Was zeichnet die besten Skitourenregionen im Alpenraum aus? Wie findet man das persönlich für sich passende Gebiet? Ein Lust machender Wegweiser.

Oliver Pichler

Frag zehn erfahrene Bergfexe nach ihrem persönlichen Skitouren-Highlight, du wirst zehn unterschiedliche Antworten bekommen – mindestens. Zu subjektiv, aber auch zu abhängig von den gerade herrschenden Bedingungen ist die Fragestellung nach der „besten“ Skitour. Doch dass es neben vielen schönen auch herausragende Touren gibt, die zu entdecken sich lohnt, ist unbestritten. Diesen Anspruch als „absolut erlebenswert“ erheben auch unsere „Top20“-Tourenvorschläge im Anschluss an diese Geschichte, die wir einmal mehr mit intimen Kennern der jeweiligen Regionen sorgfältig ausgewählt haben.

Für die dazugehörige Story haben wir uns letztlich entschieden, nicht einzelne Touren herauszugreifen, sondern stattdessen herausragenden Tourenrevieren auf den Grund zu gehen – und drei Bergprofis gebeten, uns ihre Heimatregion aus Skitourer-Perspektive näherzubringen. Was braucht eine lässige Skitourenregion, woran kann man ihre Qualität bemessen? „Sie bietet zunächst unterschiedliche Geländeformen“, meint Skiführer Stephan Skrobar, der das Freeride- und Alpincenter „Die Bergstation“ in Ramsau am Dachstein leitet. „Das erhöht bei unterschied­lichsten Wetter- und Schneebedingungen die Anzahl möglicher Touren. Zumindest ein Teil der Startpunkte sollte unter der Waldgrenze liegen. Das hat den Vorteil, dass man von Wind und Wetter weniger abhängig ist.“

„Wichtig ist, dass eine Region Möglichkeiten in unterschiedlichen Höhenlagen bis hinauf in hochalpine, vergletscherte Regionen bietet. Das ermöglicht die ganze Skitourensaison über bis in den Mai, Touren zu machen und zwischen unterschiedlichsten Highlights wählen zu können“, findet Berg- und Skiführer Martin Glantschnig aus Heiligenblut, dem legendären Kärntner Dorf am Großglockner in der Nationalparkregion Hohe Tauern. 
Abgesehen von landschaftlichen Gegebenheiten, ist für Skrobar auch von Bedeutung, dass es hochwertige Ber­gsport- und Skischulen vor Ort gibt, mit Expertinnen und Experten, die in der Lage sind, auch Nichtprofis das sichere Erleben von Touren-Highlights zu ermöglichen. „Nur wer in einer Region regelmäßig unterwegs ist, kennt die Verhältnisse, weiß, wann der Schnee wo gut ist, welche Touren auch abseits der regionalen Modetouren interessant sind und wo welche Gefahren lauern“, betont der Experte. Der Heiligenbluter Glantschnig bestätigt: „Viele passionierte Tourengeher, die in unsere Region kommen, engagieren Bergführer, damit wir mit ihnen Touren gehen, die sie selbst nicht finden würden“.

Noch ein wichtiger Punkt: Auch an den Beherbergungsbetrieben und Gastgebern in einer Region würde man merken, ob man sich in einer hochwertigen Skitouren-Destination befindet: „In Tourengeher-Orten ist es kein Problem, schon um 6 Uhr ein Frühstück zu bekommen“, merkt Skrobar dazu an. Für Glantschnig ist ein Qualitätsmerkmal auf Skitourengeher ausgerichteter Unterkünfte auch, „wie schnell und professionell Fragen von kundigen Ansprechpartnern beantwortet ­werden“. 

Drei Regionen, beispielhaft gut
Es ist also die Kombination aus natürlichen Voraussetzungen – wie Schneereichtum, unterschiedlichen Höhenlagen, Bergen mit Skitourenrevieren in verschiedenen Himmelsrichtungen – mit Service und der Infrastruktur vor Ort, die sehr gute Skitourenregionen auszeichnet. Doch was macht konkret die Heimatregionen unserer drei Experten – die Kärntner Nationalparkregion Hohe Tauern rund um Heiligenblut und Mallnitz, die Dachstein-Tauern-Region, Ausseerland und Salzkammergut sowie den slowenischen Teil der Julischen Alpen für Skitourensportler – zum erstrebenswerten Ziel?

