Entstanden sind sie einst als Mittel zum Zweck – heute sind alpine Hütten puristische Sehnsuchtsziele für uns Outdoorfans. Sie stehen für intensives Bergerleben, wie es nur am Abend, während der Nacht oder am Morgen möglich ist.

Oliver Pichler

Das Übernachten in Berghütten hat den Vorteil, dass man mehr Zeit hat um das ‚Oben-Sein‘ zu genießen. Tagesgäste hingegen haben oft primär den Gipfel im Blick und kehren nur kurz ein“, berichtet Christian Toth vom Schiestlhaus (2156 m) am Hochschwab. Der Wandel von betriebsam tagsüber zu gemütlich ­entspannt ab dem späteren Nachmittag, ist charakteristisch. Wer bleibt, kann den malerischen Wechsel von Tag zu Nacht samt Sonnenuntergang genießen. Vielleicht zieht auch zwischendurch ein Gewitter vorbei? Draußen überaus gefährlich, ist es von der Hütte aus bestaunt, ein eindrucksvolles Schau- und Hörerlebnis, Blitze, Sturzbäche an Felsflanken u.ä. inklusive. In der Nacht lässt einen dann, wenn der Himmel klar ist, der Sternenhimmel staunen. Auch Vollmondnächte sind besonders eindrucksvoll.

Bald am Morgen kehrt die Betriebsamkeit zurück. Weitwanderer streben früh ihrem nächsten Etappenziel entgegen. Andere brechen im Morgengrauen auf, um wie am Hochschwab einen von Tagesgästen frequentierten Gipfel für sich alleine zu haben, den Sonnenaufgang zu erleben oder Gamswild und Steinböcke zu beobachten. Gemächlicher gehen es Hüttengenießer an. Vielleicht weil sie wissen, dass die Morgensonne die umliegenden Berge feuerrot färbt, was sich von der Terrasse aus bequem bestaunen lässt.

Hütten-Übernachten boomt
„Seit über einem Jahrzehnt ist das Interesse an Hüttenübernachtungen stark steigend. Das hat mit dem Wunsch vieler Menschen zu tun, in die Natur und in die Berge zu kommen. Auch das Weitwandern boomt“, berichtet Helmut Ortner von der Wolayerseehütte (1960 m), die genial liegt: direkt am Wolayersee umrahmt von Hunderte Meter hohen Felsflanken, im Lesachtal in Kärnten. Um ihre Sehnsucht zu stillen, in alpinen Regionen unterwegs zu sein, nehmen die Gäste hütten­typische Komforteinschränkungen in Kauf. Ortner von der Wolayerseehütte und Toth vom Schiestlhaus verzeichnen so viele Reservierungen wie noch nie zuvor. „Für Kurz­entschlossene wird es leider schwieriger, einen Platz zu bekommen“, nennt der Schiestlhaus-Wirt eine Kehrseite des Booms.

Neben den puristisch-einfachen alpinen Hütten gibt es nicht so hochalpin gelegene Quartiere, die mit etwas mehr Komfort aufwarten. „Wer zu uns kommt, sucht Abgeschiedenheit, wünscht sich direkt von der Hütte aus Wanderungen zu beginnen und schätzt unser Mehr an Komfort. Seit unserer letzten Modernisierung haben wir keine Lager mehr und alle Zimmer verfügen über Dusche und WC“, betont Christian Achleitner vom Brechhornhaus (1700 m) in den Kitzbühler Alpen.

How to – Hüttenübernachten

Auf alpinen Hütten geht es deutlich einfacher, je nach Standort eingeschränkter zu, als man es von einfachen Quartieren im Tal gewohnt ist. So sind etwa Gemeinschafts-­WCs und -Waschräume die Regel. Und nicht überall gibt es genug Wasser, um duschen zu können. Bettwäsche und Handtücher sind nicht Standard. Geschlafen wird teils in Lagern, teils in Zimmern mit zwei oder mehr Betten. Da Hüttenübernachten boomt, sollte man keinesfalls ohne Reservierung aufbrechen.

Unbedingt mitnehmen

  • Hüttenschlafsack
  • evtl. aufblasbares Kopfkissen
  • Handtuch
  • Stirnlampe, möglichst mit Rotlicht, um sich nachts in der Hütte zu bewegen, ohne die anderen zu stören
  • Ohropax sowie evtl. Schlafmaske
  • Schlapfen bzw. Hausschuhe
  • Zahnbürste und Zahnpasta, Seife/Duschgel
  • Smartphone-Ladegerät und Powerbank
  • bequeme Hütten-/Schlafkleidung & Wechselsocken
  • Bargeld

Vorab checken
Anhand der Infos zur Hütte bzw. beim Reservieren sollte man hinterfragen:

  • Welche Quartiervarianten es gibt – Lager, Zimmer mit 2 oder mehr Betten
  • Ausstattungsdetails – um möglichst von obiger ­Checkliste NICHT alles mitnehmen zu müssen
  • Duschmöglichkeit
  • Verpflegungsangebot
  • Möglichkeit, Trinkwasser nachzufüllen
  • Kleidungs-/Ausrüstungs-Trocknungsmöglichkeit
  • Preise für Übernachtung, Verpflegung, andere Aufpreise, Stornogebühren
  • Bezahlmöglichkeiten
  • Smartphone-Lademöglichkeit & Handynetz
  • Hundebesitzer: ob Hunde erlaubt sind

