Sechs Tage über Strände, durch Bäche, Wälder und über Berge laufen? Vielleicht auch das Fernweh gleich mitstillen? Willkommen bei der Coastal Challenge in Costa Rica.

Klaus Molidor
Klaus Molidor


Pura vida, das pure Leben. Es wirkt wie ein Paradoxon, wenn Susanne Höller aus Deutschfeistritz nördlich von Graz den Ärmel ihrer weißen Fleecejacke hochzieht und das Tattoo an der Innenseites ihres rechten Handgelenks zum Vorschein kommt. Pures Leben? Nieselregen, 8 Grad Celsius Ende April und knappe 400 Tage Pandemie im Rückspiegel – klingt alles gar nicht nach großer Lebensfreude, wie ihn das Motto in spanischer Sprache vermitteln will. 

Auch der Beruf, dem Susanne Höller nachgeht, ist in Zeiten wie diesen alles andere als rosig. „Im Ausland Werbung für Urlaub in Graz machen“, beschreibt die fröhliche Frau mit den dunklen Locken ihren Job. Gibt gerade Aufgaben mit weniger Frustrationspotenzial. Trotz allem. „Pura vida“, sagt Susanne Höller. Ähnlich dem „Aloha“ auf Hawaii ist „pura vida“ in Costa Rica mehr als eine Grußformel. Es ist vielmehr eine Lebenseinstellung. Das Positive sehen, zufrieden sein mit dem, was man hat. Und Susanne Höller hat eine Menge unvergesslicher Erinnerungen an Costa Rica. Vor allem an die „Coastal Challenge“, einen Sechs-Tage-Trailrun, den sie schon zweimal gelaufen ist und bei dem sie mittlerweile auch im Organisationskomitee ist. „Vor ein paar Jahren war ich mit einer Reisegruppe in Costa Rica und hab dort zufällig eine alte Freundin getroffen, die dort mittlerweile wohnt“, erinnert sich Höller. Immer wieder seien ihr damals pinke Markierungen an Bäumen und Sträuchern aufgefallen. Als sie wieder zu Hause in der Steiermark war, hat die Freundin das Rätsel gelöst. „Das waren die Streckenmarkierungen der Coastal Challenge“, sagt Höller.

Bingo. Denn gelaufen ist Höller immer schon gerne. „Zwischen acht und zwölf Kilometer. Immer nur aus Spaß und ohne Ambition auf Zeiten.“ Begeistert von der atemberaubend schönen Natur und den positiven Menschen in Costa Rica bucht sie einen Startplatz und einen Flug und ist 2019 am Start. Im „kurzen“ Adventure-Bewerb, mit täglichen Strecken rund um die Halbmarathon-Distanz, während es im Expedition-Bewerb mehrmals über mehr als einen Marathon geht. Gleich ist beiden Varianten nur die erste Etappe über 33 Kilometer und 1000 Höhenmeter. „Bis zu dem Zeitpunkt, als ich mich dafür entschieden habe, war ich nie auf Trails unterwegs“, sagt Höller und lacht. Erst dann hat sie die Berge ihrer näheren Umgebung laufend zu erkunden begonnen. Plesch, Gamskogel, Schartner Kogel als Vorbereitung auf Playa del Rey, Talamancas und Corcovado-National-Park. Anfang Februar 2019 geht es dann vom österreichischen Winter in die Tropen und 35 Grad Hitze. Höller finisht und die Leidenschaft für pura vida entbrennt vollends.

Weil Land und Leute sie nicht loslassen „und ich ein kommunikativer Mensch bin“, kommt sie mit den Organisatoren ins Gespräch und fliegt nach ihrer zweiten Teilnahme 2020 als Representative für den deutschen Sprachraum wieder heim. Ohne dichte Vernetzung in der Laufszene, aber mit Begeisterung und plastischen Schilderungen der Schönheiten des Rennens versucht sie, Läufern das „Once-in-a-Lifetime“-Abenteuer schmackhaft zu machen. „Wir übernachten an traumhaften Stränden, laufen durch den Dschungel, sind teilweise fernab der Zivilisation.“ Wer Stress und digitale Reizüberflutung loswerden möchte, ist bei der Coastal Challenge richtig. Abends hocken die maximal 120 Teilnehmer aus Costa Rica und aller Herren Länder zusammen, Amateure wie Profis, und teilen am Lagerfeuer die Leidenschaft fürs Laufen und die Leiden des Tages in der Hitze. 

