Ohne Schweiß zum Preis. Wäre das kein gelungenes Motto für die nächste Bikinidiät oder den neuen Marathontrainingsplan? Einfach auf die faule Haut legen, einschlummern, dann seelenruhig im Traumland trainieren – und fit und fröhlich erwachen. Richtig schlafen und dabei optimal erholen ist angesagt – was du dabei beachten solltest, erfährst du hier ...


Mehr Muskeln dank einer Mütze voll Schlaf?! Träum ruhig weiter. Denn es ist wahr. Forscher fanden nämlich heraus, dass entspannte Besuche beim Sandmännchen in Sachen Fitness oft mehr bringen als schweißtreibende Überstunden beim Personal Trainer.


Richtig schlafen und erholen: Nachtschicht von Mutter Natur / Bild: KKNACHTSCHICHT VON MUTTER NATUR
„Durch Nichtstun zu neuen sportlichen Rekorden? Na ja, so ganz stimmt das ja nicht“, erklärt Psychologe und Schlafforscher Jürgen Zulley. „Vielmehr ist es so, dass wir nicht merken, dass wir – oder besser gesagt unser Körper – im Schlaf sogar jede Menge tut. Denn was von außen nach entspanntem Schlummern aussieht, ist in Wahrheit ein logistischer Hochleistungsprozess des Körpers. In der Zeit vom Einschlafen bis zum Aufwachen erledigt der Organismus nämlich das, wozu er tagsüber keine Gelegenheit hat, weil er mit den typischen täglichen Aktivitäten des Tages (Energie bereitstellen, denken, verdauen, aktiv sein etc.) beschäftigt ist. Physische Regenerations- und Speichervorgänge müssen daher in der Nacht stattfinden.“

Dass sich diese Prozesse dabei ausgerechnet nachts zutragen, ist kein Zufall. Der Körper hat im Laufe der Evolution gelernt, die innere Uhr an äußere Bedingungen anzupassen. Er hat gemerkt, dass der Mensch während der Nacht durch Dunkelheit und Kälte kaum in Interaktionen mit der Umwelt tritt; also auch keine neuen Inputs für den Organismus liefert. Selbiger hat nun also die nötige Zeit, um die physischen und psychischen Geschehnisse des Tages zu verarbeiten. „Am Tag wird der Reiz gesetzt, nachts folgt die Reaktion und Regeneration“, fasst es Experte Jürgen Zulley zusammen.

Richtig schlafen und erholen: Training im Traumland / Bild: KKTRAINING IM TRAUMLAND
Genau hier liegt auch der Wert des Schlafes für sportliche Menschen. Eine amerikanische Studie testete in diesem Zusammenhang eine Gruppe von Schwimmern: Es wurde untersucht, wie und ob sich ihre Leistung verbessert, wenn die Sportler über einen Zeitraum von sechs Wochen ihr Schlafpensum intensivieren. Und tatsächlich kam es zu einer messbaren Leistungssteigerung. So waren die Testpersonen auf einer 15-Meter-Distanz nach der „Schlafkur“ durchschnittlich 0,51 Sekunden schneller als zuvor, gleichzeitig sanken die Reaktionszeiten beim Startsprung vom Block, dafür nahm die Anzahl der Beinschläge pro Zeiteinheit zu.

Kein Traum, sondern Realität. Der Grund: Sport und Bewegung sind nichts anderes als physische Reize für den Körper, die nachts aufgearbeitet werden, sodass der Organismus beim nächsten ähnlichen Reiz besser reagieren kann. Genauer gesagt: Sportliche Belastungen hinterlassen in der Regel minimale Veränderungen der Muskel- und Sehnenstrukturen. Es kommt zu mikroskopisch kleinen Rissen und Dehnungen, sogenannten Mikroläsionen. Der Organismus nutzt die Nacht, um diese Verletzungen wieder in Ordnung zu bringen. Er produziert Gewebe, das die Mikrorisse kittet und den Muskel wachsen lässt. Auch interessant: Die Phasen der Regeneration im Zeitraffer: Das passiert nach der Belastung.

Schlafforscher Jürgen Zulley erklärt: „Nicht das Training selbst ist es also, das Muskeln größer und Menschen fitter macht. Es setzt hierfür vielmehr nur den Anreiz.“ Den eigentlichen Erfolg bringen Mutter Natur nächtliche Überstunden.
Umgekehrt folgt ohne äußeren Reiz aber auch keine entsprechende Regeneration. So ganz ohne Schweiß geht es also doch nicht. Viele Sportler unterschätzen jedoch den Wert der Ruhephasen. Das Trainingmotto „viel hilft viel“ ist nämlich schlichtweg falsch. Pausen, Regenerationstage und vor allem eine entspannte Nachtruhe sind genauso wichtig wie der schweißtreibende Sport selbst. Auch interessant: Gut erholt: Mehr Wohlbefinden und Leistung durch richtige Regeneration.

Richtig schlafen und erholen: Schlank und schön im SChlaf / Bild: KKSCHLANK UND SCHÖN IM SCHLAF
Neben Sport-, sollten sich vor allem auch Schönheitsfanatiker ab sofort keine Nächte mehr um die Ohren schlagen, sondern sich lieber auf selbige hauen. Der Schlafforscher erklärt warum: „Nachts produziert der Körper große Mengen des Wachstumshormons HGH (Human Growth Hormon), dem Jung- und Schlankmacher schlechthin. HGH wird ausgeschüttet, um die Zellen zu reparieren und zu verjüngen; außerdem ist es eine Art Schlüssel zu den Fettzellen.“ Es tritt ein, befreit die Fette und transportiert sie zu den Körperzellen, wo sie in Energie umgewandelt werden. Auch interessant: Abnehmen im Schlaf: Von nix kommt nix.

