Wasser und Wohlfühlen. Diese Kombi muss man nicht im Relaxmodus in einer Therme suchen. Man kann ihr auch entgegenwandern – wie ­Anfang Mai auf Etappen des Alpe-Adria-Trails in Kärnten selbst versucht. Erkenntnis: Wellness liegt am Weg.

Von Christof Domenig


Passt schon irgendwie, dass ich erst knapp vor 22 Uhr im schönen Hotel Moserhof in Seeboden am Millstätter See eintreffe, weil ich mich von der Arbeit nicht früher losreißen konnte. Vom See seh ich in der Dunkelheit ebenso wenig wie tageszeitbedingt vom hoteleigenen Spa mit Naturbadeteich und Saunalandschaft (schaut aber auf Bildern fein aus). Eingecheckt, gilt es stattdessen noch den Rucksack zu packen: Treffpunkt mit Wanderführerin ­Susanne ist zeitig um 8 Uhr früh.

Sieben Stunden Gehzeit sind für rund 18 Kilometer und 800 Bergauf- wie Bergabhöhenmeter anberaumt. Tag eins meiner zweitägigen Tour auf Wegen des Kärntner Teils des Alpe- Adria-Trails. Und noch einmal 17 Kilometer sollen am zweiten Tag folgen, dann von Ossiach bis Velden. Die gemeinsame Klammer dieser kurzen Auszeit von Arbeit und Alltag sowie des Reinschnupperns in die Welt des Weitwanderns bilden die drei größten Kärntner Seen: Millstätter See, Ossiacher See und Wörthersee.

TAG EINS: RAUF AUF DIE NOCKEN
Der erste Tag startet zugegebenermaßen ganz bequem: mit dem Taxi zur Hansbauerhütte, dem Startpunkt der Wanderung auf 1.700 m Seehöhe. Die offizielle Etappe 12 des Alpe-Adria-Trails führt stattdessen von Seeboden weg zu Fuß hier herauf – bestimmt auch schön. Aber ich soll die Essenz der Etappen 12 und 13 des ­Alpe-Adria-Trails gehend erkunden: die Nockberge mit ihren sanften Gipfelrundungen und so schönen, passenden Namen wie Tschiernock, Tschierweger Nock oder Kamplnock.

Obwohl es also nur knapp 400 Höhenmeter zum ersten Gipfelkreuz sind, muss man sich die dennoch verdienen. „Wie gut bist du beinand?", will Wanderguide Susanne bald einmal von mir wissen – und erzählt mir daraufhin, dass die Frage auch aus ihrer Erfahrung heraus Berechtigung hat: Auch Journalisten aus weniger bergaffinen Ländern wie beispielsweise England recherchieren gern „live" am Alpe-Adria-Trail ... Verdienen muss man sich den Gipfel auch deswegen, weil hier heroben, Anfang Mai, heuer noch Schnee liegt. Nicht viel, aber genug, um in überwehten Mulden etwas tiefer einzusinken. Kein großes Problem freilich – und der Lohn: ein herrlicher Rundum-Panoramaausblick. Wie er sich dann den ganzen Tag über immer wieder zeigt. Julische Alpen, Karawanken, Tauern, Nockberge ...

Blicke auf den Millstätter See tun sich ebenfalls vielerorts auf – einer der schönsten bei der Alexanderhütte, die nach einem kurzen Zwischenabstieg auf rund 1.800 m Höhe bald erreicht ist. Für Wanderer am Alpe-Adria-Trail ist die Hütte eine beliebte Übernachtungsstelle am Berg und bekannt für ihre Almsennerei. Schade: Anfang Mai ist sie noch geschlossen. Die Mittags-Stärkung folgt dafür eine halbe Wegstunde weiter in der ebenso schönen Millstätter Hütte.

DIE KRAFT DES GEHENS
Mein subjektives Highlight des Tages folgt dann am frühen Nachmittag. Nach dem Aufstieg zum Kamplnock (2.101 m) geht es kilometerweit den breiten Grat entlang, ständig mit herrlicher Aussicht als Begleiter. Bis zum „Granattor": Der künstliche metallene Durchgang, der hier plötzlich in der Landschaft steht, verweist auf das größte Granatvorkommen der Alpen in diesem Teil der Nockberge. Wer den Blick dafür hat – wie Guide Susanne – findet hier bei jedem Schritt Steine mit eingeschlossenem Granat.

Mich fasziniert anderes noch mehr. Bei diesem Einen-Schritt-vor-den-anderen-Setzen in rund 2.000 m Seehöhe, mit weiten Vor-, Rück- und Ausblicken und nach vier, fünf Gehstunden mit angenehm angesäuerten Muskeln, entfaltet das Gehen eine geradezu meditative Wirkung. Hier kriegt man den besten Eindruck davon, warum sich Weitwanderer aufmachen. Und was mit Entschleunigung gemeint ist. Fast schade, dass dann der Abstieg zur Lammersdorfer Hütte ansteht, wo nach 7,5 Stunden am Berg das Shuttle-Taxi wartet.

