Bei den einen fallen bei Sommertemperaturen Trainingslust und Leistungs­fähigkeit in den Keller – andere laufen problemlos weiter auf Hochtouren: ­SPORTaktiv-Doc ­Robert Fritz’ Tipps für heiße Sommertage. 

Christof Domenig
Christof Domenig

Wie gut man Hitze beim Sport verkraftet, ist jedenfalls individuell und hat unter anderem mit unserem körper­eigenen Kühlsystem zu tun: dem Schwitzen. Das ist nichts anderes als eine Art Wasserkühlung. „Eigentlich faszinierend, wie gut der Körper das schafft“, sagt Robert Fritz und erklärt: „Flüssigkeit wird an die Hautoberfläche transportiert, diese verdunstet und dadurch kühlen sich die Haut, die Haustschichten darunter und das Blut, das dort fließt, ab. Das heruntergekühlte Blut wird dann zum Zentrum des Körpers transportiert und kühlt dort die Organe.“ Etwa 37 Grad soll die Körperkerntemperatur konstant betragen, damit unser Organismus bestmöglich funktioniert – ist es draußen zu heiß, läuft die körpereigene Kühlung auf Hochtouren. 
 

So weit, so ausgeklügelt – leider funktioniert dieses Kühlsystem bei manchen perfekt und bei anderen nicht ganz so gut. Bei einem „perfekten Schwitzer“ bildet sich ein dünner Schweißfilm auf der Haut, der sehr gut verdunsten kann. Bei denen, die zu wenig schwitzen, schraubt der Körper bei Anstrengung zwar die Durchblutung in die Höhe (was sich etwa am roten Kopf zeigt), ohne dass es zu einem adäquaten Herunterkühlen kommt. „Es kann zum Beispiel der Fall sein, dass genetisch bedingt weniger Schweißdrüsen vorhanden sind. Aber es können auch Probleme mit der Schilddrüse oder hormonelle Probleme dahinterstecken“, weiß der Sportmediziner – also eventuell mal einen Arzt konsultieren, wenn man das Gefühl hat, in die Gruppe der „Wenigschwitzer“ zu gehören. Und dann gibt es noch die „Vielschwitzer“, die auch nicht ideal ausgestattet sind: „Wo der Schweiß in Bächen runterrinnt: Die viele Flüssigkeit bildet dann eher eine zusätzliche Isolationsschicht, was die Verdunstung und den Hitzeabtransport behindert.“ Beeinflussen kann man das eigene  Schwitzverhalten nur wenig – das körpereigene Kühlsystem unterstützen aber sehr wohl.

Die Flüssigkeitsversorgung
Denn natürlich will die Flüssigkeit, die über den Schweiß verloren geht, nachgefüllt werden. Bei leichten Grundlageneinheiten bis zu einer Stunde reicht Wasser, wobei auch unterwegs keine Versorgung nötig ist. Ab einer Stunde, spätestens 90 Minuten sollte man dagegen eine Versorgung beim Sport mit einplanen – und: „Man kann die Wasseraufnahme in den Körper unterstützen, indem man das Wasser mit Mineralstoffen und mit Kohlenhydraten, also Energie, aufpeppt.“ Es hat mit der Osmose zu tun, erklärt Fritz, dass die Aufnahme über den Darm schneller und besser vonstattengeht, wenn im Getränk eine gewisse, allerdings auch nicht zu hohe Konzentration an Teilchen vorhanden ist. „Wir haben früher jahrelang von isotonen Sportgetränken als ideal geredet – das muss aber gar nicht sein, heute haben wir auch hypotone Sportgetränke: solche, die ein wenig Kohlenhydrate, Mineralstoffe und Spurenelemente enthalten, damit die Osmose und Flüssigkeitsaufnahme optimal läuft, aber nicht gleichzeitig unnötig viel Energie zugeführt wird.“ 

Das isotone Sportgetränk – mit mehr Energie als das hypotone – ist wiederum dann sinnvoll, wenn es im Training oder Wettkampf intensiv zur Sache geht. Fritz hat dazu eine Goldregel, auf die oft vergessen wird, die es an heißen Tagen aber zu beachten gilt: „Je heißer es ist, umso mehr gilt es zu verdünnen. Denn die ideale Energieversorgung, beispielsweise mit 60 g Kohlenhydraten, bemisst sich ja pro Stunde und nicht pro Liter Getränk! Will ich im gleichen Zeitraum also mehr Flüssigkeit reinkriegen und die Energie konstant halten, muss ich das Getränk entsprechend mehr verdünnen.“

