhaupt die körperliche Wirkung des Trainings umsetzen zu können – etwa durch Muskelwachstum. Wer ihm die aus falsch verstandener Härte verwehrt, erntet gar nichts, sondern senkt im Gegenteil wahrscheinlich auch noch seine Leistung.