Auf dem Helmsektor wird aktuell viel geforscht. Ein Safety-Wettlauf der Systeme mit einem Ziel: Das Gehirn bei Fahrrad-Stürzen noch besser zu schützen.

Klaus Molidor
Klaus Molidor


Auf dem Helmsektor wird ­gerade sehr viel Köpfchen verwendet, um eben jenes im Falle eines Sturzes bestmöglich zu schützen. In den letzten Jahren hat sich das sehr viel verändert, um nicht nur Brüche am Kopf, sondern vor allem auch Gehirnerschütterungen zu verhindern. Die können schon passieren, wenn der Kopf noch heil ist und vielleicht auch der Helm nicht einmal zu Bruch geht bei einem Sturz. Verantwortlich dafür sind die Drehkräfte, die das Gehirn sogar ohne direkten Einschlag erschüttern können. Vor einigen Jahren schon hat MIPS begonnen sich des Themas anzunehmen und Helme mit einer zweidimensionalen Plastikeinlage zu versehen, um die Drehkräfte zu minimieren. 

Die Firma WaveCel des Amerikaners Dr. Steve Madey und des gebürtigen Deutschen Dr. Michael Bottlang ist noch einen Schritt weitergegangen und hat ein 3-dimensionales System auf den Markt gebracht, das das Gehirn auch bei schwereren Stürzen effektiv vor den Drehkräften schützen soll. WaveCel besteht aus einem speziellen Co-Polymer und wird in einer Zellstruktur in die Helme verbaut. „Bei einem Aufprall verformen sich die Zellen dann seitlich, um Reibungskräfte zu reduzieren, die durch Redaktionskräfte entstehen“, erklärt Biomechanik-Ingenieur Michael Bottlang. „Dann komprimieren sich die Zellen und absorbieren die Energie wie die Knautschzone eines Autos. Letztlich kann sich die WaveCel strecken und dehnen wie ein Akkordeon, um Energie zu verteilen und vom Kopf wegzuführen.“ 

Weil sich das Material über das gesamte Innere des Helms erstreckt, funktioniert die WaveCel-Technologie sowohl bei frontalen, seitlichen und hinteren Einschlägen. Durch den breiten Temperaturkorridor des Co-Polymers behält das Material seine Eigenschaften unabhängig von der Außentemperatur. Bontrager auf dem Bikesektor und Anon auf dem Skisektor nutzen diese Technologie bereits, im Lauf des Jahres sollen mehrere Hersteller dazukommen. Einen ähnlichen Weg geht der Bike-­ausrüster Endura mit dem Material ­Koroyd, das auch in dreidimensionaler, herkömmlicher Wabenstruktur im Helm verbaut wird. „WaveCel hat eine patentierte Struktur mit einer kleinen Falte in jeder Zelle, die die Steifigkeit reduziert“, erklärt Michael Bottlang den Unterschied. Außerdem könne die WaveCel-­Einlage in der Helmschale gleiten, um die Drehkräfte zu vermindern, während das bei anderen Herstellern nicht möglich ist, weil die Einlagen in mehreren Fenstern in der Schale festgehalten werden.

Wettlauf für das Hirn: besser geschützt bei Fahrrad-Stürzen

Aber egal, ob MIPS, Koroyd, WaveCel oder ein herkömmlicher Helm. „Jeder Helm bietet einen ausgezeichneten Schutz vor Kopfverletzungen, verglichen mit einem Sturz ohne Helm“, sagt Bottlang. Er freut sich aber, dass es jetzt einen Wettlauf unter den Systemen gibt. „Ich hoffe, dass die Forschung dazu beiträgt, objektive Vergleiche zwischen den verschiedenen System zu erstellen, damit der Kunde den sichersten Helm auswählen kann.“ Auch wenn er natürlich hofft, dass sich sein System als das beste erweist, „werde ich persönlich auch beeindruckt sein, wenn komplett neue Lösungen auf den Markt kommen, die noch besser funktionieren, um Rate und Grad von Gehirnverletzungen zu reduzieren.“ 

Auch auf dem Gebiet der passiven Sicherheit tut sich einiges. Vor allem in den Herbst- und Wintermonaten ist die Sichtbarkeit der Radfahrer ein großes Thema. Kein Wunder, dass die neueste Innovation auf diesem Gebiet aus Schweden kommt und zwar vom Ski- und Radhelmhersteller POC. Im „Omne Eternal“ ist eine sogenannte Powerfoyle verbaut, ein innovatives photosynthetisches Material, das sowohl natürliches als auch künstliches Licht in Strom umwandeln kann. Damit ist das integrierte Rücklicht immer einsatzbereit ohne je an eine Stromquelle angeschlossen werden zu müssen. Entwickelt hat die Powerfoyle die Firma Exeger. „Wir haben geschafft, was andere für unmöglich hielten: eine Innovation mit dem Potenzial, saubere Energie ohne Ende zu liefern und die Energie aus Licht neu zu definieren“, erklärt Exeger-­CEO Giovanni Fili. 

Wenn man aber wirklich einmal Hilfe nach einem Sturz braucht, hat POC eine weitere Innovation im Talon. Der neue „Kortal Race MIPS“ hat nicht nur Aramid-Brücken, die für mehr Stabilität sorgen, sondern auch einen eingebauten NFC-Medical-ID-Chip, um Ersthelfern lebenswichtige medizinische Daten zugänglich zu machen. Der ebenfalls eingebaute Recco-Chip erleichtert die Suche nach dem Verunfallten – speziell in einer bergigen Umgebung.