Praktisch. Doch jetzt kommt der Haken: Am meisten HGH wird dann ausgeschüttet, wenn der Körper leicht unterkalorisch unterwegs ist und nicht durch die Verdauung abgelenkt wird. Das bedeutet: Dinner-Cancelling! Wer ab 16 Uhr nicht mehr isst, wird am Abend vielleicht nicht extrem gut gelaunt sein, aber dafür jung und schlank erwachen. Tipp: Wenn das Fleisch schwach und der Kühlschrank wieder einmal stärker war, achten Sie wenigstens darauf, dass das Abendessen eiweißreich und salzarm ausfällt. Eiweiße können nämlich leichter verdaut werden als Kohlenhydrate und Salz begünstigt die Wassereinlagerungen im Körper Schwellungen unter den Augen sind vorprogrammiert.

Richtig schlafen und erholen: Der Geist wacht weiter / Bild: KK DER GEIST WACHT WEITER
Aktive körperliche Prozesse finden nachts nicht nur auf physischer, sondern auch auf psychischer Ebene statt. Denn während das Sandmännchen uns in wundervolle Traumwelten entführt und der Geist scheinbar abschaltet, arbeitet das Gehirn still, leise und nahezu unbemerkt weiter. Es spult nachts die gleichen Prozesse auf neuronaler Ebene ab, die es tagsüber im Tatsächlichen erlebt hat. Experten sprechen von der sogenannten „Replay-Theorie“. Wissen, das wir tagsüber erfasst haben, wird nachts vom Gehirn wiederholt und ordnungsgemäß in den dafür vor gesehenen Gehirnwinden gespeichert. Bis zur Nacht hängen neue Erfahrungen also quasi im luftleeren Raum. Erst im Schlaf werden sie für immer konserviert. „Der Kopf wiederholt dabei aber nicht nur theoretisches Wissen, sondern auch motorische Abläufe und Bewegungen. Sie stellen schließlich letztlich auch nichts anderes dar, als eine Lernerfahrung des Körpers“, sagt Zulley. Bestimmte Bewegungsabfolgen neuer Sportarten oder Trainingseinheiten (z. B. ein neuer Step beim Aerobic oder eine verbesserte Armführung durch den Laufcoach) müssen tagsüber erst „theoretisch“ erlernt werden, ehe sie nachts in Fleisch und Blut übergehen. Am nächsten Tag klappen daher neue Bewegungsmuster oft besser. Auch interessant: Iss das: Die 5 wichtigsten Ernährungstipps für optimale Regeneration.

Richtig schlafen und erholen: Immunfit über Nacht / Bild: KKIMMUNFIT ÜBER NACHT
Aber das ist nicht alles, was der Sandmann kann. Eine Mütze Schlaf stärkt den Körper nicht nur mental und muskulär, sondern auch auf zellulärer Ebene. Menschliche Murmeltiere sind nämlich erwiesenermaßen seltener krank. Der Grund ist hierbei ähnlich wie bei der nächtlichen Muskelregeneration: Immunschwächungen, die der Körper tagsüber z. B. durch Viren oder auch durch übermäßige körperliche Belastung erfährt, versucht er nachts auszugleichen, um auf erneute Angriffe besser vorbereitet zu sein. Hierfür leisten körpereigene Abwehrzellen nächtliche Überstunden. Besonders aktiv sind sogenannte Killerzellen. Sie haben die Fähigkeit, aggressive, von Viren befallene Zellen zu belagern und unschädlich zu machen. Der Körper schläft sich also sprichwörtlich gesund.

Richtig schlafen und erholen: Schlechter Schlaf - schlechter Tag / Bild: KK SCHLECHTER SCHLAF - SCHLECHTER TAG
Kurz gesagt: Wir schlafen uns stärker, schlauer und sogar fitter, um gegen neue Belastungen optimal gewappnet zu sein. In der Ruhe liegt die Kraft. Wie viel Wahrheit in dieser Redensart wirklich steckt, wird jetzt erst richtig klar. Vor allem, wenn man sich ihren Umkehrschluss vor Augen führt. Was passiert nämlich, wenn der Körper nicht genügend Ruhe bekommt? Bewiesen ist: Die Quote herkömmlicher Unfälle in Verkehr, Haushalt und Sport ist bei Schlaflosen deutlicher höher als bei Ausgeschlafenen. Auch Gereiztheit, depressive Verstimmungen und Unzufriedenheit kennt sicherlich jeder, der einmal eine kurze Nacht hinter sich gebracht hat.

Lang andauernde Schlafstörungen können letztlich verheerende physische Folgen haben – wie Abfall der Leistungsfähigkeit im Sport und im Alltag, erhöhte Blutzuckerwerte durch einen verlangsamten Kohlenhydratstoffwechsel oder eine erhöhte Konzentration des Stresshormons Kortisol. Solche Werte wurden selbst bei jungen Testpersonen gemessen, die für eine Woche mit nur vier Stunden Schlaf pro Tag auskommen mussten. Schlafstörungen, die sich über Wochen ziehen, sind daher durchaus ernst zu nehmen. „Wer dauerhaft schlecht schläft, gerät in eine Abwärtsspirale von Müdigkeit, Stress und körperlicher Schwäche“, warnt Zulley. Der Experte verrät aber auch, dass „guter Schlaf trainierbar ist. Man muss nur herausfinden, wie man am besten zur Ruhe findet. Psychologen und Schlafexperten können dabei jedenfalls helfen.“