Gemeinsam berglaufen. Auch dieses Jahr bezogen die kenianischen Spitzenläufer von Run2gether ihr Sommerquartier in Kärnten. ­SPORTaktiv ist beim Höhentraining auf der Hochrindl mitgelaufen.

Von Christoph Lamprecht


Schön ist sie, die Hochrindl. Auf rund 1.600 Metern Seehöhe mitten in den Kärntner Nockbergen, zwischen Ossiacher See und Turracher Höhe gelegen, herrschen Idealbedingungen für knackige (Berg-)Laufeinheiten.

Nach etwas mehr als zwei Stunden Autofahrt von Graz treffen wir hier die Athleten des Vereins Run2gether. Ihr Ausstatter, der Schweizer Edel-Laufschuherzeuger On, hat zudem noch Fachhändler aus ganz Österreich zur Präsentation des neuen Trailrunning-Modells geladen. Und als einzige Medienvertreter mit von der Partie sind wir zwei von SPORT­aktiv – „Arbeitsbedingungen" für Tage, über die man wirklich nicht meckern kann ...

Bereits seit 2008 kommen im Rahmen der Run2gether-Initiative unter der Leitung des Steirers Thomas ­Krejci kenianische Nachwuchs- und Wettkampfläufer über die Sommermonate nach Österreich, um einerseits mit ambitionierten Aktivurlaubern zu trainieren und andererseits diversen europäischen Laufveranstaltungen ihren Stempel aufzudrücken. Sowohl die Teilnehmerzahlen bei den Laufcamps als auch die erzielten Rennerfolge sprechen für sich: Zu den sportlichen Höhepunkten des vergangenen Jahres zählen unter anderem Siege beim Triest-Marathon sowie bei den Halbmarathons in Piacenza und der Wachau.

Von Betreuerseite ist man sichtlich stolz auf die erbrachten Leistungen, auch wenn die soziale Komponente deutlich wichtiger scheint als individuelle Ergebnisse. Ein Umstand, der sich auch im respekt- wie humorvollen Umgang in den Laufcamps widerspiegelt. „Das Interesse, durch gemeinsame Trainingseinheiten voneinander zu lernen, sich auszutauschen über Land, Leute und unterschiedliche Kulturen, war und ist bei Profis wie auch bei den Campteilnehmern nach wie vor enorm. 2015 durften wir zwischen Mitte Juni und Anfang September in insgesamt 12 Laufwochen 207 Gäste willkommen heißen", weiß Obmann Krejci.

Was der Verein durch seine Mitgliedsbeiträge, Laufwochen und Wettkämpfe erwirtschaftet, wird zum größten Teil in die Infrastruktur in Kiambogo reinvestiert, wo sich unter anderem auch das Run2gether-Camp befindet und auf laufbegeisterte Afrika-Urlauber wartet (Infos findest du am Ende des Artikels).

KRAFT AUS DEM EINTOPF
Zu Mittag gibt es auf der Hochrindl eine ausdauersportgerechte Stärkung. Am Speiseplan steht Mchuzi, ein schmackhafter traditioneller Eintopf aus Bohnen, Erdäpfeln, Karotten und Zwiebeln, der von unseren kenianischen Gastgebern zubereitet wird. „Das gibt dir Kraft", versichert mein Tischnachbar Francis Muigai Wangari, der 2014 den Kitzbüheler-Horn-Berg­lauf gewann und im Vorjahr Zweiter wurde. Muigai hat viel Kraft – „im Normalfall laufen wir an sechs Tagen in der Woche jeweils um die 30 km. Während der Sommermonate stehen für mich insgesamt acht Rennen am Programm, also fast jedes Wochenende eines", verrät mir der gutgelaunte Berglauf-Spezialist.

Nach einer kurzen Einführung durch On-Developer Nils Altrogge starten wir schließlich mit dem neuen „Cloudventure" an den Füßen zur ersten Laufeinheit. Die Gruppe ist guter Dinge, das Tempo human, und dass SPORTaktiv-Fotograf Thomas mitsamt Kamera-Equipment immer wieder voraussprintet, um gute Schnappschüsse zu erhalten, und dabei ganz schön ins Schwitzen kommt, sorgt für den einen oder anderen Schmunzler.

AUF WOLKEN LAUFEN
Gerade beim Abwärtslaufen kommt die spezielle Sohlenkonstruktion von On mit ihren sogenannten „Clouds" voll zur Geltung. Als alter Kniepatient, der schmerzbedingt lieber 10 km bergauf als 100 m ­bergab läuft, weiß ich die dezente, aber zwecksmäßig angenehme Dämpfung zu schätzen.

Flankiert von flechtenbehangenen Zirben ziehen wir das Tempo an. „Das Wichtigste bei einem Laufschuh ist, dass man sich darin wohlfühlt. Das gilt umso mehr, wenn man im Gelände läuft", hebt Produktentwickler Nils seine Philosophie nochmals hervor. „Dass möglichst ausgeprägte Dämpf- und Stützelemente die Läufer schützen, hat sich leider in den Köpfen eingebrannt. Dabei hat sich in der Verletzungsstatistik seit 20 Jahren nichts verändert. Vieles, was in diesem Bereich angepriesen wird, entbehrt jeder biomechanischen Grundlage. Auch Haile Gebrselassies starke Pro­nation hat ihn niemals von Rekordleistungen abgehalten. Komfort ist und bleibt für uns einer der wichtigsten Parameter für sicheres Laufen und somit auch bei der Entwicklung eines neuen Schuhmodells."

Mit Fortdauer des Laufs verstummt so manche Unterhaltung – während unsere wettkampferprobten Begleiter, die sich bei diesem Tempo höchstens im regenerativen Bereich bewegen, bis zum Schluss zu Scherzen aufgelegt sind.

WIEDERSEHEN IN KENIA
Tags darauf steht noch vor dem Frühstück ein Morgenlauf an. Kurz vor 6 Uhr hat die Morgensonne die umliegenden Wälder in ein fast schon kitschiges Licht getaucht. Gerade zu dieser Tageszeit ist es in den Nockbergen traumhaft, sodass es naturaffine Urlauber nicht lange in ihren Zirbenbetten hält. Dementsprechend locker la­ssen wir Kilometer um Kilometer hinter uns, während die lebensfrohen Profiläufer aus Kenia zwischendurch immer wieder mit individuellen Techniktipps für zusätzliche Motivation sorgen.

Als sich unsere Morgenrunde dem Ende nähert, hat der körpereigene Endorphin-Cocktail seine volle Wirkung entfaltet und mit ihm die Gewissheit, dass dies sicher nicht mein letzter Besuch auf der Hochrindl war. Auch mein nächstes Fernreiseziel steht fest. Nach zwei Tagen Höhentraining in Kärnten plane ich ein Wiedersehen mit der Run2gether-Crew – diesmal in Kenia.

Auch interessant ...