Klaus Molidor
Klaus Molidor
Rene Grossauer

Kassette, Di2, Spacer, Vorbau, Wattkurbel. Wer mit Rene Grossauer ins Gespräch kommt, merkt schnell: Da tritt einer aus Leidenschaft in die Pedale. Ötztaler Radmarathon, Alpentour Trophy, Wochenendausfahrten im Verein und allein, kurze Fahrten und stundenlange Ausritte. 200 Kilometer am Tag? Keine Seltenheit für den 41-Jährigen. Grossauer sitzt aber auch viel hinter dem Lenkrad. Sehr viel. Auch hier: stundenlange Fahrten. Als Vertreter einer Firma, die Kindergärten einrichtet, spult er 70.000 Kilometer pro Jahr am Steuer herunter. Er kennt also beide Seiten bestens: die des Radfahrers und die des Autofahrers. Und er weiß, dass das Verhältnis der beiden nicht immer friktionsfrei und von gegenseitigem Verständnis geprägt ist. „Ich ertappe mich ja selbst dabei, dass ich mich über Radfahrer ärgere, wenn ich im Auto unterwegs bin“, gibt er unumwunden zu.

Viele, nicht immer ungefährliche Erlebnisse auf beiden Seiten haben ihn dazu bewogen, mit seinen Radsportfreunden etwas zu unternehmen. Gemeinsam mit Benedikt Steiner, Martin Konrad, Christoph Werner und Georg Michl hat er den RC Gruppetto und die Initiative „Respekt auf der Straße“ gegründet. „Weil sich das Klima auf unseren Straßen in den letzten Jahren verschlechtert hat und die Aggressionen zugenommen haben – auf allen Seiten“, erzählt er. 40 Todesopfer bei Unfällen mit Radfahrern im Straßenverkehr untermauern auf tragische Art und Weise, was die Gruppetto-Fahrer tagtäglich wahrnehmen. „Wir fahren heuer auch das Race Around Austria im Team und wollen nicht einfach fahren, sondern etwas bewegen, eine Botschaft transportieren“, erzählt Grossauer.

Daher Respekt. Die Forderung danach ist aber nicht einseitig. „Wir wollen auch den Radfahrern vermitteln, dass es wichtig ist, im Straßenverkehr aufeinander Rücksicht zu nehmen, um Unfälle zu vermeiden.“ Enge Überholmanöver versus Gruppenfahrten auf der Straße quasi. Grossauer und Co. sehen das ein bisschen wie die Sache mit dem Vorrang. Den darf man sich auch nicht erzwingen, wenn man im Recht ist. „Und auch wenn wir mit dem Rennrad auf der Straße fahren dürfen – erzwingen muss man das nicht“, sagt er. Augenmaß und Fingerspitzengefühl seien da gefragt. „Auf einer stark befahrenen Straße zu zweit nebeneinander zu fahren ist echt nicht notwendig“, gibt Grossauer zu. Überland bei weniger Verkehr und einer Trainingsausfahrt in der Gruppe schaut die Sache anders aus. Es gelte eben im Einzelfall und mit Hausverstand abzuwägen, wie man wo und wann unterwegs ist. „Es geht auch gar nicht darum, einer Partei den Schwarzen Peter zuzuschieben, sondern alle Menschen zu sensibilisieren. Es geht um die Gesundheit und das Leben von Menschen.“

Es geht nicht darum, einer Partei den Schwarzen Peter zuzuschieben, sondern alle Menschen zu sensibilisieren.

Rene Grossauer

Heimische Teams und Veranstalter sollen das Projekt ebenso unterstützen wie der Steirische und der Österreichische Radsportverband. Dazu haben die Gruppetto-Gründer auch schon prominente Testimonials für die gute Sache gewinnen können. Den Kärntner Radprofi Marco Haller ebenso wie Rallye-Staatsmeister Niki Mayr-Melnhof von der „anderen“ Seite. In Videobotschaften (zu sehen unter www.sportaktiv.com) rufen sie zu mehr Respekt und einem Miteinander auf der Straße auf. Ebenfalls dabei, weil mehr als alle anderen auf Straßen unterwegs: Christoph Strasser, Rekordsieger des Race Across America (RAAM). Die Amerika-Querung von West nach Ost findet ohne Straßensperren statt, gefahren wird nonstop, bei Tag und bei Nacht. Wer einmal in Amerika auf Freilandstraßen unterwegs war, weiß: Rücksicht auf schwächere Verkehrsteilnehmer, Fehlanzeige. Das Auto ist in den USA mehr „heilige Kuh“ als wahrscheinlich sonstwo auf dem Planeten. Strasser hat also viel erlebt. „Wenn es gelingt, dass sich Radfahrer und Autofahrer öfters in die Lage des anderen hineinversetzen, ist uns schon viel gelungen.“

Damit die Aktion auch sichtbar wird, haben die Gruppetto-Fahrer auch Raddressen entworfen, mit denen sie unterwegs sein werden. „Das für eine breite Masse auszurollen wird schwierig, weil sich das schwer kalkulieren lässt“, sagt Grossauer. „T-Shirts oder Kapperln sind aber sicher geplant, damit Unterstützer etwas beitragen können und die Aktion auch in den Alltag tragen.“ Denn, und da sind sich Rad- und Rallyefahrer, Hobby- und Profisportler einig: „Es geht nur miteinander, nicht gegeneinander.“