Sie organisieren die größten Radevents des Landes, befehligen ein Heer von Helfern und haben das ganze Jahr über Radfahren im Kopf: Ernst Lorenzi und Martin Huber.


Ötztaler Radmarathon und Salzkammergut Trophy sind die zwei bekanntesten Rad-Marathons Österreichs. Der eine auf der Straße, der andere im Gelände. Der eine führt über vier berüchtigte Alpenpässe, 5.500 Höhenmeter und 238 Kilometer, mit Start und Ziel in Sölden. Der andere verläuft (in seiner extremsten Ausformung) 211 Kilometer mit 7.100 Höhenmeter durchs Gelände rund um Bad Goisern. Der eine, der „Ötztaler", findet im August zum 37. Mal statt; der andere: die „Trophy", hat im Juli soeben ihr 20. Jubiläum gefeiert.

Verantwortlich für die beiden Events: zwei Männer, die für den Radsport leben, für die das Fahrrad weit mehr ist als ein Sportgerät. Ernst Lorenzi, OK-Chef des Ötztaler Radmarathons und Martin Huber, Ideengeber und Kopf der Salzkammergut-Trophy sitzen mehrere hundert Kilometer voneinander entfernt und sagen gleich eingangs denselben Satz: „Ohne Team geht gar nichts".

Ernst Lorenzi / Bild: Ernst Lorenzi

Ernst Lorenzi
Das Söldener Urgestein ist OK-Chef des Ötztaler Radmarathons und hat heuer erstmals auch ein UCI-Profi-Rennen auf die Strecke des Ötztalers geholt.

UNTERSCHIEDLICHE SCHWIERIGKEITEN
Lorenzi befehligt am Rennwochenende knapp 1.100 Leute. „Da musst du schauen, dass du das ganze Jahr über nett zu allen bist." Seine größte Herausforderung als Veranstalter ist aber eine andere. Nicht etwa in Zeiten ständig steigender Auflagen die Genehmigungen der Behörden zu bekommen, oder die Finanzierung auf die Beine zu stellen. „Das Schwierigste", sagt Lorenzi, „ist, jene Fahrer bei Laune zu halten, die nicht teilnehmen können."

Jahr für Jahr gibt es rund 12.000 Enttäuschte. Um die 4.000 Startplätze bewerben sich nämlich 16.000. „Da musst du natürlich schauen, dass niemand bevorzugt oder benachteiligt wird. Und das ist sehr schwer", sagt Lorenzi. Da kämen die Leute gleich mit unzähligen Gründen, warum sie fahren müssten. „Aber wenn ein Jan Ullrich dabei sein möchte, kann ich dann nein sagen?"

Solche Probleme hat Martin Huber im Salzkammergut nicht. Für ihn ist es die größte Herausforderung, das Starterfeld immer voll zu bekommen. „Nur rund 40 Prozent der Teilnehmer kommen ein zweites Mal oder öfter", sagt der Salzburger. Der Grund: Die Hälfte der Starter kommt aus dem Ausland. „Die haben unser Rennen dann auf dem Zettel, machen es aber eben nur einmal und fahren im nächsten Jahr zu einem anderen Klassiker."

Seit ein paar Jahren erst lebt Huber von seiner Berufung. Lange war er hauptberuflich in der EDV-Branche tätig und als Triathlet und Mountainbiker aktiv. Über kleinere Veranstaltungen in seinem Salzburger Radclub tastete er sich als Event-Organisator an die Trophy heran. „Wir wollten so etwas machen, weil es das in Österreich noch nicht gegeben hat", erinnert er sich an die Anfangszeiten vor zwei Jahrzehnten. Das Salzburger Umland war damals mäßig begeistert von der Idee, zumal es auch um das Wegenetz der Biker schlecht bestellt war. Über einen Artikel in einer deutschen Bike-Zeitschrift ist er auf die Region um Gosau im oberösterreichischen Salzkammergut aufmerksam geworden.

Ein Glücksgriff, wie er auch heute noch sagt. „Die Leute stehen hinter der Veranstaltung." Auch das Naturerlebnis ist anders. Weil es im Bereich der Trophy kein großes Skigebiet gibt, führen die Rennen nicht über Lifttrassen und Skipisten. Das große Plus ist das Wegenetz. „Seit 1995 hat die Region einen Vertrag mit den Bundesforsten und 90 Prozent unserer Strecken führen über dieses Netz", sagt Huber.

Martin Huber / Bild: Salzkammergut-Trophy / Erwin Haiden

Martin Huber
Der 49-jährige Salzburger war als Triathlet und Mountainbiker aktiv und vor 20 Jahren einer der Ideengeber der Salzkammergut-Trophy. Auch heute ist er noch leidenschaftlich auf dem Bike unterwegs.


