Anita Studeregger, Kandidatin in unserer „Traumziel 2017"-Serie, hat bei der Leistungsdiagnostik alle überrascht – auch sich selbst. Ihr Training für den Big-Five-Halbmarathon in Südafrika (24. Juni) hat zum ersten Mal Struktur.
Bescheidenheit ist die Zier von Anita Studeregger, unserer Leserin, die nach zwei überstandenen Krebserkrankungen den Big Five Halbmarathon in Südafrika bestreiten will. „Ich laufe ja bisher immer nur so, wie es mir Spaß macht, ohne gezieltes Training", erzählt uns die 39-jährige Eisenerzerin, als es zur Leistungsdiagnostik bei der Sportunion in Graz geht. Sportwissenschafter Stefan Rinnerhofer und Sportmediziner Werner Gröschl setzen die Krankenschwester auf den Fahrradergometer, verkabeln sie und setzen ihr eine Maske zur Messung der Atemgase auf. Ergo-Spirometrie nennt sich das.
Die Untersuchung dient zur Feststellung, ob Anita die körperlichen Voraussetzungen für einen schwierigen Halbmarathon mitbringt, und wie es um ihre Basis im Bereich der Grundlagenausdauer sowie im anaeroben Bereich bestellt ist. Nach knapp einer Stunde ist klar: Anita ist sehr gut in Form. Den ersten Eindruck bestätigen dann die Testergebnisse, die Stefan Rinnerhofer erklärt: „Wir hätten nicht erwartet, dass sie nach ihrer Vorgeschichte so gut beisammen ist. Sowohl in der Grundlagenausdauer als auch im anaeroben Bereich hat sie keine Schwächen."
KEIN TRAININGS-KORSETT
Das überrascht auch die zierliche Eisenerzerin selbst. „Weil ich nach meinen beiden Erkrankungen ja jedesmal wieder von null beginnen musste." Sport hat sie aber von Kindesbeinen an betrieben. Vor allem die Skitouren dürften ein starkes Fundament gelegt haben. „Die geh ich auch immer noch regelmäßig." Dass sie das in Form gebracht hat, bestätigt auch Rinnerhofer. „Dadurch kommt sie unbewusst mit dem Puls in die anaerobe Zone und ist auch in diesem Bereich gut aufgestellt."
Gelaufen ist Anita bisher immer langsam und ohne Pulssteuerung. „Manchmal eindreiviertel Stunden wie eine Schnecke, manchmal auch nur 40 Minuten. Je nachdem, wie das Wetter war und wie es mich gefreut hat", erzählt sie. Studeregger arbeitet zwar im Flachland von Graz, wohnt aber weiterhin in Eisenerz. „Und da geht es entweder bergauf oder bergab." So passiert es schon, dass sie auf ihrer „Hausrunde" 60, 70 Minuten bergauf läuft. Wettbewerbe? „Einen Halbmarathon 2010, einen Businesslauf und im Herbst den Wildsau Dirt Run in der Raabklamm über fünf Kilometer. Da bin ich 11. von 94 geworden."
Intuitiv scheint sie viel richtig gemacht zu haben. „Anita hat sicher ein gutes Gefühl dafür, was sie weiterbringt, was nicht und wann sie besser regeneriert statt zu trainieren", sagt Rinnerhofer. Daher will sie das Spowimed-Team auch gar nicht in ein zu enges Trainingskorsett zwängen. „Es geht vorrangig darum, dem Training eine Struktur zu geben. Also, dass sie einmal pro Woche eine lange Einheit läuft, einmal intensiv am Tempo arbeitet, einmal locker läuft und dazwischen regeneriert", sagt Rinnerhofer.
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ERFAHRUNG SAMMELN
Auch die Pulsuhr braucht sie nicht ständig zu verwenden. „Sie kennt jetzt ihre Schwellenwerte und soll ins Gefühl bekommen, wie schnell sie bei einer Grundlageneinheit laufen kann", sagt Rinnerhofer. Eine mögliche Zielzeit will man ihr nicht vorgeben. „Dafür ist der Bewerb auch zu komplex. Die Höhenlage, die Höhenmeter, all das sind bei ihrer kaum vorhandenen Wettkampferfahrung Parameter, die sich schwer einberechnen lassen."
Die Struktur und die Tipps für ihr Training – das ist die Aufgabe von Spowimed-Trainer Herwig Reupichler. „Die Grundlagenausdauer steht an den Wochenenden im Mittelpunkt – auf dem Fahrrad, beim Wandern oder Schwimmen", erklärt er. Unter der Woche folgen Laufeinheiten und – ganz wichtig – Krafttraining. „Viele Läufer unterschätzen, wie wichtig das ist, gerade bei Frauen, die Männern gegenüber muskulär benachteiligt sind", sagt Reupichler. Und daran hält sich die Eisenerzerin auch eisern. „Ich trainiere jetzt fünf Mal die Woche", erzählt sie. Die lange Einheit hat sie inzwischen schon einmal auf dreieinhalb Stunden ausgedehnt. Auf einen geplanten Wettkampf-„Probelauf" beim Halbmarathon Ende März in Graz hat sie dagegen verzichtet.
Was sie ebenfalls mit auf den Weg bekam, war, die Nahrungsaufnahme beim Laufen zu üben. „Nach ein bis eineinhalb Stunden laufen musst du dem Körper Kohlenhydrate zufügen", erklärt Reupichler. „Das wird über Ankommen oder nicht Ankommen entscheiden", ist er sich sicher. Ankommen ist das erklärte Ziel von Anita Studeregger. „Erlebnis geht vor Ergebnis", sagt sie mit dem Brustton der Überzeugung. Auch, wenn ihr der Ehrgeiz innewohnt. „Natürlich hab ich durch das gute Ergebnis der Leistungsdiagnostik Blut geleckt. Mit dem professionellen Training kann ich sicher schneller laufen, als ich es ohne tun würde." Eines ist Trainer Herwig Reupichler aber auch vor der nächsten Standortbestimmung klar: „Sie ist sicher ein Talent."
Die Diagnostiker | DAS SPOWIMED-TEAM mit Kandidatin Anita Studeregger: Leiter Dr. Werner Gröschl (links) und Mag. Dr. Stefan Rinnerhofer (Leistungsdiagnostik). KONTAKT: 8010 Graz, Gaußgasse 3 Tel.: 0316/32 44 30 71 E-Mail: office@spowimed.at Web: www.spowimed.at |
Ein Zwischenbericht vor Anita Studereggers Antreten in Südafrika folgt in der SPORTaktiv Juni/Juli-Ausgabe.
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