Zum Laufen braucht man nicht viel, aber ein ganz entscheidendes Ausrüstungsteil: einen guten, für die eigenen Bedürfnisse passenden Laufschuh. Was tut sich bei den Schuhen, wie verändern sie sich, was bekommen Kunden? Wir haben uns in der Branche umgehört.

Christof Domenig
Christof Domenig

Wer als Freizeitsportler die Laufschuhe schon länger als ein paar Jahre schnürt, hat schon einige Trends kommen, und manche davon auch wieder gehen sehen. Die gerade aktuellen Trends, die bleiben. Das zeigt sich allein daran, dass sich die modernen Laufschuhe heute optisch deutlich von solchen, die es vor einem runden Jahrzehnt noch gegeben hat, unterscheiden. Wurden die ersten Schuhmodelle mit besonders hohen Sohlenlinien und dicken Zwischensohlen vom Gehirn noch in die Schublade „schaut seltsam aus“ eingeordnet, so ist es heute umgekehrt. Man wundert sich über den Look des alten Schuhs, wenn man ihn aus dem „Archiv“ im Keller hervorkramt. 

Es sind vor allem zwei – durchaus gegensätzliche – Trends, die von uns für unser „RUN-Special“ befragten Expertinnen und Experten hervorheben und die das aktuelle Laufschuh-Material prägen: „Zum einen der Boom, der mit den Coronajahren begonnen hat und nach wie vor anhält“, sagt Marieke Stasch, Produkt Manager Performance Running bei On, „dass viele Neueinsteiger das Laufen für sich entdecken und Wiedereinsteiger zum Laufen zurückfinden. Sie brauchen einen Schuh der zu ihrem persönlichen Laufstil passt.“ Hier kommen gut gedämpfte, komfortable Laufschuhe zum Einsatz, die dennoch auch dynamisch sind und Erlebnisse versprechen. „Zum anderen“, so Stasch weiter, „ist es das Wettkampfthema, wo nach Jahren der Einschränkungen die ersten Wettkämpfe und großen Marathons wieder zu alter Stärke zurückfinden. Auch hier ist die individuelle Schuhwahl sehr wichtig.“ 
 

Ähnlich sieht die Sache Sascha Stöfelmayer von Salomon: „Wir befinden uns in einer Hybridära mit zwei konträren Trends. Einerseits gut gedämpfte Komfortschuhe mit „High-Stack“-Sohlen und weichen Zwischensohlen – für einen breiten Nutzerkreis. Auf der einen Seite sind es schnelle Schuhe mit Platten und Rockergeometrie, um Vortrieb zu generieren.“ Die Platten aus Carbon und Fiberglas finden dabei zunehmend auch ihren Weg in moderne Trail-Schuhe, bei Salomon oder etwa bei Scotts Langstreckenschuh Ultra Carbon RC.

Unsere neue Kategorisierung
Dieser Experten-Einschätzung folgend haben wir dieses Jahr auch die Kategorien angepasst, in denen wir euch die jeweiligen „Top 6“-Laufschuhe vorstellen. Einerseits sind es sechs gedämpfte Modelle für Einsteiger, die breite Masse und den täglichen (lustvollen) Lauf ohne Zeitdruck – andererseits sechs Modelle für ambitionierte Athleten. Wer sich für Erstere besonders interessiert, erfährt hier mehr dazu, für Zweitere werdet ihr hier fündig. Nicht fehlen darf, wenn von den aktuellen Laufschuhen die Rede ist, natürlich ein Thema, das ebenfalls voll im Trend liegt, nämlich Trailrunning – hier gibt es ebenso fundierte allgemeine Experteninfo und Einschätzungen zu den aktuellen Trends der „Geländegängigen“. 