DAS RADL, EINE ALTE LIEBE
Zurück in Sölden. Rund zwei Monate vor dem Ötztaler (der heuer am 27. August stattfindet) beginnt der Stresspegel bei Ernst Lorenzi deutlich anzusteigen. Gerade ist er die Strecke abgefahren. Um 6 Uhr früh ging es dafür los. „Wir haben mit Garmin die Strecke neu und ganz exakt vermessen. Aber mit dem Auto, nicht mit dem Radl". Dabei ist er früher viel im Sattel gesessen, „habe zum Beispiel Island und Irland mit dem Rad umrundet. Und bin jedes Wochenende von Innsbruck nach Sölden geradelt", erzählt er. Den Ötztaler ist er dagegen nie selbst gefahren. Dafür reiche es heute auch nicht mehr. „Aber ich hab ein gutes Image, weil ich in Sölden jeden Tag mit dem Radl zur Post fahre."

Auch Martin Huber hat schon mehr Zeit auf dem Fahrrad verbracht als jetzt. „Meine Bikesaison beginnt jedes Jahr nach der Trophy. August, September, das ist meine Zeit." Dann nimmt er auch an Rennen in ganz Europa teil. Zum Beispiel in Polen oder Ungarn. „Weil die fast immer in den schönsten Gegenden einer Bikeregion stattfinden." Was er an Rennteilnahmen auch schätzt: „Dass ich Verpflegung bekomme, mich nicht mit der Navigation beschäftigen muss und wenn etwas passieren sollte, immer gleich jemand da ist." Das Ergebnis dagegen ist Nebensache. Daher kommt es vor, dass Huber bei einem Marathon mit Freunden einen Zwischenstopp einlegt, in einen See springt, oder sich die Gegend anschaut. „Dieses Genussfahren möchte ich auch bei der Trophy vermitteln, darum sind die Karenzzeiten in allen Bewerben bewusst hoch angesetzt, damit die Fahrer Zeit für solche Dinge haben."

DER TAG DES JAHRES
Und dann ist da natürlich dieser eine spezielle Tag im Jahr, der Renntag. Den beginnen Lorenzi und Huber vor allem: unausgeschlafen. „Am Freitag dauert es immer bis nach Mitternacht mit Fahrerbesprechung und Generalprobe für die Siegerehrung", sagt Lorenzi. Samstagfrüh steht dann schon um 4 Uhr das erste Meeting an. „Wir haben Leute auf allen vier Pässen und zwei Hüttenwirte. Um 5 entscheiden wir dann, ob wir auf der Original- oder Reservestrecke fahren."

Dann geht es zum Start um 6 Uhr. „Danach bin ich eigentlich nur noch Fotograf", sagt Lorenzi. Außer in Notfällen wie vor ein paar Jahren, als ein Carabiniere das Rennen am Timmelsjoch stoppen wollte, weil einer aus dem OK-Team mit der Renngenehmigung für Südtirol zu spät am Treffpunkt war. „Da kommt dann kurz Stress auf. Aber wir hatten einen Puffer auf die Spitze des Rennens und letztlich ist alles glatt gegangen."

DIE BÜHNE GEHÖRT DEN FAHRERN
Auch Martin Huber ist nach einem langen Freitag schon früh auf den Beinen und beim Start der „200er"-Strecke in Bad Goisern um 5 Uhr dabei. Sind alle einmal auf der Strecke, sinkt der Stress­pegel. „Den Rest des Tages verbringe ich in Bad Goisern oder an der einen oder anderen Stelle der Strecke." In der Hoffnung, dass es keinen Temperatursturz und 20 Zentimeter Neuschnee im Juli gibt, wie vor ein paar Jahren.

Am Ende des Tages gehört die Bühne den Fahrern. Da wie dort: „Bei uns wird der Letzte immer speziell geehrt", sagt Ötztaler-Chef Lorenzi, der sich auch bei der Siegerehrung im Hintergrund hält. Das Rampenlicht braucht er ebenso wenig wie Huber. Der freut sich jedes Jahr, wenn ihm bespielsweise Leute erzählen, „dass sie zum Rauchen aufgehört haben, um fit für die Trophy zu werden. Das hebt die Arbeit auf eine andere Ebene." Ein paar Tage danach schiebt er dann das Mountainbike aus der Garage und kommt endlich zu seiner Ausfahrt.

Lorenzi schläft nach dem Ötztaler „erstmal eine Nacht und einen Tag durch". Danach holt er auch eines seiner zehn, zwölf Rennräder aus der Garage. Klassiker aus Stahl sind darunter, sogar von ehemaligen Profis. „Denen hab ich dann dafür immer ein Paar neue Kästle-Ski organisiert." Und dann steigen sie auf. Huber klickt sich in die Pedale ein, Lorenzi lässt den Zahnkranz seines Rades schnurren und sie geben sich ihrer Leidenschaft hin, die sie das ganze Jahr über beruflich begleitet. Oder, wie es Lorenzi aus dem Wintersportort Sölden zum Abschied formuliert: „Übers Radfahren rede ich jeden Tag im Jahr. Beim Skifahren gibt es schon ein paar Tage, an denen ich nicht daran denke."

Mehr Infos zu den Events: www.oetztaler-radmarathon.com, www.salzkammergut-trophy.at


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