Nicht erst seit Einführung des „Klimatickets“ darf man sich über den ökologischen Fußabdruck beim Skifahren Gedanken machen. Größter Brocken ist die Anreise mit dem Auto. Die muss aber nicht sein – vielerorts geht es mit Öffis sehr gut zur Piste.
Laut der Kooperations-Plattform Alpine Pearls, bei der 19 Gemeinden im Alpenraum in Sachen umweltschonender Tourismus gemeinsame Sache machen, entstehen 70 Prozent der CO2-Belastung eines Skiurlaubs allein durch die Anreise mit dem Auto. Für Martin Heppner stellt sich dieses Problem nicht mehr. 2015 hat er sein Auto verkauft und ist seitdem mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs Richtung Berge und in Skigebiete.
Zuerst wollte Heppner mit der Aktion lediglich Geld sparen, sein Auto sei ohnehin fünf Tage die Woche in der Garage gestanden. Mit dem Umstieg auf die Bahn hat sich der in Wien lebende Kärntner dann ein eigenes Projekt aufgebaut, das stetig wuchs. Durch Gespräche mit Freunden motiviert, wurde aus einem gestarteten Blog, in dem Heppner seine Erfahrungen teilte, im Februar 2020 der Verein „Bahn zum Berg“ (www.bahn-zum-berg.at). Das Ziel des Vereins ist logisch, man will „nachhaltige Mobilität bei Outdoor-Aktivitäten fördern“. Tolle, sinnvolle Sache. Doch ist es mit dem Zug nicht dennoch um einiges mühsamer als mit dem Auto?
In seinen Selbstversuchen machte Heppner ganz unterschiedliche Erfahrungen. Manchmal wurde die Anreise mit dem Pkw, als er noch selbst einen hatte, zur Odyssee, erzählt er. Wer kennt es nicht? Volle Straßen und Parkplätze rauben Skiliebhabern frühmorgens oft schon den Nerv. „Vor allem habe ich es gehasst, mich am Abend nach einer Skitour oder einem Pistentag ins Auto zu setzen und den kräftezehrenden Heimweg anzutreten“, erzählt Heppner. Mit dem Zug habe sich das geändert: „Mittlerweile bin ich so getrimmt, dass ich in einen Zug einsteige und sofort schlafen kann. Das bietet mir zum einen die Gelegenheit, danach vom Abend noch etwas zu haben. Oder davor länger in der Hütte zu sitzen“, lacht Heppner.
Nicht jede Destination eignet sich jedoch für eine öffentliche Anreise. Manche Skigebiete werden für Tagesgäste, die auf Bus oder Bahn setzen, dann zur „exotischen Reise“, meint Heppner. Sein Auto hat er in all den Jahren trotzdem nie vermisst. Statt sich gereizt auf Parkplatzsuche zu begeben, genießt er die Vorteile der Bahn. Heppner erzählt etwa, dass er sich oft genüsslich im Speisewagen ein Frühstück gönnt.
„Mit der Bahn auf die Piste“ ist demnach in vielen Fällen mit Sicherheit einen Versuch wert. Vor allem für jenes gute Drittel der Österreicher, die in einer größeren Stadt daheim sind – dann ist die Ausgangsposition schon einmal viel besser. Wie die Praxis aber ausschauen kann? Wir haben exemplarisch vier Anreise-Möglichkeiten mit den Öffis von vier Landeshauptstädten aus zu beliebten Skiregionen recherchiert. Unser Tipp dazu: Die „ÖBB Scotty“-App.
Beispiel 1: Von Wien aufs Nassfeld (Kärnten)
110 Pistenkilometer, 30 Bergbahnen und 25 Lifte hat die Region Nassfeld zu bieten – Skifahrerherz, was willst du mehr? Wer ohne Auto in den Genuss der Pisten auf der Südseite der Alpen kommen will, der ist mit einer Anreise mit dem Zug gut beraten. Hier gilt das Motto: Alle Wege führen über Villach, denn die zweitgrößte Stadt Kärntens ist der entscheidende Knotenpunkt für die Anreise ins Winterdomizil. Wer von der Bundeshauptstadt anreist, ist am besten beraten, mit dem Railjet direkt nach Villach zu fahren und dann mit einer stündlich fahrenden S-Bahn (Linie 4) nach Hermagor weiterzureisen. Knapp sechs Stunden Zugfahrt von Wien sprechen freilich nicht für Tagesfahrten auf dieser Strecke, aber für Urlaube sehr wohl. Und für alle, die kürzer mit dem Zug aufs Nassfeld reisen – von Villach beträgt die Fahrzeit exakt eine Stunde: „Im Winter bieten wir täglich einen kostenlosen Shuttlebus direkt zur Piste an“, sagt Nassfeld-Tourismus-Mitarbeiter Christopher Puntigam.
