Läufer kennen das: Bei Bewerben im ganzen Land fliegen Kenianer im orange-weißen Outfit des „run2gether“-Teams zum Sieg. Gegründet hat den interkulturellen Verein der Steirer Thomas Krejci. Wir haben den Läufer aus Leidenschaft einmal vor den Vorhang gebeten und hinter die Kulissen seines „Drei-Säulen-Projekts“ run2gether geschaut.

von Klaus Molidor

Der Zufall schreibt oft ja wirklich die besten Geschichten. Als Veranstalter der Thermenland Open im Orientierungslauf wollte Thomas Krejci einst ein möglichst internationales Starterfeld zusammenbringen und hat an Verbände in aller Herren Länder geschrieben. „Dass dann ausgerechnet Läufer aus Kenia kommen hätte ich mir niemals erwartet“, erzählt der 45-Jährige. Von dort bis zur Gründung des „run2gether“-Vereins war es dann noch ein kleiner Schritt. Krejci freundet sich in dieser Zeit mit Geoffrey Gikuni Ndungu an, gemeinsam entwickeln sie die Idee des österreichisch-kenianischen Laufvereins. „Um voneinander zu profitieren“, sagt Krejci. Ein Blick genügt, um zu sehen: Da steht einer, für den Laufen mehr ist um von A nach B zu kommen. Die Oberarme gehen als zart durch, die Statur ist schlank aber sehnig, das spürt man auch beim Händedruck. Das knapp schulterlange Haar bekommt langsam weiße Strähnen. Und wenn Krejci lacht, lachen die Augen mit.

VIEL MEHR ALS EIN MANAGER
Er ist in der Wolle gefärbter Läufer, seit er im Alter von 16 Jahren mit dem Orientierungslaufen begonnen hat. Längst überlegt er nicht mehr, warum er läuft. Es gehört einfach dazu. Auf dem Weg zu einem Termin bleibt er gerne mit dem Auto stehen, schlüpft in die Laufschuhe und dreht eine Runde. „Um was Neues zu sehen und zwischendurch den Kopf frei zu bekommen.“ Der Orientierungslauf beschreibt auch gut seine aktuellen Herausforderungen. Das Orientieren findet sich im Hauptberuf als selbstständiger Kartograph wieder, der Landkarten zeichnet und anderen zur Orientierung verhilft. Und das Laufen ist eben nicht nur Grundbedürfnis sondern mit seinem Engagement bei „run2gether“ auch Nebenberuf und Herzensangelegenheit. Denn es ist viel mehr, als Profis aus Kenia zu europäischen Laufbewerben zu vermitteln. Der Verein hat in Kiambogo, rund 70 Kilometer nördlich der Hauptstadt Nairobi,­ eine 400 Meter Aschenbahn errichtet, eine Arztstation eingerichtet, einen Kindergarten für Waisenkinder gebaut. Eltern, die sich das Schulgeld für die Kinder nicht leisten können, greift run2gether ebenfalls unter die Arme.

VONEINANDER LERNEN
Die dritte Säule sind dann die Laufcamps auf der Hochrindl in Kärnten bzw. eben die Laufwochen in Kenia, bei denen Hobbyläufer mit den kenianischen Profis mitleben und mittrainieren können. „Dort kochen wir auch kenianisch und versuchen, voneinander zu lernen.“ Völkerverständigung ist das Stichwort. „Gerade in Zeiten wie diesen ist mir das ein besonderes Anliegen“, sagt Krejci. Er ist kein Schreihals, keiner, der seine Botschaften in die Welt posaunt oder um Aufmerksamkeit heischt. Im Gegenteil. „Es geht da nicht um mich, sondern um die Sache“, sagt er. Wie damals in der Schule vom Tischtennis zum Orientierungslaufen ist er auch in das run2gether-Projekt immer mehr und mehr hineingerutscht. „Jetzt ist es so groß, dass ich es nur noch als Selbstständiger machen kann. Mit einem normalen Job ginge sich das nie aus“, gesteht Krejci. Er steht einfach hinter der Sache. Das hört man aus seinen Worten, das sieht man. An seinem rechten Handgelenk trägt er ein Armband aus kleinen bunten Kugeln. In das Muster der kenianischen Nationalflagge ist „Thomas“ eingearbeitet. Gerne würde er sich oft mehr von der afrikanischen Freude anstecken lassen, vom Leben im Hier und Jetzt. „Aber ich muss ja auch schauen, dass die Profis längerfristig denken“, sagt er. Heißt: Er muss schauen, dass seine Läufer nicht nur „easy going“ sind, sondern Trainings- und Ernährungspläne einhalten, die sie auf dem Weg zu Erfolgen brauchen.

