Nach der Wettkampfsaison ist die beste Zeit für einen Druck auf die innere Reset-Taste. Ob in einem Urlaub oder bei einer bewussten Auszeit daheim – so findest du zurück zu dir selbst und stärkst deine Regeneration nachhaltig.
Dass Fortschritt nicht während des Trainings, sondern in der Erholung passiert, ist längst kein Geheimnis mehr. Trotzdem behandeln viele Freizeitsportler Regeneration eher als Nebensache – etwas, das „schon irgendwie mitläuft“. Dabei liegt der Schlüssel zu gelungener Trainingsanpassung und nachhaltiger Leistungsfähigkeit genau dort.
Was oft übersehen wird: Nicht die Sportuhr, nicht das Armband oder der Ring am Finger und auch nicht die HRV-Kurve am Bildschirm geben die wichtigste Information über deinen Erholungszustand – sondern das eigene Körpergefühl. „Das Körpergefühl wird viel zu wenig ernst genommen“, sagt Sport- und Ernährungsmediziner Robert Fritz. „Wir verlassen uns immer mehr auf technische Infos. In Wahrheit spürst du, wenn du zu wenig regenerierst.“
Der Herbst bietet jetzt die perfekte Gelegenheit, um den Fokus wieder mehr auf sich selbst zu richten. Die Wettkampfsaison klingt aus, das Training muss nicht mehr so strukturiert sein – genau jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um sich bewusst mit dem eigenen Regenerationsverhalten zu beschäftigen. Vielleicht sogar bei einer bewussten Auszeit mit Ortswechsel. Aber ob im Urlaub oder daheim: So findest du leichter zurück zu dir selbst und stärkst damit deine Regeneration nachhaltig.
Schlaf als Regenerationsanker
„Priorität Nummer eins, wenn es um Regeneration geht, hat der Schlaf“, betont Fritz. Dabei geht es nicht nur um die Dauer, sondern vor allem um die Qualität. Wichtig ist vor allem Regelmäßigkeit – möglichst jeden Tag zur gleichen Zeit zu Bett zu gehen und aufzustehen. Gerade im Urlaub oder an freien Tagen lässt sich das oft besser einhalten, was den Körper nachhaltig unterstützt. Ein gesunder Schlafrhythmus ist jedenfalls ein zentraler Hebel für Leistungsfähigkeit und gute Erholung, betont Fritz.
Wer seine Schlafqualität und seinen morgendlichen Erholungszustand prüfen will, soll nicht vorrangig auf die Smartwatch schauen, sondern sich nach dem Aufwachen selbst fragen: Wie werde ich wach? Fühle ich mich ausgeschlafen oder wie gerädert? Werde ich vom Wecker aus dem Tiefschlaf gerissen oder wache ich von selbst auf? Solche Signale sagen mehr als ein Datensatz. „Schaue ich auf die Uhr und sie sagt mir, mein Schlaf war schlecht, dann fühle ich mich auch schlecht. Technik kann ein zusätzlicher Kontrollmechanismus sein – aber erst wenn ich mir mein Körpergefühl bewusst gemacht habe, prüfe ich meine Gadgets. Die Reihenfolge ist wichtig“, rät der Mediziner.
Gerade in intensiven Trainingsphasen oder bei viel Stress lohnt es sich, den Schlaf bewusst zu priorisieren: früher ins Bett, mehr Ruhephasen einbauen. Wichtig ist auch die Schlafumgebung: Es soll dunkel im Zimmer sein, nicht zu warm – 16 bis 19 Grad Raumtemperatur sind ideal. In geräuschvollen Umgebungen, etwa an einer belebten Straße, können Ohrstöpsel helfen. Tagsüber: Powernaps von 20 bis 30 Minuten tun gut, das ist auch wissenschaftlich belegt – aber nicht länger und nicht nach 16 Uhr, sonst kann die nächtliche Erholung gestört werden.
Auch wenn Schlafqualität wichtiger ist als Schlafdauer, stellt sich die Frage: Wie viel Schlaf ist genug? „Sechs bis acht Stunden sind für die meisten optimal. Es gibt einige, die dauerhaft mit nur fünf Stunden auskommen – aber das ist eine Minderheit.“ Mit weniger Schlaf auszukommen, lässt sich auch nicht „antrainieren“. Ständig zu wenig zu schlafen – sei es wegen kleiner Kinder oder dem Ehrgeiz für frühes Training – ist jedenfalls eine Belastung und daher kontraproduktiv.
