Wer dem Ruf der Wildnis folgt, kann bei einer Mehrtagestour auf dem Mountainbike schnell dem Alltag entradeln – mit unseren Expertentipps noch besser und schneller.
Mountainbikes eröffnen neue Möglichkeiten, um den Weg von A nach B zu einem unvergesslichen Abenteuer zu machen und abseits der befestigten Straßen die Natur unmittelbar zu genießen. Begleitet vom Vogelgezwitscher kann man sich für einige Stunden von der Ruhe des Waldes beeindrucken lassen. Je nach sportlicher Verfassung lassen sich solche Offroad-Abenteuer aber auch zu Mehrtages-Touren ausweiten. Und spätestens nach dem zweiten Tag über Wald und Wiesen hat man den Alltag endgültig abgehängt. Aber sowohl bei der Routenplanung als auch beim Gepäck gibt es bei Touren mit Übernachtungen einiges zu beachten – was, haben wir bei drei erfahrenen MTB-Experten erfragt.
Planning is everything
Vorab muss man sich entscheiden, ob man die Tour selbst organisieren will oder ob man sich dafür professionelle Hilfe holt. Viele Regionen bieten für solche Touren beispielsweise Gepäcktransport, organisierte Unterkünfte und einen geplanten Rücktransport an. Nimmt man die Tourenplanung selbst in die Hand, ist es wichtig, die eigene Kondition vernünftig einzuschätzen, um die Anzahl der Etappen und eine realistische Etappenlänge festzulegen, so Atila Armentano, Bike Guide in der Region Gorenjska in Slowenien: „Für den Anfang empfehlen wir eine geführte Tour mit einem Guide oder gemeinsam mit einem erfahrenen Fahrer. Hat man so die erste Erfahrung gemacht, fällt es gleich einfacher, eine passende Mehrtagestour auszuwählen und zu planen.“
Johann „Hanse“ Wenzl von der Kreisentwicklungsgesellschaft des bayerischen Landkreises Regen, der „Arberland REGio GmbH“, kann eine Tour im Bayerischen Wald besonders für Einsteiger empfehlen: „Ich finde, dass unsere Arberland-Runde perfekt ist, um in eine Mehrtagestour erstmals reinzuschnuppern. Sich vier Tage von Alltag und Arbeit freizuschaufeln ist meist kein Problem. Und schon nach dem ersten Tag hat man abgeschaltet.“ Grundsätzlich, sagt Oliver Felber, Vorstandsvorsitzender des TVB Oststeiermark: „Hat man genug Kilometer bzw. Stunden am Bike trainiert und in einer Woche schon mal vier bis fünf Trainingseinheiten absolviert, sollten auch längere Mehrtagestouren möglich sein.“ Denn dann ist man mit den eigenen Fähigkeiten, aber auch dem eigenen Bike vertraut.
Eigenbike oder Leihrad?
Steht eine weite Anreise zum Startpunkt der Tour an, sollte man sich die Frage stellen, ob man das Abenteuer Mehrtagestour mit dem eigenen Bike in Angriff nimmt oder ob man sich bei einem Verleih vor Ort ausstatten lässt. Der offensichtliche Vorteil des Eigenbikes ist meist die ideale Abstimmung von Rad und Fahrer. Das unterstreicht auch Oliver Felber: „Bei Mehrtagestouren würde ich das eigene Rad empfehlen, da es ja genau auf den eigenen Körper eingestellt ist. Man hat sich auf Fahreigenschaften und Geometrie eingestellt und vor allem bei längeren Touren ist der gewohnte Sattel dankbar. Dennoch möchte ich den Verleih nicht ausschließen.“
Greift man zum Rad aus eigener Haltung, ist ein ordentliches Service notwendig, bevor man es über mehrere Tage durch den Wald treibt. Das gehört für Atila Armentano auch beim Leihrad zum Standardprogramm: „Bevor wir ein Bike ausleihen, checken wir immer die Referenzen der Agentur. Außerdem erwarten wir auch, dass wir von der Agentur mit Ersatzteilen für schnelle Reparaturen und Werkzeug versorgt werden. Wie bei den eigenen Bikes checken wir auch bei Leihbikes Bremsen, Reifendruck, Schaltung und Dämpfung, bevor es losgeht.“
Maximale Zuladung
Auf einem mehrtägigen Trip über Stock und Stein sollte man unnötigen Ballast generell vermeiden. Hier kommt der große Vorteil einer organisierten Tour zum Tragen, denn viele Organisatoren bieten den praktischen Gepäcktransport an. Damit wird das Material, das unterwegs nicht immer dabei sein muss, das zu haben aber nach einem langen Tag im Sattel sehr angenehm ist, von einer gebuchten Unterkunft zur nächsten gebracht. Die Frage lautet also, Komfort oder Spontanität? „Die Antwort hängt natürlich von einigen Faktoren ab, wie zum Beispiel von der Tour selbst. Ist meine Mehrtagestour eine Runde, eine Sternfahrt oder eine Fahrt von A nach B. Bei den ersten beiden Touren ist es noch leichter zu planen, da ich zu Beginn und am Ende meiner Tour alles an einem Ort habe und das Gepäck besser kontrollieren kann. Bei der A-nach-B-Variante möchte ich vielleicht anmerken, dass diese noch umfangreichere Planung voraussetzt“, so Oliver Felber. Für Atila Armentano sollte prinzipiell eine Mehrtagestour auch ohne Support möglich sein – „was man aber immer dabei haben muss, ist Wechselwäsche, Hygieneartikel, Trockennahrung, Sportgetränke und Bargeld für Shops, Gasthäuser und abgelegene Berghütten.“ Auf sich allein gestellt ist man zumindest im Arberland nie: „Man kann alles für eine Viertagestour bestens in einen Tagesrucksack verstauen. Und wenn was ausgeht, helfen alle auf der Strecke weiter.“
Bei Mehrtagestouren ist das eigene Bike zu empfehlen, das auf den Körper eingestellt und dessen Sattel man gewöhnt ist.
Frag den Wetterfrosch
Auch bei allem Organisationstalent lassen sich die Wetterbedingungen zu keiner Jahreszeit sicher einplanen. „Im Bayerischen Wald müssen wir nicht so stark auf die äußeren Gegebenheiten achten wie im alpinen Gelände. Aber wenn’s die erste Mehrtagestour ist, würde ich den Herbst vorschlagen. Es bleibt vorab Zeit für Training und die Erfahrung am Bike ist gewachsen“, rät Hanse Wenzl. Besonders auf einer Tour über mehrere Tage, bei der unter Umständen auch noch etliche Höhenmeter überwunden werden, wird man aber früher oder später von den meteorologischen Umständen herausgefordert. Vorsicht ist aufgrund der Höhenlage auch in den Julischen Alpen in Slowenien geboten: „Nach unserer Erfahrung im alpinen Bereich bietet sich in den höheren Lagen Juni bis September gut an, aber auch im Juni können die Gebirgspässe verschneit sein. Weiter herunten können wir unsere Touren auch von Mai bis Oktober planen. Weil das Wetter in diesem Gebiet aber nicht hundertprozentig berechenbar ist, ist es immer notwendig regelmäßig den Wetterbericht zu checken.“ Mit der Wahl der richtigen Jahreszeit lässt sich zumindest das Risiko auf Schneestürme und Dauerregen – oder auch durchgehende Sommerhitze verringern. Außerdem, verrät Hanse Wenzl über das Arberland, „lohnt sich der Herbst in Bayerisch Kanada.“
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