„Unter passionierten Skitourengehern sprechen wir eher abfahrtsorientierte an, da wir durch die Bergbahnen – Heiligenblut, Mölltaler Gletscher und Ankogel – die Möglichkeit haben, sehr hoch oben zu starten“, erzählt Bergführer Martin Glantschnig. Geniale, weite, abfahrtslastige Skitouren werden dadurch möglich. „Die High-End-Variante startet bei der Seilbahn-Bergstation Hochfleiss in Heiligenblut mit einer steilen Abfahrt zum Zirmsee. Von dort steigt man zum Hohen Sonnblick auf, wo die zweite Abfahrt Richtung Kolm-Saigurn beginnt. Danach folgt der Gegenanstieg hinauf zum Mölltaler Gletscher. Wer möchte, kann dann noch weiter nach Sportgastein abfahren“, beschreibt der Heiligenbluter eine Skitouren-Tagesetappe, die mit gerade einmal vier Stunden Aufstieg 40 Kilometer entfernt vom Ausgangspunkt endet. 

Doch nicht nur Extremes hat die Region zu bieten: „Das Astental, speziell die Gegend rund um das Sadnighaus, ist ideal für Einsteiger. Für Genussgeher gibt es zahlreiche 2500 bis 3000 Meter hohe Berge, die aus den einzelnen Tälern heraus erreichbar sind. Etwa aus Schachnern auf den 3090 m hohen Sandkopf“, erzählt Glantschnig. 

„Unsere Gegend ist sehr schneereich, auch dank ihrer Nordstaulage“, weiß Skiführer Stephan Skrobar, der die steirische Dachstein-Tauern-Region, das Ausseerland und das Salzkammergut kennt wie seine Westentasche – und hier auch die kurzen Wege zu den unterschiedlichsten Skitourenbergen besonders schätzt. „Die Bergwelt des Dachstein- massivs inklusive Krippenstein ist sehr beeindruckend, ja, abenteuerlich und bietet für ambitioniertere Genussskitourengeher viele lässige Möglichkeiten.“ 

Für Einsteiger? Ist zum Beispiel die Planneralm perfekt. Man startet weit oben, kann zwischen kurzen und langen Touren auf nahe Gipfel wählen. „Für wenig Erfahrene sind technisch leichte Routen, etwa im übersichtlichen Gelände wie bei uns auf der Tauplitz, ideal“, konkretisiert der Skiführer. „Und das Gumpeneck (2226 m) im Sölktal ist für mich einer der geilsten Skitourenberge“, schwärmt Skrobar.

Es sind die Wow-Berge der Julischen Alpen in Slowenien, allen voran Triglav und Jalovec, die wir im Kopf haben, wenn wir an Skitouren in Slowenien denken. Doch es gibt in den Bergen zwischen Kranjska Gora im Norden, Bled im Osten, Bovec im Westen und Tolmin im Süden zahlreiche sehr attraktive Skitourenmöglichkeiten – und mit der „Juliana SkiTour“ ein neues, bergeübergreifendes Mehrtagesangebot (vier Etappen, zwei Schwierigkeitslevels). „Die Julischen Alpen liegen nahe an der Adria. Von den Gipfeln aus kann man bei guter Sicht das Meer sehen“, erklärt Janko Humar, passionierter Bergsportler und Tourismusmanager. Die Nähe zum Meer beschert Triglav & Co große Mengen an Schnee. „Skitouren sind bei uns deshalb in der Regel bis Ende Mai möglich“, weiß Humar.

Auf engem Raum findet sich in den slowenischen Bergen eine gewaltige Vielfalt möglicher Touren, von leicht im Bereich unterhalb der Waldgrenze bis zu herausfordernd, vor allem aber landschaftlich unvergesslich im Triglav-National- Park. „Meiner Einschätzung nach die attraktivsten Möglichkeiten gibt es vom Vršic-Pass (1611 m) aus, in der traditionsreichen Skitourenregion Komna, insbesondere mit Ausgangspunkt Dom-na-Komni-Hütte (1520 m) und am Kanjavec (2569 m), dem König unter den Skitourenbergen Sloweniens“, schwärmt Janko Humar. Attraktiv sind zweifellos auch die folgenden 20 Touren in 20 unterschiedlichen Regionen: Lasst euch inspirieren!