Bikepacking führt das klassische Touring mit einer gesunden Portion Minimalismus in die Herzen der Gravel-Community. Wir haben uns rund um das Thema für euch schlaugemacht.

Lukas Schnitzer
Lukas Schnitzer

Was dem geneigten Defender-­Fahrer selbst im urbanen Ampel-Dschungel das Dachzelt, die Sandbleche und der Reservekanister, sind dem geneigten Graveler seine Taschen. ­Diverse Ösen und Montagemöglichkeiten moderner Gravelbikes und die vielen verfügbaren Taschenlösungen verleiten dazu, den abenteuerlustigen Gesellen mit der einen oder anderen Tasche – und wenn sie nur als kleine Gepäckrolle am Lenker baumelt – noch mehr „Ernsthaftigkeit“ zu verpassen. Ähnlich wie am Defender haben diese im richtigen Setting – nämlich auf großen Touren oder tagesfüllenden Abenteuern – großen Nutzen. 

Anders als die schweren Adventure-Devotionalien am hippen Geländewagen lassen sie sich aber auch schnell und flexibel an das gerade anstehende Abenteuer adaptieren. „Vollausstattung“ für die große Radreise; kompakter Stauraum für den Weg ins Office oder den flotten Overnighter; oder Minimalismuslösung für Jacke oder Snacks auf der kurzen Alltagsflucht: Alle Varianten sind schnell montiert oder abgenommen. Für ­Bikepacking im Gravel-Stil reichen je nach Transportbedarf Satteltaschen mit großem Volumen, Rahmen-, Oberrohr und Lenkertasche, eventuell noch Lösungen für die Gabel aus. Wir haben uns bei ­Mathias­­ Weber, Brandmanager für Shimanos Zubehörsortiment „PRO“ und Annamaria Eschwey, Category Lead Equipment bei Specialized Germany, rund um das Thema Bikepacking für euch schlaugemacht.

Definition Bikepacking
Beim Bikepacking, so erklärt es Annamaria Eschwey, „geht es darum, mit dem Bike unterwegs zu sein und viel von dem, was man unterwegs benötigt – bis hin zur Übernachtungsausrüstung – selbst zu transportieren.“ Klingt jetzt wie das, was auch schon meine Großeltern mit ihren Trekkingrädern auf Radtour gern gemacht haben, mag sich jetzt mancher denken. Und liegt damit im Grunde nicht falsch. Und dennoch ist beim modernen ­Bikepacking vieles anders. Mathias Weber grenzt die beiden Spielarten des Radreisens voneinander ab: „Unter traditionellem Touring versteht man eine breite Palette von komfortablen Wochenendfahrten bis hin zu Reisen, die gern mal mehrere Tage, Wochen oder sogar Monate dauern können. Der Fokus liegt dabei auf dem Erkunden von neuen Orten und Landschaften, eventuell sogar neuen Kulturen. Da überwiegend auf befestigten Straßen und Radwegen gefahren wird, setzt man dort auf Gepäckträger mit großen Packtaschen und komfortabler Ausrüstung, um viel Gepäck transportieren zu können und eine möglichst angenehme Fahrt zu erleben. Beim modernen minimalistischen Bikepacking versucht man hingegen mit weniger Gepäck und Ressourcen auszukommen und legt den Fokus auf ein immer noch einfach manövrierfähiges Bike, um auch abseits von Straßen gut voranzukommen.“

Das eine, um hier einen Vergleich zum motorisierten Campen zu ziehen, ist also das bequeme Wohnmobil – das andere der kleine wendige Offroader mit Dachzelt. Man muss aber nicht zwangsläufig ein Gravelbike fahren, um minimalistisch „bikezupacken“. Auch mit Rennrad und Mountainbike lässt es sich asketisch auf Tour gehen.

Neue Taschenlösungen
Will man ein wendiges und agiles Bike ohne ausufernde Taschenflut und aufwendige Träger, warum dann nicht einfach mit Rucksack auf Tour, so wie es auch von Mountainbikern auf Transalp gern gemacht wird? Besonders offensichtliche Antwort auf diese Frage ist für Annamaria Eschwey jene des Schwitzens. Denn „ohne Rucksack schwitzt man deutlich weniger am Rücken“. Zudem, so ihre Erfahrung, wird auch die Sitzfläche nicht mit zusätzlichem Gewicht belastet, was gerade bei längeren Touren Sitzproblemen, die dann schnell zum entscheidenden Faktor werden können, vorbeugen kann. Entscheidend ist es dabei allerdings, das Gewicht geschickt am Bike zu verteilen, dann ließen sich „auch mit einigen Kilogramm mehr Gepäck die Vorteile der speziellen Geometrie und des Fahrverhaltens unserer ­Specialized-Gravelbikes uneingeschränkt genießen“, erklärt Eschwey.

Je nach Menge der zu transportierenden Ausrüstung können natürlich auch heute noch Gepäckträger und Packtaschen sinnvoll sein. Viele Fahrer (mit leichter, kompakter Ausrüstung) kommen aber mit modernen Bikepacking-Taschen am Rahmen, Lenker und unter dem Sattel besser zurecht. „Eine gute Gewichtsverteilung im Sinne des optimalen Fahrverhaltens, eine klare Aufteilung des Gepäcks und schneller Zugriff auf die Ausrüstung sind klare Vorteile unserer Bikepacking-Lösungen“, bricht Eschwey die Lanze für den Minimalismus. Die Specialized-Taschen sind übrigens gemeinsam mit Fjällräven entwickelt worden.

Minimalismus trifft Radreise: So lässt sich die Definition von Bikepacking grob zusammen­fassen.

Gängige Varianten
Auch bei PRO hat man in der Produktlinie „Discover“ eine Vielzahl an Taschenlösungen speziell für die Bedürfnisse beim Bikepacking im Programm. Leichte, wasserdichte Materialien, verschweißte Nähte und eine robuste Konstruktion gehören hier zum guten Ton. Die gängigsten Taschentypen hat Mathias Weber für uns übersichtlich zusammengefasst:

  • Rahmentaschen werden im Inneren des Rahmens befestigt und nutzen den Freiraum im Rahmendreieck aus. Sie bieten Platz für schwere Gegenstände und helfen dabei, das Gewicht nah am Schwerpunkt des Fahrrads zu halten, was die Stabilität verbessert. Die Stauraumwunder gibt es in unterschiedlichen Größen.
  • Lenkertaschen werden am Lenker befestigt, bieten Platz für Gegenstände wie Snacks, Karten, GPS-Geräte und Kameras, die unterwegs häufig benötigt werden.
  • Satteltaschen, so Weber, gibt es in verschiedenen Ausführungen und Größen. Kleine Varianten unter dem Sattel bieten Platz für Ersatzschlauch, Werkzeug und Zubehör. Größere Ausführungen, die weit hinter den Sattel reichen, nehmen auch größere Gegenstände wie Schlafsäcke und Daunenjacken auf und sind die richtige Wahl für Abenteuer, auf denen mehr Stauraum benötigt wird.
  • Top-Tube-Bags sitzen am Oberrohr des Rahmens, sind ideal für kleine Gegenstände wie Handy, Schlüssel oder Snacks, ermöglichen auch einen Zugriff während der Fahrt.

Dazu gibt es weitere Varianten und Erweiterungen – die genannten Lösungen sind jedoch mit die gängigsten. Unten finden sich auch direkt einige Top-Produkte zur Inspiration für euer nächstes Abenteuer.