Weitere Hitze-Maßnahmen
Nicht der Blick aufs Thermometer allein entscheidet übrigens – hohe Luftfeuchtigkeit erhöht die Belastung, Wind (auch Fahrtwind etwa beim Radfahren) kühlt. Abgesehen vom Trinken kann man das körper­eigene Kühlsystem auch anderweitig unterstützen – vor allem können das auch jene, die von Natur aus mit keinem optimalen Schwitzverhalten gesegnet sind. „Über Funktionsbekleidung, die bei direkter Sonneneinstrahlung möglichst hell sein sollte, um die Sonnenstrahlen zu reflektieren. Ein ganz banaler Trick, wenn du wenig schwitzt: Mach die Kleidung nass.“ Denn über ein Funktionsshirt und Wasser von außen wird die Wärme von der Haut ebenfalls wegtransportiert. Profis sieht man oft bei Hitze mit weißen Ärmlingen – auch das ein Trick, der die Kühlung unterstützt!

Eine nass gemachte Kappe hat denselben Effekt. Die Kopfbedeckung ist in der Hitze auch deshalb wichtig, weil die direkte Sonneneinstrahlung auf den Kopf nicht zu unterschätzen ist, erklärt Fritz. Wer dichtes Haar hat, für den gilt das weniger, je dünner und lichter die Haare, umso mehr darauf achten.

Beim Thema Sport unter der direkten Sonne ist das Thema Hautschutz unbedingt zu erwähnen: „Es gibt spezielle Sonnenschutzprodukte für den Sport, die wasserdicht und somit schweißresistent sind – zugleich sollen sie nicht zu milchig sein, um die Poren nicht zu verstopfen. Eher dünn, ölartig. Und man soll mindestens einen Lichtschutzfaktor 30 oder höher wählen.“

Wie hoch die individuelle Zusatzbelastung des Körpers bei Sommerhitze ist, dafür ist die Herzfrequenz ein guter Indikator. Um diese einordnen zu können, braucht es logischerweise einen Referenzwert. Wer das ganze Jahr nie nach Herzfrequenz trainiert und seine passenden Trainings-Herzfrequenzbereiche auch nicht kennt, dem nutzt also auch bei Hitze die Kontrolle nichts. Umgekehrt hört der Sportmediziner oft das Argument: „Im Sommer schaue ich nicht auf die Herzfrequenz, da müsste ich ja sonst viel langsamer unterwegs sein.“ Aber genau das sei ja der Sinn der Sache: „Weil der Körper mehr Arbeit mit der Kühlung hat, werde ich mit weniger Leistung, weniger Geschwindigkeit eine höhere Herzfrequenz haben.“ Entsprechend gilt: Intensität zurückschrauben, um den gewünschten Trainingseffekt zu erzielen.

Wenn du wenig schwitzt, mach deine Funktionskleidung nass, um die Kühlung zu unterstützen.

Auf Körpersignale achten
Wie stets plädiert unser „SPORTaktiv-Doc“, aufs Körpergefühl zu achten. „Der gesunde Unter-35-Jährige, der nie ein Problem mit Sport bei hohen Temperaturen gehabt hat, sich bei 30 Grad pudelwohl fühlt, wird auch jetzt keines kriegen.“ Wer dagegen merkt, dass an heißen Tagen seine Leistungsfähigkeit geringer ist, sollte sich daran anpassen, Trainings etwa an die Tagesrandzeiten legen oder auch einmal sportliche Alternativen suchen. Alles im und am Wasser ist hier ideal: „Schwimmen, Rudern, Stand-up-Paddeln. Oder man wechselt an heißen Tagen mal ins klimatisierte Fitnessstudio.“

Belastend ist für den Körper übrigens vor allem auch ein starker Temperaturwechsel – heißt: An den ersten heißen Tagen des Jahres oder auch in einem Trainingslager im Süden das Pensum nicht sofort zu hoch legen, sondern langsam steigern und gewissermaßen akklimatisieren. Nicht vergessen, die nächtliche Erholungsqualität ins Sportpensum „einzupreisen“: Es ist logischerweise ein Unterschied, ob nach  einem heißen Tag nachts angenehm kühle Bergluft beim Fenster reinweht – oder man in einer auf 28 Grad aufgeheizten Dachgeschosswohnung im Bett dahindunstet. 

Dr. Robert Fritz
Dr. Robert Fritz

Der Sport- und Ernährungsmediziner ist einer der Gründer und medizinischer Leiter einer Unit der „Sportordination“ in Wien und einer der bekanntesten Sportärzte in Österreich. Als „SPORTaktiv-Doc“ beleuchtet er kompetent in jeder Ausgabe ein Sport- oder Ernährungsthema.


Web: www.sportordination.com