Natürlich ist der Markt breiter, alle namhaften Hersteller haben zudem ihre eigenen Kategorisierungen – quer durch alle Kategorien gilt daher der Hinweis, sich fachkundige Beratung im Sporthandel zu holen. Laufschuhe unterscheiden sich nämlich in den Schnitten und Leisten genauso wie in den Eigenschaften und nehmen auf Fußformen wie auf Laufstile Rücksicht. Für jeden Fuß und für jeden Lauftyp gibt es passende Modelle – die Kunst ist es „bloß“, sie zu finden. Kompetente Fachberater im  Sporthandel können neben ihrem Erfahrungsschatz auch auf wertvolle Hilfsmittel wie elektronische Fußanalysen zurückgreifen und dabei helfen, den richtigen zu finden.
 

Der Weg zum „grünen“ Laufschuh
Und dann gibt es noch einen Trend, der auch die Laufschuhe erfasst hat: das Bestreben, den ökologischen Fußabdruck zu verkleinern. Dieses Ansinnen ist bei Laufschuhen technisch gar nicht so einfach zu bewerkstelligen: Die benötigten Eigenschaften eines Laufschuhs lassen sich nämlich mit Kunststoffen, die aus fossilen Rohstoffen gewonnen werden, am besten erfüllen. Ein sinnvolles Recycling der Schuhe am Ende ihres Produktlebens war lange Zeit kaum möglich, sie landeten (und landen weiterhin) deshalb oft im Restmüll. Doch mittlerweile gibt es erstaunliche Ansätze, die noch nicht alle nach außen sichtbar sind, aber die Hoffnung auf ein allgemein „grünes“ Produkt Laufschuh nähren. Noch sind es oft einzelne ökologische „Flaggschiffe“ im Angebot der Hersteller, doch auch im allgemeinen Laufschuhbau passiert viel in Richtung Umweltverträglichkeit. 

„Es wird mit Hochdruck daran gearbeitet, Laufschuhe herzustellen, deren Einfluss auf die Umwelt geringer ist“, sagt dazu Salomon-Experte Stöfelmayer, „lokale Produktion bedeutet weniger Belastung beim Transport; es geht um mehr Langlebigkeit; die Verwendung von recycelten Materialien hilft, Ressourcen zu sparen. Oder es geht um wiederverwendbare Materialien, um eine Kreislaufwirtschaft zu schaffen“, zählt er unterschiedliche Ansätze auf. „Nahezu jedes unserer Salomon-Produkte erfüllt eine der genannten Anforderungen.“

Auch bei adidas und Scott laufen etliche Bestrebungen in Richtung ökologischer Laufschuhe. Mit dem „adidas x Allbird Futurecraft“ gibt es mittlerweile einen Laufschuh, der laut Hersteller bloß 2,94 kg CO2 im gesamten Produktlebenszyklus – Herstellung, Verpackung, Transport – erzeugt. Scott-Running-Experte Florian Ettel appelliert aber auch an die Konsumenten: „Es wird laufend an Möglichkeiten gearbeitet, um den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren, und es ist Ziel, bei allen Produkten den Fußabdruck weitestmöglich zu verringern. Inwiefern sich im Speziellen die besonders ökologischen Schuhe am Markt durchsetzen werden, ist zum derzeitigen Stand der Technologie auch noch eine Frage des Konsumverhaltens. Die Entscheidung für einen besonders nachhaltigen Schuh muss der Konsument letztendlich bei seiner Kauf­entscheidung treffen.“
Und On? Der Schweizer verfolgt in Sachen „grüner Laufschuhe“ zwei große Projekte: Einerseits wäre da das „Cyclon“-Programm um den „Cloudneo“-Schuh, der nur als Abomodell zu haben ist, am Ende seines Produktlebens zurückgeschickt und wieder zum neuen Laufschuh wird. Diesen Schuh kann man bereits haben – eben mieten, nicht kaufen. Dazu arbeiten die Schweizer am Projekt „CleanCloud“, bei dem Schuhe aus Kohlenstoff-Emissionen hergestellt werden – klimaschädliche Emissionen sollen so in einem sinnvollen Produkt gebunden werden. Das Projekt ist zwar noch im Entwicklungsstadium, aber hier hat es zuletzt bedeutende Fortschritte gegeben, ist von On zu hören – auch andere, großen Branchen hätten schon Interesse an der Technologie bekundet.