Einmal den heimischen See durchschwimmen, endlich mal die kleine Bucht am Urlaubsort erkunden. Was es mit dem Freiwasserschwimmen auf sich hat, worauf es zu achten und was es zu vermeiden gilt.

Lukas Schnitzer
Lukas Schnitzer

Wasser, egal ob süß oder salzig, eiskalt, thermal oder künstlich gewärmt, von Wiesen und Steinen umrahmt oder in Fliesen gefasst – das nasse Element hat auf viele von uns eine magische Anziehungskraft. Die einen sitzen gerne am Ufer und genießen, die anderen nutzen es zur Abkühlung an heißen Sommertagen, wieder andere erholen sich im Thermalbecken. Aktive befahren die Gewässer mit dem SUP, nutzen Sportbecken, um sich kraulend, brust- oder rückenschwimmend fit zu halten. Egal, was dich in die heimischen Bäder und Thermalbäder, an die Seen und Flüsse treibt – die Magie des Wassers fesselt, entschleunigt und schickt dich ein paar Stunden später erholt wieder nach Hause.

Was gerade an größeren Seen oder auch am Meer seit jeher fasziniert, ist die schwimmende Eroberung, das Entdecken. Ich erinnere mich noch gut an meine ersten Sommer ohne Schwimmflügel am Teich bei uns im Ort. Zwei, vielleicht dreihundert Meter vom Ufer der Liegewiese entfernt sah man immer wieder Menschen mitten im Wasser hüfttief stehen. Eine Sandbank, wie meine Großmutter wusste – und ab diesem Tag mein erklärtes Ziel. Ein Ziel, das ich auch heute am Abend stressreicher Sommertage noch gerne ansteuere. Einmal mitten durch den See, kurz verweilen, um den Fischen im glasklaren Wasser bei der Futtersuche entlang der Sandbank zuzusehen, und wieder zurück.

Der Grundstock
So wie man für den ersten Singletrail erst an der Fahrtechnik arbeitet, gilt es auch beim Freiwasserschwimmen vorab die grundlegenden Schwimmtechniken zu erlernen. Erfahrungsgemäß gelingt dies am besten im Schwimmbecken. Um keine falschen Bewegungsabläufe einzulernen, empfehlen sich auch eigene Kurse und Trainings, wie sie auch Markus Strini laufend anbietet (Termine unter www.clubyourway.at). Sitzt die Technik im Pool, lassen sich Freiwasser-Basics wie die Orientierung (Kraulen mit Orientierungs-Blick nach vorne oder auch Wasserball-Kraul) mit diversen Drills üben, zusätzlich könnte man, um sich ans längere Durchschwimmen im Freiwasser zu gewöhnen, den Beckenrand am Kehrpunkt jeder Länge auslassen oder in leeren Sportbecken im Kreis schwimmen. Trainiert man für einen Triathlon, lässt sich auch die Hektik im Wasser mit mehreren Schwimmern nebeneinander gut üben. Auch hier kann ein guter Coach nützliche Techniken zeigen. 
 

Raus aufs Wasser
Im Freiwasser ist aber dann doch vieles anders, weiß Strini. „Bei meinen Freiwasser-Kursen sind bei 30 Teilnehmern immer 2 oder 3 dabei, die Angst vor dem trüben Wasser, den Fischen etc. haben.“ Hier, so sein Rat, sollte man sich in kleinen Schritten herantasten. Erst am Ufer entlang, später vielleicht durch kleine Buchten oder von Steg zu Steg und irgendwann dann raus zu einer Boje. Das Fehlen der Bodenmarkierungen, trüberes Wasser, Sonneneinstrahlung, Wind und Wellen: All das erschwert im Vergleich zum Sportbecken die Orientierung im Wasser, macht das „Geradeausschwimmen“ für Einsteiger zur Herausforderung. Denn im Wasser liegend und mit dem Gesicht nach unten kraulend fehlt uns das Gefühl für Lage und Richtung: „Mit verbundenen Augen schwimmt auch der Profi im Kreis.“ Was hilft, sind Bojen oder markante Punkte an Land, etwa Kirchtürme und Bäume. Im besten Fall schwimmt man frontal darauf zu und orientiert sich regelmäßig nach vorne. In großen Gewässern und parallel zum Ufer hilft es auch, den seitlichen Abstand zum Ufer konstant zu halten. Beides muss aber genauso geübt werden wie der Umgang mit Wellen. Markus Strinis Tipp: klein anfangen und langsam steigern. Und im Zweifel lieber ein paar Tage in einen Kurs investieren, anstatt unnötig frustriert zu scheitern. 

