Draußen oder drinnen, beim Laufen, Langlaufen oder Zwiften: Auch der Winter ist eine perfekte Trainingszeit. SPORTaktiv-Doc Dr. Robert Fritz verrät in zehn Tipps, wie jeder gesund, stark und motiviert durch die kalte Jahreszeit kommt.

Von wegen trübe, dunkle Wochen – das Motto sollte lieber lauten: Nichts wie raus in den Winter! Die Zeiten, als Laufen, Biken oder auch Wandern auf die warmen Jahreszeiten beschränkt waren, sind zum Glück lange vorbei. Neben moderner Ausrüstung sorgt auch die simple Tatsache dafür, dass der Mensch für Bewegung bei Kälte bestens geeignet ist. Jahreszeitspezifisch gibt es allerdings ein paar Besonderheiten. Nach seinen Top 10 Fitnesstipps im August hat SPORTaktiv Doc Dr. Robert Fritz nun als „Pendant“ zehn Wintertipps parat – für alle, die fit, gesund und mit Freude durch die kalte Zeit kommen wollen.
1. Leistungsfähigkeit bei Kälte
Nimmt die Leistungsfähigkeit bei Kälte ab? Gibt es eine Grenze, wo Sport draußen nicht mehr ratsam ist? Im nordischen Skisport gibt es schließlich eine Temperaturgrenze, ab der keine Wettkämpfe stattfinden. „Im Prinzip ist es wie immer – es kommt darauf an“, sagt Fritz schmunzelnd. Entscheidend sind neben der Lufttemperatur auch Luftfeuchtigkeit und Wind. „Minus 5 Grad bei starkem Wind sind unangenehmer als minus 20 bei trockener Kälte.“ Vor allem macht die Intensität einen Unterschied: Grundlagentempo und Wettkampf sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe. Mittels Nasenatmung wird die Luft vorgewärmt. „Bei einem intensiven Lauf oder Langlaufwettkampf atme ich eiskalte Luft direkt in die Bronchien.“ Gesunde Menschen können machen, was sich gut anfühlt – Intensität anpassen genügt.
2. Aufwärmen – und nicht zu warm anziehen
Bei Kälte wie auch bei Hitze muss der Körper mehr arbeiten, um die Körpertemperatur zu halten. Die Durchblutung verlagert sich ins Körperzentrum – Hände, Füße oder Ohren kühlen schneller aus. Zwei Tipps vom Mediziner dazu: erstens gut aufwärmen, speziell vor intensiven Einheiten. Zweitens: „In den ersten 10 bis 15 Minuten soll es sich kühl anfühlen. Man soll nicht zittern, aber das Gefühl haben, ein bisschen zu wenig angezogen zu sein.“ Dann passt später die Temperatur.
Kälteempfinden ist freilich individuell. Wer wie angezogen an welchen Körperpartien vornehmlich friert – das muss man für sich selbst erkunden. Lockeres oder intensives Training erfordert jedenfalls unterschiedliche Kleidung. Tendenziell sind die meisten zu warm gekleidet. „Dann schwitzt man, ist nass und friert anschließend – ein Klassiker.“ Praxistipp ist das bewährte Zwiebelprinzip: dünne Schichten, die unterwegs abgelegt werden können.
3. Die Zeit für sportliche Abwechslung
Wer viel läuft oder radelt, darf den Winter als Einladung zu anderen Bewegungsformen verstehen. „Auch, um Gelenke zu entlasten und andere Muskelgruppen zu fordern.“ Ergometer, Crosstrainer oder Stepper drinnen, Schneeschuhwandern, Langlaufen oder Skitourengehen draußen. „Klassisches Langlaufen ist dem Laufen sehr ähnlich – super fürs Herz-Kreislauf-System, den Stoffwechsel und zudem gelenkschonend.“ Tipp zum Einstieg: „Nehmt euch einen Trainer! Vor 20 Jahren bin ich selbst als Langläufer gescheitert – später habe ich es mit Trainer noch einmal versucht und lieben gelernt.“ Wer auf Tourenski umsteigt: „Der Skitourenschritt ist kräftig, aber mit niedriger Frequenz. Am besten kombiniert man es mit anderen, höherfrequenten Sportarten.“
4. Zwift und Co.
Indoorradfahren boomt – zu Recht: „Es ist extrem effizient. Man ist unabhängig von Temperatur, Tageszeit und Aufwand. Schon eine halbe Stunde drinnen radeln bringt viel – oder auch zweimal täglich: Einmal morgens, einmal abends.“ Ein mahnender Hinweis: „Zwift und Co. motivieren super – mit Group Rides und Challenges. Aber man sollte aufpassen, nicht jede Einheit in einen Wettkampf zu verwandeln.“ Was noch fürs Indoorradeln spricht: „Eine Stunde am Ergometer ist sogar wertvoller als Radfahren draußen, weil keine Rollpassagen dabei sind.“
5. Kraftblock im Winter
„Leistungssportler machen es vor: Der Winter ist die Zeit für Kraft. Jetzt wird sie aufgebaut – und über die Saison lässt sie sich mit wenig Aufwand erhalten.“ Auch Hobbyausdauersportler sollten Krafttrainings einbauen. „Krafttraining hilft nicht nur für die Performance, sondern ist auch die beste Verletzungsprophylaxe. Wenn es über die Saison öfter wo zwickt, ob Hüfte, Knie oder anderswo, dann fehlt oft Krafttraining.“ Zwei bis drei Einheiten pro Woche zum Aufbau wären jetzt ideal, später in der Saison reicht einmal zum Erhalten. Und: Keine Angst vor Hanteln – das gilt für Männer wie Frauen.