TAG 2: STILLE UND IDYLLE
Damit geht's zum Ossiacher See, dem Startpunkt der zweiten Etappe (diesmal ohne Guide). Erst aber checke ich im Naturgasthof Schlosswirt in Ossiach ein, der zum Glück nichts Feudales an sich hat. Dafür perfekte Bioküche mit regionalen Spezialitäten (viele davon aus dem See) bietet; und ein schönes großes „Naturzimmer" mit Balkon sowie – welch Wohltat – ohne Fernseher. Eindrücke des Tages notieren, die Wanderkarte studieren oder einfach mal lesen passt auch viel besser zum Charakter so einer Tour.

Der zweite Marschtag unterscheidet sich vor allem in der Seehöhe wesentlich vom ersten: Der Start erfolgt in Ossiach auf rund 500 m Höhe und der „Gipfel" ist am rund 1.000 m hohen Ossiacher Tauern bald erreicht. Konkret durch den idyllischen Schluchtweg über Ossiach, wo das Wasser rauscht und zwei Feuersalamander über den Weg huschen. Auf einer Lichtung liegt der Tauernteich, ein Waldsee, der (ebenso wie später am Tag der Saissersee) eine echt schöne Ergänzung zu den bekannten Kärntner Gewässern bildet: Wunderbar idyllisch und still liegt der Teich. Die weiteren Kilometer des Tages führen durch die Zivilisation, vor allem aber durch Wälder. Allein mit sich und dem Rucksack am Rücken bleibt genug Zeit, über dies und jenes nachzudenken oder einfach die Natur und die Sonnenstrahlen, die durchs Geäst brechen, wirken zu lassen.

Um 15.30 Uhr, nach wiederum rund 7 Stunden auf den Füßen, stehe ich dann am Casinoplatz in Velden, dem Zielpunkt meiner zweitägigen Tour. Und bestaune das Schaulaufen mit allerlei Luxuskarossen, das hier offenbar jeden Sonntag abgeht. Welch lustiger Kontrast zu den letzten beiden Tagen! Dann schon lieber runter an den Wörthersee – zum verdienten Abschlusskaffee und -foto.

DIE REINSTE ENTSPANNUNGSKUR
Zeit, Bilanz zu ziehen: Nachdem die Alpe-Adria-Trail-Buchungspakete (siehe Kasten unten) die Auswahlmöglichkeit zwischen Gasthöfen, einfacheren Hotels oder gehobenen Wellnesshotels geben, muss ich sagen: Ich mag's bei der Unterkunft gern einfach – wo doch die ganze Landschaft schon ein riesengroßer „Wellnessbereich" ist. Aber das ist natürlich eine rein subjektive Empfindung.

Die Blicke aufs Wasser der drei größten Kärntner Seen (im Sommer sind sie sicher perfekt zum Reinspringen) wie auch auf die kleinen Gewässer; die rauschende Schlucht, die Berge und die Wälder: Das alles wirkt in Summe besser als jedes „Spa". Finde zumindest ich. Gut, eine Dusche nach sieben, acht Marschstunden, die ist schon fein. Alles andere liegt in der Natur und entfaltet beim Wandern die beste Wirkung. Purer Seelen­balsam.

DER ALPE-ADRIA-TRAIL

Alpe-Adria-Trail / Bild: www.alpe-adria-trail.com

43 Etappen durch drei Länder: Kärnten, Slowenien und Italien.
Nicht der kürzeste, sondern der schönste Weg vom Großglockner ans Meer – mit diesem Slogan wird im mittlerweile fünften Jahr der Alpe-Adria-Trail angeboten. Mit Erfolg: Zwar geht nur eine kleine Minderheit die gesamten 750 Kilometer des Weitwanderwegs durch drei Länder am Stück. Doch speziell die individuellen Pakete mit durchschnittlich drei bis sieben gebuchten Etappen finden großen Zuspruch.
Diese „BUCHBAREN ETAPPEN" lassen sich individuell und flexibel zusammenstellen und beinhalten viele Servicleistungen – z. B. Shuttledienste und Gepäcktransport. Es gibt die Pakete in drei Kategorien: „Basic Trek", „Classic Trek" und „Comfort Trek", wobei die Hauptunterschiede in der Unterkunftskategorie liegen: Gasthof/Hütte, Zwei- bis Drei-Sterne-Hotel oder Vier-Sterne-Hotel mit Wellness-Bereich.
Tipp: Die Alpe-Adria-Trail-App hilft beim Tourenplanen, bietet viele Tools für unterwegs (Gipfelfinder, Höhenmesser, Kompass ...), schützt dank GPS vorm Verlorengehen, hat einen Notruf-Button und viele weitere nützliche Funktionen.


Alle Infos und Buchungen:
Alpe-Adria-Trail Buchungscenter Kärnten
Tel.: 0 47 82/93 0 93
E-Mail: info@alpe-adria-trail.com
Web: www.alpe-adria-trail.com


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