Nach einem Jahr Pandemie war das unglaublich schön, wieder etwas anderes zu sehen, ­Lebensfreude zu spüren.

Susanne Höller

Auch heuer hat das Rennen übrigens stattgefunden. Mehrheitlich waren Ticos am Start, einige wenige Ausländer haben es nach Costa Rica geschafft. Susanne Höller zum Beispiel. „Diesmal aber nur in der Organisation. Gelaufen bin ich nicht“, erzählt sie. Zelte abbauen, Gespäcktransport organisieren, Zelte aufbauen, Läufer betreuen, das war ihr Alltag drüben. Und: das Leben genießen. „Gerade nach einem Jahr Pandemie war das unglaublich schön, wieder etwas anderes zu sehen, Lebensfreude zu spüren“, erzählt sie. „Daheim hab ich ja schon jeden Stein mit Namen gekannt.“ Natürlich gibt es auch bei der Coastal Challenge ein Hygiene-Konzept, Abstand und Masken. „Aber ich konnte sogar mit meinen Freunden auf ein Bier gehen.“ Was früher keine Erwähnung wert war, ist jetzt ein Highlight.

Schaffbar ist der Lauf mit einigen Monaten Vorbereitung sicher – sagt Höller. „Die größte Herausforderung ist die Hitze, die hab ich beim ersten Mal unterschätzt“, gibt sie zu. Drum geht es auch frühmorgens schon immer los. Eineinhalb Liter Wasser sind immer im Gepäck. „Damit kommst du zur ersten Labestation nach ca 10 Kilometern.“ Vollverpflegung gibt es übrigens im Camp. Frühstück, Mittagessen – wer halt schon da ist – und Abendessen. „Natürlich viele Kohlenhydrate, die man als Läufer bei so einer Challenge einfach braucht.“ Danach steht Fußpflege auf dem Programm. „Auch die hab ich beim ersten Mal unterschätzt“, sagt sie und lacht wieder. Denn nasse Füße holt man sich auf jeder Etappe, Blasen bleiben da meist nicht aus. „Im Camp gibt es aber auch einen foot doctor.“ Das Ziel der Veranstalter ist klar: Möglichst jeder, der kommt, soll finishen. Und auch wenn im Expedition-Bewerb Profis an der Startlinie stehen – für die meisten geht es bei der Coastal Challenge um das Erlebnis, um das Erlebnis auf Dschungel-Trails, in Wildbächen um Sonnenaufgänge am Strand. Ums pura vida.

The Coastal Challenge

  • Datum: 5. bis 12. Februar 2022 
  • Treffpunkt: San Jose. Von dort geht es am ersten Tag frühmorgens zum Start am Playa del Rey. Das Rennen verläuft dann entlang der Pazifikküste im Regenwald, im Dschungel und am Strand und in den Talamancas.
  • Expedition: Gesamtlänge 236 km aufgeteilt auf 6 Etappen mit Distanzen zwischen 23 und 52 Kilometern sowie zwischen 613 und 2466 ­Höhenmetern.
  • Adventure: Gesamtlänge 155 km aufgeteilt auf 6 Etappen (zw. 12,5 und 35 km sowie zwischen 613 und 1203 ­Höhenmetern).
  • Startgebühr: 2850 US-Dollar
  • Darin enthalten: Transfer zum Start und vom Ziel retour nach San Jose, Vollverpflegung während des Rennens, Gepäcktransport, medizinische Betreuung.

Alle Infos zum Event: www.thecoastalchallenge.info

Susanne Höller
Susanne Höller

lebt in Deutschfeistritz (St) und hat zweimal an der Coastal Challenge teilgenommen und ist mittlerweile auch in der Organisation tätig.

Interessierte können sie unter thecoastalchallenge_ce@gmx.at kontaktieren.