Die Magie des Wassers fesselt, entschleunigt und schickt dich erholt wieder nach Hause.

Das Material
Unnötigen Frust erspart sich auch, wer beim Material genau hinsieht und sich gut beraten lässt. Grundlegend ist für Markus Strini die gute Sicht. Hier empfiehlt er viele Modelle zu probieren und seine Brillen mit professioneller Beratung zu kaufen, um den richtigen Sitz zu finden. Auch Varianten mit echtem Filtern wie bei Sportbrillen kennt der Markt der Schwimmbrillen. Wenn man beim Schwimmen selbst einen Gedanken über die Brille verschwendet, so der Experte, ist es die falsche Brille. Ein No-Go sind alte, verkratzte Gläser oder alte Gummidichtungen. Wer im Chlorwasser trainiert, sollte hier immer gut mit reinem Wasser spülen. 
Große Masken bieten gegenüber den klassischen Schwimmbrillen nicht nur ein größeres Gesichtsfeld, sie neigen auch weniger zum Anlaufen. Damit das nicht passiert, hat Strini ebenfalls einen Tipp: Neben Beschichtungen (die irgendwann abgehen) und Sprays ist es am wirkungsvollsten, die Brille zu benetzen, auf Wassertemperatur zu bringen und ein klein wenig Wasser im Brillenrand zu belassen. „Dieses Wasser wirkt dann am Glas wie ein Scheibenwischer“, so sein Rat.

Ebenfalls wichtig sind gutsitzende Badehauben (80 % der Körperwärme gehen über den Kopf verloren) – vielleicht zur besseren Sichtbarkeit von Schiff und Boot aus auch in leuchtenden Farben. Sowie spezielle Schwimm-Neos: Das Neopren schützt den Körper dabei nicht nur vor dem Auskühlen, es gibt auch zusätzlich Auftrieb, verbessert so die Wasserlage des Schwimmers und reduziert den Wasserwiderstand. 

Ein weiterer wichtiger Ausrüstungsgegenstand sind sogenannte Schwimmbojen. Diese werden mit einem kurzen Stück Seil an der Hüfte befestigt und erfüllen drei Funktionen: Durch ihre Neonfarben warnen sie den Schiffsverkehr vor dem Schwimmer, durch ihren Auftrieb geben sie Sicherheit und erlauben kurze Pausen. Zusätzlich gibt es Modelle mit integriertem Staufach, wo sich Handy und Autoschlüssel verwahren lassen.

Abschließend ein kurzer Gedanke zur Sicherheit: Wer in größeren Gewässern schwimmt, sollte sich immer über Gefahren wie Strömungen oder Schifffahrt bewusst sein, dazu auch die Wetterlage im Blick haben. Ein Sommergewitter oder starker Sturm mitten im See wird schnell zur gefährlichen Falle. Beachtet man aber ein paar Regeln, arbeitet an seiner Technik und lässt sich die eine oder andere Sache in Kursen näherbringen, steht dem Erfolg des „Unternehmens Freiwasserschwimmen“ nichts im Weg. 

Markus Strini
Markus Strini

war selbst jahrelang auf der Langdistanz erfolgreich. Heute gibt er sein Wissen (nicht nur) in den Kursen seines „Club Your Way“ weiter.

WEB: www.clubyourway.at