6. „Lust und Laune“ vs. „Grundlage nach Plan“
„Je ambitionierter das Ziel, desto strukturierter soll das Training sein“, rät Robert Fritz. „Aber der Spaß darf nie verloren gehen – sonst verfehlt man den Sinn des Sports.“ Auch Hobbysportler sollen abwechslungsreich trainieren. „Nach Lust und Laune“ bedeutet für viele in der Praxis jedoch immer mit mittlerer Intensität – das bringt auf Dauer keine Fortschritte und die Motivation leidet. Ein Plan ist gut, erfordert aber umgekehrt auch Flexibilität statt eiserner Starrheit.
7. Ernährung und Flüssigkeit
Kälte kostet Energie – die muss zugeführt werden. „Wenn du richtig angezogen bist, sind plus 5 bis 10 Grad ideal – da arbeitet der Körper effizient.“ Flüssigkeit ist noch wichtiger, viele vergessen aufs Trinken, wenn es kalt ist. „Man unterschätzt, wie viel Flüssigkeit wir über die Atmung verlieren. Kalte Luft ist trocken, da geht viel Wasser verloren, auch ohne viel zu schwitzen.“ Fritz empfiehlt warme Getränke: „Thermosflaschen mit Sportgetränken, die sich warm trinken lassen, sind super. Das ist nicht bei allen Getränken der Fall.“ Riegel sollten bei Kälte ihre Konsistenz behalten.
8. Immunsystem und Erkältungszeit
Nicht Kälte per se, sondern wechselnde Bedingungen fördern Erkältungen. Simple Grundregeln: Hände waschen, nicht ins Gesicht fassen. Seit der Pandemiezeit haben viele wieder darauf vergessen, dabei wären sie sehr wirksam. Nach intensiven Einheiten kommt es zum Open-Window-Effekt: „Das Immunsystem ist für ein paar Stunden geschwächt – daher nach harten Belastungen nicht im Wind stehen und plaudern, sondern ab unter die Dusche.“ Auch gut: Schleimhäute feucht halten, durch Trinken, Nasenduschen oder Meersalzsprays. Supplemente wie Zink oder Vitamin D sind bei nachgewiesenem Mangel und gezielter Ergänzung sinnvoll.
9. Vitamin D in der dunklen Zeit
Das ist noch einmal ein eigenes Kapitel: „Fast alle meine Patienten haben im Winter einen Vitamin-D-Mangel.“ Kein Wunder, mangelt es doch jetzt besonders am Sonnenlicht. „Das wirkt sich nicht nur aufs Immunsystem aus, sondern auch anderweitig, unter anderem auf die Knochengesundheit.“ Noch einmal: Der Wert soll ärztlich bestimmt werden. Und das Motto darf keinesfalls lauten: je mehr, desto besser. „Die Dosis muss individuell passen.“ Kritisch wird es oft im Februar/März: „Da ist der Spiegel meist am niedrigsten – was auch ein Grund für die zweite Infektwelle zu dieser Zeit ist.“
10. Sturzprophylaxe und Verletzungsgefahr
Glätte lauert mitunter auf Lauf- und Bikestrecken – mit passender Ausrüstung und etwas Zurückhaltung ist das Risiko jedoch gering. Wer aber tatsächlich regelmäßig stürzt, sollte Gleichgewicht, Sensomotorik und Reaktionsfähigkeit trainieren, z. B. mit einem MFT-Board. Fritz: „Die Tage mit wirklich gefährlichen Bedingungen sind selten. Also keine Angst, rausgehen und aktiv bleiben.“
Der Winter ist also kein Grund, das Aktivsein zu reduzieren – sondern vielmehr eine Einladung für Abwechslung und Vielseitigkeit. Entscheidend ist, dass man sich wohlfühlt und vernünftig vorgeht“, fasst Dr. Robert Fritz die Message zusammen. Wer sich an unseren zehn simplen Tipps orientiert, holt nicht nur das Beste aus der Jahreszeit heraus – sondern kann vielleicht sogar stärker denn je in den Frühling starten.

Zwiften macht Spaß und Indoorradfahren ist effizient. „Bloß aufpassen, dass nicht jede Einheit zu einem Wettkampf wird“, so der Tipp vom Sportmediziner.