Erholung beginnt mit Essen
Was viele unterschätzen: Regeneration beginnt direkt nach dem Training. „Wenn die Belastung intensiv war, ist das Kernelement der Regeneration, dass die Energieversorgung danach stimmt“, betont Fritz. Und zwar sofort, nicht erst Stunden später. Kohlenhydrate liefern die nötige Energie, Eiweiß die Bausteine für Reparaturprozesse. Beides ist essenziell – auch wenn das Training spät am Abend war. „Das ist wie bei einem Haus: Wenn ich etwas reparieren will, brauche ich Material. Und wenn ich Energie brauche, muss ich nachtanken.“
Fritz rät, die Zeit gleich nach dem Training zu nutzen – die ersten 30 bis 60 Minuten sind ideal. Egal, ob morgens oder abends trainiert wurde: Wer seinem Körper dann gibt, was er braucht, unterstützt die Regeneration am besten.
Erst wenn ich mir meinem Körpergefühl bewusst bin, prüfe ich meine Gadgets. Die Reihenfolge ist wichtig.
Aktive Erholung – sanft bewegt
Ein weiterer Hebel ist aktive Regeneration – bewusste, sehr lockere Bewegung nach intensiven Einheiten. „Ein bisschen Ausradeln, Ausgehen oder lockeres Yoga – das kurbelt die Durchblutung an, bringt Nährstoffe in die Muskulatur und hilft, Stoffwechselprodukte abzutransportieren.“ Die Dauer ist entscheidend: 30 bis 40 Minuten sind optimal. Mehr kann schnell wieder zu einem Trainingsreiz werden. „Wenn man es übertreibst, kippt man schnell von der Erholung in eine neue Belastung.“
Am sinnvollsten ist diese Einheit direkt im Anschluss an das Training. Wie bei der Tour de France: erst essen und trinken, dann langsam ausradeln. „Das ist der Zeitpunkt mit dem größten Effekt. Wenn du erst später dazukommst, ist es nicht nutzlos – aber eben nicht mehr ganz so effektiv.“
Wer am Folgetag einen Regenerationstag hat, kann ebenfalls auf lockere Bewegung setzen – wichtig ist dabei die Wahl der Belastungsform: „Läufer sollten dann nicht noch einmal laufen, sondern zum Beispiel ausradeln. Das schont Gelenke und Sehnen.“ Schwimmen? „Nur, wenn die Technik wirklich gut ist. Sonst ist es eher eine zusätzliche Belastung.“
Was Sauna & Kälte bringen
Neben Bewegung gibt es auch passive Methoden, die unterstützen können: Massagen, Saunagänge oder Eisbäder. Auch hier gilt: Der Nutzen hängt von der Regelmäßigkeit und dem individuellen Empfinden ab. „Wer einmal pro Woche in die Sauna geht und das genießt – super. Wer sich nur im Urlaub reinzwingt, weil’s angeblich dazugehört – lass es lieber.“
Bei Eisbädern gilt: sinnvoll ja – aber nur bei rasch aufeinanderfolgenden Belastungen. „Bei einem Etappenrennen oder täglichem harten Training ist Kälte hilfreich, weil sie überschießende Entzündungsreaktionen dämpft. Wenn man nur zwei- bis dreimal pro Woche trainiert, hemmt ein Eisbad eher die Trainingsanpassung.“
Fazit: Was dir guttut, hilft
Letztlich geht es wieder darum, auf sich selbst zu hören – und ehrlich mit dem eigenen Zustand umzugehen. „Wenn dir etwas guttut, du dich danach besser fühlst und es dir Freude macht – dann ist das auch ein gutes Regenerationstool. Der Kopf spielt eine große Rolle. Und es darf einfach auch Spaß machen.“
Tipps vom Sportmediziner
- Regeneration beginnt mit gutem Schlaf – achte auf Regelmäßigkeit, Dunkelheit und kühle Raumtemperatur. Powernaps? Gern – aber maximal 30 Minuten und nicht nach 16 Uhr.
- Essen nach der Einheit: Nach intensiven Trainings gilt: Kohlenhydrate und Eiweiß – egal, wie spät es ist. Der Körper braucht Energie und Bausteine zur Reparatur.
- Aktiv – aber richtig: Locker radeln oder spazieren ist ideal. 30–40 Minuten genügen. Längere Einheiten sind kein Erholungsreiz mehr, sondern schon wieder Training.
- Sauna & Kälte: Regelmäßig saunieren wirkt unterstützend. Eisbad? Nur bei rasch aufeinanderfolgenden intensiven Belastungen sinnvoll, um schnell wieder fit zu sein – sonst hemmt es die Trainingsanpassung.
- Körpergefühl zuerst: Nicht nur auf die Uhr oder App schauen. Spür rein: Fühlst du dich wirklich erholt? Dann stimmt’s meist auch. Technik kann helfen – aber nicht das Gefühl ersetzen.