Beispiel 2: von Graz in die Region Kitzbüheler Alpen – Brixental (Tirol)
Wer von der steirischen Landeshauptstadt das Skivergnügen in den Kitzbüheler Alpen sucht, muss sich nicht zwingend ins Auto setzen und 4,5 Stunden nach Tirol pilgern. Die Region Kitzbüheler Alpen-Brixental – mit ihren Hauptorten Brixen im Thale, Kirchberg und Westendorf – setzt sich sogar seit Jahren für umweltbewusstes Reisen ein und bietet deshalb auf seiner Webseite nicht nur einen Rechner für die ideale Zugverbindung an, es gibt auch vor Ort zahlreiche umweltschonende Mobilitätsvarianten für die „letzte Meile“. Wer also gewillt ist, mit dem Zug von Graz in die Kitzbüheler Alpen zu fahren, entscheidet sich am besten für den Eurocity Richtung Zürich, der täglich um 9.45 Uhr den Bahnhof Graz verlässt – und startet entspannt in den Skiurlaub. Kurt Tropper, Manager des Tourismusverbands Kitzbühler Alpen-Brixental, empfiehlt dabei die Gästekarte für die Region: „Mit dieser Karte, die man vor dem Start des Urlaubs von Hoteliers zugeschickt bekommt, ist es kostenlos möglich, alle öffentlichen Verkehrsmittel in der Region Kitzbüheler Alpen zu nutzen. Alle Regionalzüge und Regionalbusse zwischen Hochfilzen und Wörgl vom ersten bis zum letzten Urlaubstag.“
Beispiel 3: von Linz nach Flachau (Salzburger Land)
Wer sich von Oberösterreich aus ins Schneevergnügen in den Salzburger Pongau stürzen will und dabei sein Auto zu Hause lassen will, darf sich entspannt im Zug zurücklehnen. Mit maximal einmal umsteigen und zwei Stunden Fahrt zahlt sich die Verbindung von der oberösterreichischen Landeshauptstadt zur Weltcupstrecke auch für einen Tagesausflug allemal aus. Wie für die meisten Tagesausflüge in ein Skigebiet sollte der Wecker aber auch bei dieser Reise etwas früher klingeln. Wer um 6.46 Uhr in Linz startet, kann demnach schon um 9 Uhr in St. Johann in Pongau auf den kostenlosen Bus zu allen Talstationen umsteigen. Für Tagesgäste ist die Heimreise jedoch im Hinterkopf zu behalten. Dabei sind die Verbindungen zwischen dem Weltcup-Ort und Linz nur unwesentliche schlechter als früh am Morgen. Mit den Shuttlebussen von der Piste zurück zum Bahnhof ist man mit einem Mal umsteigen 2:30 Stunden später wieder daheim in Linz.
Beispiel 4: von Salzburg nach Schladming (Steiermark)
Für Stadt-Salzburger, die ins Nachbarbundesland Steiermark zum Skifahren wollen, eignet sich die 4-Berge-Skischaukel der Region Schladming ideal für einen Tagesausflug mit dem Zug (für eine ganze Urlaubswoche natürlich auch). Nur eineinhalb Stunden Fahrzeit sind es von Salzburg Hauptbahnhof zum Bahnhof in Schladming. „Unsere Gäste können direkt im Skigebiet aus dem Zug steigen“, nennt Markus Zeiringer von der Marketingleitung auf der Planai noch einen Pluspunkt. Der Bahnhof in Schladming ist nämlich nur fünf Gehminuten von der Talstation der Planai West entfernt. Ebenso unkompliziert wie die Anreise ist dann auch die Rückfahrt: Alle zwei Stunden bis 22 Uhr können Tagesgäste wieder zurück nach Salzburg reisen.
