Kinder lernen schnell und ahmen Papa und Mama nur zu gern nach – mit dem richtigen Bike gelingt so auch der Einstieg ins Mountainbiken wahrlich kinderleicht. 

Lukas Schnitzer
Lukas Schnitzer

Mountainbiken mit Kids? Bringt, richtig in Angriff genommen, Groß wie Klein Freude und macht durchaus schon in jungen Jahren Sinn. So manche Mountainbiker-Karriere hat erstaunlich früh ihren Ausgang genommen, mitunter sind Kinder bereits im Alter von vier oder fünf Jahren ganz wild aufs Mountainbike. Allerdings sollte man es in diesem Alter noch „sanft und langsam angehen, da der Bewegungsapparat erst ab etwa sechs Jahren so weit entwickelt ist, dass Sehnen und Muskeln auch stärkeren Belastungen standhalten. Davor sollte man starke Steigungen – sowohl aufwärts als auch abwärts – und ruppiges Gelände meiden, stattdessen flacheren Schotterwegen und sanft fließenden Trails, den sogenannten Flowtrails, den Vorzug geben oder mit dem Kind erste gemütliche Runden am Pumptrack drehen“, mahnt Belinda Ableitinger von woom trotz Enthusiasmus’ zu Maß und Ziel. Generell lautet ihre Empfehlung: „Sobald das Kind entsprechend motiviert ist und auf ein 20-Zoll-Mountainbike passt, steht dem Mountainbike-Abenteuer nichts mehr im Weg.“
 

Steckbrief für Kinder-MTBs
Wie man das richtige Mountainbike für sein Kind findet? Die wichtigsten beiden Faktoren beim Radkauf, so sind sich Belinda Ableitinger und der ebenfalls von uns um seine Expertise gefragte Jan Witzlack von Pyro Bikes einig, bleiben auch beim Kinder-­MTB das Gesamtgewicht und die Ergonomie. Auf- und Absteigen, Anfahren und Anhalten, das Manövrieren während der Fahrt, Bergauf- und Bergabfahren – all dies gelingt Kindern mit möglichst leichten Rädern einfach besser und sicherer. Schließlich wiegen Kinder deutlich weniger als Erwachsene und das sollte sich auch im Bike widerspiegeln.

Neben einem leichten Rahmen lässt sich bei den Kleinen beispielsweise auch durch den Verzicht auf Federungselemente Gewicht einsparen. Diese haben gerade bei sehr leichten Kindern oder abseits echter Trails oft ohnehin keine nennenswerten Vorteile. Für eine gute Dämpfung, so erklärt es Ableitinger, sind leichte und breite Reifen mit reduziertem Luftdruck in Verbindung mit gut gelernter Fahrtechnik für viele Zwecke ausreichend. Erst ab einem Körpergewicht von 25 bis 30 kg lohnt aus Sicht von woom die Überlegung zur Federgabel. Federgabeln empfiehlt woom für anspruchsvolle Trails mit Wurzeln und Felsen, sanfte (Anfänger-)Wege und befestigte Straßen sind eher Metier von Carbon-Starrgabeln. Braucht es wirklich eine Luft-Federgabel, muss diese aber unbedingt fein an das Fahrergewicht angepasst werden.

Jan Witzlack hat zum Thema Federgabel eine zweigeteilte Meinung: „Das Angebot für kinderspezifische Federgabeln ist auf dem Markt überschaubar. Entsprechend ist die Preis­politik dieser. Nichtsdestotrotz gibt es Situationen, in denen es unserer Meinung nach Sinn ergibt, auch Fahrräder für Kinder mit einer hochwertigen Federgabel auszustatten. Dazu zählen das Steigern der Sicherheit und des Spaßfaktors, beispielsweise bei der Nutzung im rauen Gelände oder im Bikepark. Des Weiteren ist ein psychologischer Faktor nicht zu verachten: Kinder sehnen sich oftmals nach Produkten bzw. ähnlichen Produkten, welche ihre Vorbilder – die Erwachsenen – fahren. Dieser Effekt kann die Motivation deutlich steigern“, so seine Perspektive. 
 

Vielleicht noch wichtiger als das Gewicht: Ein Fahrrad muss in der Größe exakt passen. Es sollten, so Ableitinger sinngemäß, nicht einfach Erwachsenenräder geschrumpft, sondern die Räder auf die wachsenden Körper von Kindern hin entwickelt werden. Dies beginnt bei der kindgerechten Geometrie und geht bis zu ergonomischen Komponenten: einfach zu bedienenden Bremshebeln, dünnen Lenkern und Griffen sowie speziellen Sätteln und sinnvoll abgestuften Gangschaltungen. 

Wichtiger als die Anzahl der Gänge sieht Witzlack bei Letzteren eine „sinnvolle Abstufung und eine der Kraft des Kindes angepasste Unter-/Übersetzung“. 1-fach-Varianten eignen sich hier ob ihrer reduzierten Komplexität – es gibt nur einen Ganghebel – deutlich besser als Varianten mit zwei Kettenblättern. Scheibenbremsen, da sind sich die Experten einig, erhöhen die Sicherheit, da sie insbesondere bei nassen Bedingungen ein deutlich besseres Bremsverhalten bieten als Felgenbremsen. Wobei Zweitere wiederum „einen Preisvorteil sowie eine besonders einfache Wartungsmöglichkeit bieten“, gibt Witzlack zu bedenken. Ob der reduzierten Handkraft und besseren Dosierbarkeit raten wir an dieser Stelle aber trotzdem zu hydraulischen Scheibenbremsen.

Ehrliche Antworten
Vor dem Kauf, so sind sich Belinda Ableitinger und Jan Witzlack einig, sollte man sich immer die Frage stellen: Wo wird mein Kind vor allem fahren? Steht hauptsächlich der Schulweg oder der Einsatz auf ­geteerten Wegen in Aussicht, ist vielleicht ein City-Modell mit stabilen Schutzblechen und Beleuchtung die bessere Wahl. Gerne werden Mountainbikes auch ob ihres Coolness-Faktors bevorzugt und auf Asphalt nachteilige Faktoren wie breite Geländereifen und ein gewisses Mehrgewicht vom Nachwuchs gerne in Kauf genommen, weiß Jan Witzlack. Im Straßeneinsatz sollte man dann aber zumindest in zusätzliche Beleuchtung investieren. 
Wollen Kind und Eltern aber wirklich regelmäßig ins Gelände fahren, dann führt am Kinder-Mountainbike kein Weg vorbei. Gerade im Lernprozess müssen die Bikes hier einiges wegstecken, schließlich gehören Stürze unter ambitionierten Youngsters einfach dazu. Darauf muss das Bike auch ausgelegt sein. „Es ist wichtig, ein Mountainbike zu finden, das sicher, leicht und ergonomisch für Kinder gestaltet ist und über hochwertige Mountainbike-Bremsen und -Komponenten verfügt“, fasst Belinda Ableitinger nochmals zusammen. Nice-to-haves sind etwa die Möglichkeit, Dropper-Posts zu verbauen oder Lauf­räder und Reifen auf Tubeless umzurüsten.