Wie die ATK-Athleten Philipp Reiter und Adrian Zurbrügg ihre Besteigung der sieben höchsten Gipfel der Alpenländer in 111:40 Stunden erlebten.

Christof Domenig
Christof Domenig

Für Normalo-Berg­sportler sind Großglockner, Zugspitze oder Triglav schöne, schaffbare Ziele. Die Alpinprofis Philipp Reiter und Adrian Zurbrügg stiegen letzten Frühling jedoch binnen fünf Tagen – genau: 111 Stunden und 40 Minuten – auf die sieben höchsten Gipfel der Alpenländer

In der Reihenfolge Gran Paradiso (4061 m, Italien), Mont Blanc (4810 m, Frankreich), Dufourspitze (4634 m, Schweiz), Grauspitze (2599 m, Liechtenstein), Zugspitze (2962 m, Deutschland), Großglockner (3798 m, Österreich) und Triglav (2864 m, Slowenien). Die Aufzeichnungen zeigten 178 Kilometer und exakt 17.001 Höhenmeter zu Fuß und auf Tourenski. Ein Gipfel pro Tag war geplant (und wäre schon ein Rekord gewesen), die Wetterprognose brachte am vierten Tag eine Planänderung mit sich: Nach der Grauspitze setzten die beiden am selben Tag noch die Zugspitze drauf, Großglockner und Triglav gingen dann auch an einem Tag.

Extreme Ausdauerleistungen sind für den Bad Reichenhaller Reiter – also unweit der österreichischen Grenze in Bayern zu Hause – keine Besonderheit, den 31-Jährigen kennen viele aus dem Ultratrailrunning. Wie fühlt es sich an, wenn man in so einem Projekt drin ist? Ist man nur aufs Tun fokussiert – oder kann man auch einmal links oder rechts schauen, ein wenig genießen? „Es geht alles schneller, aber die Wahrnehmung, der Moment ist noch intensiver, als wenn ich normal auf Bergtour gehe“, so Reiter. „Auch das ist Genuss. Oft wird im Bergsteigen der Eindruck vermittelt, man könne ein Erlebnis nur genießen, wenn man nicht zu schnell unterwegs ist, nicht müde wird, gemütlich vor der Hütte sitzt und Bier trinkt. Genießen kann aber auch bedeuten, ein Ziel zu haben und das einfach perfekt zu schaffen: Ich habe keine Blasen, das Wetter passt, ich spüre die Höhe nicht, vertrage das Essen gut“, erklärt Reiter.

„Wie am Schnürchen“ lief das Projekt – das die Idee des Schweizers Zurbrügg war – dennoch nicht. Trotz penibler Planung. Zwei Helfer sind kurzfristig ausgefallen. Die Schneebedingungen waren vor allem am Dufour anspruchsvoll. Die Wetterprognose durchkreuzte den 7-Tage-Plan, vom Auto aus habe man die Quartiere gebucht, 14 Stunden Schlafzeit in den fünf Tagen waren nur drin. „Diese Intensität vom Schlaf her hatte ich so noch nie, aber es kommt dir in dem Moment nicht so vor: Du hast einen Fokus, bist motiviert und es läuft.“ Zum Improvisieren sagt Reiter: „Wir laufen nicht im Stadion. Die gewisse Unsicherheit, nicht genau zu wissen, was einen erwartet, wie die Bedingungen in der Wand sind und vieles mehr: Das sind ja auch die Herausforderungen, die man im Bergsport sucht, und die gewissen Unsicherheiten, mit denen man umzugehen versucht.“

Als Reiter und Zurbrügg am Tag nach der Extremtour in einer kleinen Ortschaft am Fuße des Triglav aufwachten, schüttete es wie aus Eimern – „wir haben gewusst, dass es die richtige Entscheidung war Großglockner und Triglav auf einen Tag zusammenzulegen. Alles richtig gemacht.“ Ein Learning aus dem Projekt? „Dass man jedes Mal versucht, alles möglichst gut zu organisieren – und zum Schluss ist dennoch alles anders. Dass man sich aber auch mental darauf einstellt, flexibel und locker bleibt und den Plan so verändert, dass er funktioniert.“