Während man in den hochalpinen Hütten vom Komfort her Einschränkungen erwarten muss, hat sich ihr kulinarisches Angebot beachtlich entwickelt. Tagsüber machen zwar meist Hüttenklassiker den Hauptteil der gewünschten Gerichte aus. Anders ist es am Abend. „Unsere Küche ähnelt der eines Landgasthofs im Tal. Ganz selbstverständlich gibt es vegetarische und vegane Gerichte“, schätzt Helmut Ortner den Küchenstandard der Hütten als hoch ein. „Die Gerichte, die wir am Abend servieren, sind andere als die, die es tagsüber gibt. Wir kochen sehr regional, mit Produkten aus der eigenen Landwirtschaft und immer wieder gibt es Wild“, so der Lesachtaler. Auch Christian Achleitner serviert im Brechhornhaus abends eigene hausgemachte regionale Gerichte. Wohl auch wegen der sehr exponierten Lage gibt es am Schiestlhaus tagsüber und am Abend das gleiche Angebot. „Was es gibt, machen wir auf Tafeln kund. Von Standards wie Spaghetti und Grießschmarrn über zahlreiche vegetarische und vegane, aber auch orientalische Gerichte gibt es eine große Auswahl“, erklärt Schiestlhaus-Wirt Toth.

Hütte ist nicht gleich Hotel
„Das Übernachten auf alpinen Hütten ist anders als in Quartieren im Tal, wo Zimmer mit Dusche und WC Standard sind“, betont Helmut Ortner. Das hat mit deren exponierter Lage zu tun. Die Versorgung mit Wasser und Energie ist viel aufwendiger. Auch die sehr beschränkten räumlichen Möglichkeiten erzwingen Einschränkungen. „Die Zimmer und Lager dienen nur dem Rucksackabstellen und Schlafen“, erklärt Toth. Es gibt Gemeinschafts-­Waschräume und -WCs, getrennt für Damen und Herren. Bettwäsche wird nicht zur Verfügung gestellt, sondern nur mit Spannleintüchern überzogene Matratzen, die nicht nach jedem Gast gewechselt werden. „Jeder muss seinen Hüttenschlafsack mitbringen“, weiß Helmut Ortner.

Auf Hütten ist man dazu angehalten, gegenseitig Rücksicht zu nehmen, etwa wenn man spät schlafen geht oder früh aufsteht. „Wichtig ist gleich beim Ankommen den Schlafplatz und den Hüttenschlafsack vorzubereiten“, rät Christian Toth. Für die Nacht ist eine Stirnlampe ideal, die neben Weiß- auch Rotlicht bietet, weil Rotlicht die anderen kaum blendet. Auch in Sachen Privatsphäre muss man sich einschränken. Bucht man zu zweit ein Mehrbettzimmer, muss man ähnlich wie in einem ­Lager davon ausgehen, mit Fremden gemeinsam zu übernachten. „Die Lager sind meist mit Abtrennungen bzw. Kojen für ein oder zwei Personen ausgestattet“, erzählt Wolayersee-Hüttenwirt Ortner.

Bei der Erreichbarkeit und der Verfügbarkeit von Strom, Handynetz und Internet für die Gäste muss man sich ebenfalls einschränken. „Dass Hütten deutlich schwerer erreichbar sind als Quartiere im Tal, muss man bedenken. Ist das Wetter schlecht, kann es sein, dass wir nicht per Hubschrauber erreichbar sind“, stellt Christian Achleitner klar. Das Schiestlhaus ist überhaupt nur zu Fuß oder per Hubschrauber erreichbar. Zum Wolayerseehaus führt seit ein paar Jahren eine nicht öffentliche Forststraße. Selbst das weniger exponierte Brechhornhaus ist nur notfalls über eine zwölf Kilometer lange, nicht öffentliche Bergstraße erreichbar. „Unsere Gäste kommen zu Fuß (45 Minuten) von der Bergstation der Seilbahn, die von Westendorf auf den Berg führt, zur Hütte“, weiß der Brechhornhaus-Wirt. Sein urig-moderner Betrieb bietet mehr Komfort. Es gibt Ein- bis Vierbettzimmer, die jeweils über Dusche und WC verfügen. Auch Bettwäsche und Handtücher gehören zum Angebot.

„Zu uns kommen nicht primär Bergsteiger, sondern Berggenießer, die Ruhe suchen, kleinere Wanderungen machen und eine Nacht am Berg erleben wollen“, beschreibt Christian Achleitner seine Gäste.Auch wenn das Hüttenübernachten zu Einschränkungen zwingt, gibt es immer wieder überraschende Highlights. Dazu zählen nahe Bergseen, in denen man Abkühlung suchen kann, beheizte Hotpots u.v.m. Und Gäste der Wolayerseehütte können sich auf bergsteigerspezifische Massagen freuen. Eigens dafür kommt der ehemalige Berglauf-Weltmeister Markus Hohenwarter, heute Heilmasseur, wöchentlich zwei Tage in die Hütte in den Karnischen Alpen.