EINFACHHEIT ALS PRINZIP
Vier bis fünf Mal pro Jahr ist Krejci in Kenia. Dabei passt es ins Bild des bescheidenen Mannes, dass er zwar helfen will und dafür Geld braucht, er gleichzeitig aber den ursprünglichen Charakter der Camps nicht aus den Augen verlieren will. „Die Leute sollen hier gegenseitig von einander lernen und profitieren. Die Gäste von den Profis und umgekehrt.“ Kommerz ist verpönt, darum ist auch das Camp in Kiambogo bewusst einfach gehalten und im ortstypischen Stil gebaut. Darum wird auch weiterhin gekocht, wie es in Kenia üblich ist, mit Produkten, die in der Region angebaut werden. Während für Thomas Krejci, für Europäer und Sportbegeisterte Laufen Leidenschaft oder Hobby ist, ist das in Kenia ganz anders. „Keiner der Athleten würde laufen, wenn sie auch anders Geld verdienen könnten. Laufen ist für die Kenianer ein Job“, sagt Krejci. Und erzählt vom Druck, dem diese Sportler ausgesetzt sind. „Mit ihren Preisgeldern finanzieren sie ihr Leben und das ihrer Familien zu Hause. Da sind schnell einmal 30 Leute vom Erfolg eines Läufers abhängig. Das heißt: Wenn er nicht gewinnt, gibt es für ihn und viele andere nichts zu essen.“ Trotzdem stecken sie Rückschläge extrem schnell weg und sind nach den ersten fünf Minuten Enttäuschung sofort wieder positiv.

NACHHALTIG WIRTSCHAFTEN
Umso mehr schmerzt es Krejci, dass er auch angefeindet wird. Bei kleineren Läufen hat er öfters hören müssen: Da kommt der Manager, der sich an den Kenianern bereichert. „Dabei müssten die nur einmal einen Blick auf unsere Homepage werfen, oder einfach einmal mit mir reden, um zu sehen, dass das nicht stimmt.“ Klar bringt er Profis aus Afrika zum Geldverdienen nach Europa. „Aber um den Leuten dort eine Existenz zu ermöglichen.“ Er schielt nicht auf den schnellen Erfolg, wie andere Manager, die ihre Schützlinge austauschen, wenn sie keine Topleistungen mehr bringen. „Bei uns arbeiten dann viele in den Camps als Trainer weiter, oder helfen in der Organisation“, sagt Krejci. Nachhaltiges Wirtschaften also. Besonders freut ihn, wenn die Saat aufgeht und sich wirklich beide Seiten etwas vom anderen abschauen. So wie jüngst einer seiner Athleten, der während der Laufwoche in Kiambogo mit einer Frau gelaufen ist. „Sie hat hart trainiert und wollte sich verbessern, obwohl klar war, dass sie nie einen Bewerb gewinnen wird. Das war für den jungen Athleten beeindruckend und hat ihn motiviert, härter an sich zu arbeiten.“ Jetzt im Herbst sind die Laufcamps in Kärnten vorbei. Über den Winter wird Krejci deswegen nicht langweilig. Nur mit den Kenia-Flügen wird es nicht mehr so leicht. Im Februar erwartet seine Freundin das erste Kind. Und weil die auch Orientierungsläuferin ist, hat sie ihm auf der Karte schon einmal gezeigt, wo er demnächst laufen wird: zu Hause in Fürstenfeld …

Mehr Infos: Run2Gether

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