Train the Brain! SPORT­aktiv-Leser Marko Weber hat bei unserer Leser­aktion „Du bist raus“ ein Mentalcoaching bei Wolfgang Seidl gewonnen. Was er dabei gelernt hat, wie er damit umgeht, dass ihm sein Ziel vielleicht abhanden kommt und wie er mit Schmerz umgeht. 

Klaus Molidor
Klaus Molidor

Wo, wenn nicht bei so einem Unterfangen, ist ein Mentalcoaching notwendig. Marko Weber will den 24-Stunden-Lauf im oststeirischen Bad Blumau laufen. Alleine, auf einer Runde, die gerade ein bisschen mehr als einen Kilometer lang ist. Als einer der Gewinner unserer Leseraktion „Du bist raus“ bekommt er dabei Unterstützung von Mentalcoach Wolfgang Seidl, der schon Triathlon- und Fußballprofis betreut hat und betreut. „Die Einheiten mit Wolfgang haben mir schon sehr geholfen“, berichtet Marko. Vor dem Corona-Lockdown haben sich die beiden schon dreimal getroffen, danach einmal einen Termin via Skype absolviert. Begonnen haben die beiden in der Praxis von Wolfgang Seidl in Burgau bei Bad Blumau mit Biofeedback-Messungen und Atemübungen. „Um die Nervosität und die Anspannung vor dem Start zu senken“, erklärt Wolfgang Seidl. Also atmet Marko langsam und länger aus als ein. Kurz vor dem Einatmen hält er den Atem kurz an. Schon nach ein, zwei Minuten geht die Stresskurve merklich nach unten. Weil zu viel Spannung der optimalen Leistungsentfaltung aber ebenso abträglich ist wie zu wenig Spannung, arbeiten die beiden auch an der Aktivierung. „Das gelingt durch Klopfen auf die Thymusdrüse“, erzählt Marko.

Weil alle seine Vorbereitungswettkämpfe abgesagt werden mussten, „werde ich jetzt einmal im Training eine Wettkampfsituation simulieren müssen“, sagt der 45-Jährige. Drei Ausdauereinheiten pro Woche stehen bei ihm jetzt auf dem Programm, dazu ein Kraft-Ausdauer-Training und eine Einheit Koordination und Dehnen. Besonders weitergeholfen haben ihm Wolfgang Seidls Anregungen zum Thema Schmerzen. „Er hat mir gesagt, ich soll sie positiv nehmen und als Privileg sehen, dass nur ich alleine sie spüre und nur, weil ich so lange laufen kann. Tatsächlich kann ich den Schmerz jetzt annehmen und bekämpfe ihn nicht mehr.“ Generell arbeiten die beiden viel mit Visualisierungen, die helfen sollen, schwierige Situationen im Wettkampf zu überstehen. „So wie ein Pilot im Simulator immer und immer wieder z.B. ­Triebwerksausfälle simuliert, bereite ich Marko auf schwierige Momente vor“, erklärt Wolfgang Seidl. „Diese Techniken muss man präventiv und regelmäßig trainieren, um sie im Ernstfall parat zu haben.“

So soll sich Marko beispielsweise bereits errungene Erfolge vors geistige Auge rufen. „Das hab ich schon öfter ausprobiert und du bekommst dadurch echt einen Extra- Boost.“ Im jüngsten Termin via Skype ist dann das Thema Energie im Mittelpunkt gestanden. Jeder, so Wolfgang Seidl, hat ein Kraftzentrum im Körper. Ob Herz oder Bauch oder ganz woanders, das kann individuell ganz verschieden sein. „Ich hab so was vorher noch nie gemacht und es war ein bisschen komisch“, erinnert sich Marko. „Aber ich habe dann mit geschlossenen Augen ruhig geatmet und mich darauf konzentriert es zu spüren.“ Siehe da, es gelang. „Und von dem Zentrum aus, stelle ich mir jetzt vor, wie sich die Energie gleichmäßig auf den ganzen Körper verteilt.“ Ebenfalls eine Übung, die ihn weitergebracht hat und bei der er darauf brennt sie einmal vor einem Wettkampf, oder jetzt eben einer Wettkampfsimulation, einsetzen zu können.

Worauf sich Wolfgang Seidl und Marko Weber aber natürlich auch vorbereiten in Zeiten wie diesen, ist: eine mögliche Absage des Wettkampfs und damit den Wegfall des großen Ziels für Marko. „Klar sprechen wir auch darüber. Ich sehe das positiv. Ich bin sowieso gerne draußen unterwegs. Sollte der Lauf nicht stattfinden, freue ich mich darüber, dass ich so fit wie nie in die Berg­saison gehe. Ich hab jetzt schon so viel erreicht für meine Fitness, dass ich dann einfach größere oder anstrengendere Touren unternehmen kann. Diese Einstellung hatte ich schon, Wolfgang hat sie aber noch verstärkt.“ 

Von der körperlichen Fitness seines Gegenübers kann man sich aktuell nur schwer überzeugen. Statt einer gemeinsamen Laufrunde erzählt uns Marko via Telefon von seinen Fortschritten. Seine mentale Fitness hört man aber auch durch den Handylautsprecher. Fröhlich und optimistisch klingt er, was immer die nächsten Wochen und Monate auch bringen mögen. Einen 24-Stunden-Lauf oder einen hohen Berggipfel, oder vielleicht keines von beiden. Marko Weber ist auf alle Fälle darauf vorbereitet. In jeder Hinsicht. Denn wie ihm Wolfgang Seidl mitgegeben hat: „Schau auf dich, konzentrier dich auf deine Leistung, nur die kannst du beeinflussen und sei zufrieden damit, egal, was um dich geschieht.“

Wolfgang Seidl
ist ehemaliger Leistungssportler und arbeitet jetzt als Mentalcoach in Wien und Bierbaum bei Bad Blumau (St). Er betreut Einzelsportler, stressgeplagte Menschen sowie Fußballmannschaften und Unternehmen.
WEB: www.mana4you.at